Mittelstand braucht Planungssoftware

27.10.2005
Unternehmen müssen einen komplexen Auswahlprozess durchlaufen, um das richtige Produkt zu finden.

Kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) haben in den letzten Jahren zu spüren bekommen, wie wichtig transparente Kostenstrukturen sind. Treiber sind die Internationalisierung der Märkte, der heftige Wettbewerb und die Suche nach Standortvorteilen. Hinzu kommen gesetzliche Rahmenbedingungen, die nicht nur die interne Steuerung, sondern auch beispielsweise ein Plan-Ist-Reporting, Business-Pläne und eine Segmentberichterstattung wichtig werden lassen. Prominentes Beispiel sind die Basel-II-Richtlinien, die zwar formaljuristisch nur Finanzdienstleister betreffen, aber Folgen für die Unternehmenskunden haben: Nur bei entsprechendem Bonitätsnachweis erhalten sie Kredit. Je überzeugender dieser Nachweis gelingt, desto besser fällt die Rating-Einstufung aus - und desto günstiger sind die Kreditkonditionen.

Hier lesen Sie …

• wie Mittelständler planen sollten;

• was Planungssoftware können muss;

• wie Projekte anzugehen sind.

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*82264: Konsolidierungs-Tools auf dem Prüfstand;

*79270: Management-Cockpits - Steuerungsdaten für Überflieger;

*76169: Basel II - Risiko- Management für das Rating;

*76070: Werkzeuge für den strategischen Durchblick.

Zwar tritt Basel II erst zum 1. Januar 2007 in Kraft doch seien die Auswirkungen schon heute zu spüren: "Viele Banken setzen bereits das Verfahren ein und fordern Business-Pläne sowie aktuelle Informationen über den Jahresabschluss hinaus", erzählte Heimo Saubach, Geschäftsführer der SBC Unternehmensberatung aus München. Auf einer Podiumsdiskussion der computerwoche auf dem Mittelstandsforum der Münchner Messe Systems bezeichnete der Manager auch das Konzerntransparenzgesetz (Kontrag) als eine weitere Norm, die KMUs nicht außer Acht lassen dürften. Diese gilt nämlich nicht nur für Aktiengesellschaften, sondern für alle Kapitalgesellschaften: "Mit Kontrag gibt es eine Geschäftsführerhaftung, wenn es zur Insolvenz kommt und das Unternehmen dies vorher hätte erkennen müssen." Um aber überhaupt Gefahren erkennen zu können, seien Planung und Reporting wichtig.

Excel dominiert

In der Praxis planen hingegen die meisten Unternehmen auf Basis von Excel-Lösungen, weiß Oliver Dahnken, Analyst beim Würzburger Barc-Institut. Mit diesen Anwendungen sei es aber letztlich nicht möglich, den Banken fundierte und nachvollziehbare Planungswerte bieten zu können: "Selbst gestrickte Lösungen sind zu aufwändig." Vielmehr sollten hierzu spezielle Planungswerkzeuge zum Einsatz kommen. Dabei gebe es durchaus Unterschiede in den funktionalen Anforderungen der Anwender: Der Mittelstand suche vor allem nach Lösungen, die schon vordefinierte Funktionen etwa für die Finanzplanung mitbringen. "Sie wollen ihren Umsatz eingeben und dann die Auswirkungen beispielsweise in der Gewinn- und Verlustrechnung, Bilanz und schließlich Liquiditätsplanung schnell sehen können", erläutert Dahnken auf der Veranstaltung. In größeren Unternehmen steigen hingegen die Anforderungen an das Produkt, um beispielsweise auch eine Vertriebsplanung aufsetzen zu können.

Der Planungsprozess sei hingegen in KMUs und Konzernen grundsätzlich vergleichbar und damit kein Auswahlkriterium für ein Produkt, ergänzt Alexander Jochum, Leiter der Beratung bei Data Mart Consulting in Neu-Isenburg. Entscheidend sei vielmehr, welche Ziele das Unternehmen mit der Software verfolge: "Möchte es nur ein Plan-Berichtswesen implementieren oder einen umfangreichen operativen Planungsprozess?" Produkte mit Standardfunktionen lassen sich schnell einführen. Sie können aber mit der Zeit an ihre Grenzen stoßen und den Kunden zwingen, Funktionen nachzuentwickeln oder gar mit anderer Software neu anzufangen. Produkte, die als umfassende Planungsplattform vermarktet werden, bieten hingegen mehr Möglichkeiten für ein Customizing, erhöhen aber auch den Projektaufwand.

Was Produkte leisten sollten

Als Minimalausstattung sollte jede Planungslösung heute eine mehrschichtige Architektur bieten, fordert Berater Jochum. Diese verfüge über eine kontrollierte (statt verteilter) Datenhaltung, eine Prozess- und Workflow-Kontrolle etwa für Approvals und zur Versionierung sowie ein Berichts-Frontend. Idealerweise sind zudem Schnittstellen und eine technische Basis vorhanden, die eine Integration mit dem Ist-Berichtswesen erleichtern. Viele Produkte am Markt entsprächen diesen Anforderungen, könnten jedoch bei den Auswertungsinstrumenten nicht den "guten alten" Excel-Standard erreichen. "Daran werden Planungswerkzeuge aber oft gemessen", sagte Jochum. Für SBC-Mann Saubach ist allerdings bei der Planung das Rennen um das beste Frontend schon gelaufen: "Excel ist als Auswertungs-Tool gesetzt." Andere Frontends könnten nur noch in Nischen Fuß fassen. Daher gehe der Trend dahin, Excel in BI-Anwendungen zu integrieren. Die Planungslogik bilde innerhalb der mehrschichtigen Produktarchitektur ein eigenes, von der Berichtskomponente separat gehaltenes Rechenwerk.

Plattformen oder separate Tools?

Unternehmen stehen vor der Entscheidung, ob sie Tools für Planung und Reporting separat evaluieren oder auf entsprechende BI-Plattformen von Anbietern wie Cognos, Hyperion Solutions, SAP oder Business Objects setzen, die neben den diversen Formen des Berichtswesens auch Module für eine integrierte Planung und Konsolidierung enthalten. Barc-Analyst Dahnken rät Anwendern dazu, solche umfassenden Produkte zu wählen, wenn sie Planung und Reporting abdecken wollen, da der Integrationsaufwand gegenüber separaten Produkten geringer sei. Auch hätten Planungs-Tools meist nur ein sehr standardisiertes Berichtswesen zu bieten, das für Ad-hoc-Abfragen weniger geeignet ist. Hierzu müssten die Anbieter oft OEM-Abkommen abschließen, wodurch die Lösung komplexer werde. Kunden sollten daher darauf achten, dass möglichst viele Funktionen bereits vorhanden sind - einschließlich solchen für Konsolidierung. Andererseits ist auch die Integration der umfassenden BI-Produkte durchaus zu hinterfragen: "Greifen deren Tools auf dieselben Daten zu, oder müssen diese hin- und hergeschoben werden?"

Voraussetzung für eine erfolgreiche Einführung einer jeden Planungslösung bleiben aber klare Spezifikationen, mahnt Berater Jochum. Diese Anforderungen sollten nicht nur für eine Fachabteilung gelten, sondern auch andere Unternehmensbereiche einbeziehen. Ziel sei eine effiziente Gesamtarchitektur. Die neue Software müsse sich möglichst gut mit vorhandenen Produkten kombinieren lassen, dürfe den Betrieb nicht stören (beispielsweise bei der Datenbewirtschaftung) und keinen zu hohen Aufwand etwa bei den Schnittstellen verursachen. SBC-Geschäftsführer Saubach riet zudem, dass man im Mittelstand immer mit überschaubaren Projekten anfangen sollte.

Vor allem dort, wo noch keine ausgeprägten Planungsprozesse existieren, sollte das Unternehmen zunächst einmal die wichtigsten aktuellen Anforderungen abdecken und nicht bereits jeden Bericht, den man auch noch gern hätte, gleich mit erstellen. "Ein erstes Einstiegsprojekt sollte nicht länger als fünf Tage dauern, um zu sehen, ob es in die richtige Richtung geht", sagte Saubach. Dem stimmte Barc-Analyst Dahnken zu.

Nicht zu kurz greifen

Die Suche nach dem passenden Produkt darf nicht zu ambitioniert, die Anforderungen und Kenngrößen sollten aber klar sein. Trotzdem sollte der Blick in die Zukunft nicht fehlen, insistierte Berater Jochum. Die Spezifikation muss breiter gefasst sein, wenn auch die Umsetzung schrittweise erfolgen kann. "Zu oft werden falsche Investitionen getätigt". Es gebe Firmen, die zunächst lediglich eine externe Rechnungslegung nach HGB wollten. Später sollte dann aber auch eine Segmentberichtserstattung, ein Finanz-Reporting nach IFRS und ein konsolidierter Planungsprozess möglich sein. Deshalb sei die erste Entscheidung wichtig für die gesamte Lösung.

Kommt es schließlich nach eingehender Anforderungsanalyse zur Produktauswahl, haben KMUs derzeit zumindest in einem Punkt ein leichteres Spiel als noch vor wenigen Jahren: Die Einstiegskosten der Software für Mittelständler liegen heute bei nur noch 1500 bis 2000 Euro pro Benutzer, und die Lizenzmodelle sind sehr flexibel geworden. "Hersteller wollen verkaufen und sind verhandlungsbereit", sagte Berater Jochum. Auch Software, die eigentlich mehr in großen Unternehmen angesiedelt ist, sei heute für KMUs erschwinglich. "Manche Auswahlprozesse gleichen einem Basar" berichtet Analyst Dahnken. "Gelegentlich werden Lizenzpreise gezahlt, die nichts mit dem ursprünglichen Preis mehr zu tun haben."