oft sind es "nur" softwarefehler

Mittelständler sucht den "kreativen Maschinenbauer"

01.07.1999
Informatik-Know-how wird bei der Thies GmbH in Coesfeld ganz groß geschrieben. Die Nummer eins in Europa fertigt Spezialmaschinen für die Textilindustrie an.

von Veronika Renkes*

JEDE MASCHINE, die das Werk verläßt, ist ein Unikat, muß also kundenspezifisch angefertigt werden. Im Textilmaschinenbau gehört das Coesfelder Unternehmen zu den Exoten. In der Branche gibt es weltweit 55 Unternehmen, die Veredelungsmaschinen bauen. Die Coesfelder verstehen sich eher als Anlagenbauer. "Um dem internationalen Wettbewerb standzuhalten, können wir nur mit besonderen Maschinen Kunden erobern.

Kunden helfen mit neuen Ideen

Dazu brauchen wir kreative Maschinenbauingenieure", erläutert Bernd Feuler, DV-Leiter und Leiter der Automatisierung und Steuerungstechnik bei Thies.

Der 46jährige hat Informationsverarbeitung studiert. Später hat sich Feuler dann auf Automatisierungstechnik spezialisiert. Bei Thies, in der Branche weltweit die Nummer zwei, in Europa sogar Marktführer, ist Feuler seit 1986 als Leiter der Steuerungstechnik tätig. Damals fing man bei seinem Arbeitgeber damit an, die ersten Maschinen, die für Kunden angefertigt wurden, miteinander zu vernetzen und in Fertigungsleitstände zu integrieren.

"Als Abteilung für Automatisierungstechnik sitzen wir oft zwischen allen Stühlen", klagt der IT-Manager. Wenn eine Maschine nicht richtig läuft, müsse meistens nur ein Softwarefehler behoben, nicht aber gleich ein komplizierter mechanischer Umbau stattfinden. Das Unternehmen steuert die gesamte Produktionsplanung vom Vertrieb bis zur Fertigung über PPS. In der Anfangsphase hatten Mitarbeiter Zeichnungen zur Modifizierung einer Maschine über die CAD-Systeme bearbeitet, ausgedruckt und verschickt. Heute werden via Internet die Daten elektronisch auf den Weg gebracht. Zur Zeit führt Thies eine Dokumentenverwaltung ein, bei der mit der Stückliste auch die Zeichnung für die Fertigung automatisch generiert wird. Als "verlängerte Werkbanken" werden dann die externen Fertigungsstellen im Ausland via Internet mit den elektronischen Zeichnungen und Stücklisten versorgt.

Die spezielle Betreuung und Realisierung der Netzwerke erfolgt durch externe Fachfirmen. Im Unternehmen wird "erste Hilfe" geleistet von drei mathematisch-technischen Assistentinnen, die für die Betreuung der DV-Anlage zuständig sind. Dazu kommen drei weitere Mitarbeiter, darunter zwei Maschinenbauer und eine Betriebswirtin, die den Fachabteilungen zugeordnet sind.

Die mathematisch-technischen Assistentinnen programmieren zudem Tools, zum Beispiel für Zoll-Listen und für Lagerverwaltung und Logistik.

Daneben betreibt das Familienunternehmen auch Forschung und Entwicklung. Eine Mitarbeitergruppe im Bereich Konstruktion kümmert sich um Neuentwicklungen. "Meist steht die Idee eines potentiellen Kunden dahinter, der zum Beispiel einen neuen Stoff entwickelt hat und für den Verkaufserfolg spezielle Effekte braucht. Denn mit einfachen T-Shirt-Stoffen kann man heute nicht mehr Marktführer werden." Dafür entwickelt das nordrhein-westfälische Unternehmen Spezialmaschinen - und das mit Erfolg, denn immerhin stehen auf der Kundenliste renommierte Firmen wie Lacoste, Burlington, Schiesser oder Calida.

Der Anlagenbauer hat stetigen Bedarf an Maschinenbauingenieuren mit fundiertem Informatik-Know-how. "Die Maschinenbauer, die heute nicht mit DV umgehen können, haben so gut wie keine Chance", sagt Feuler. "Der Computer ist heute das Hauptarbeitsmittel. Der Trend geht eindeutig dahin, daß immer wiederkehrende Berechnungen, wie zum Beispiel eine Druckbehälterberechnung, mit Hilfe von Softwareprogrammen erstellt und somit die Arbeitsweisen vereinfacht werden können."

Ebenfalls gefragt sind Erfahrungen mit CAD-Systemen. Ingenieure und Techniker, die beim international agierenden Unternehmen etwas werden wollen, sollten auch die Bereitschaft mitbringen, kreuz und quer durch die Welt zu reisen. Die Konstrukteure müssen vor Ort dem Vertrieb zur Seite stehen, zum Beispiel, wenn bei Kunden spezielle PPS-Systeme in das Maschinen-Management integriert werden müssen.

Kontakt: Thies GmbH & Co.,

Borkener Str. 155, 48653 Coesfeld, Telefon: 025 41/733-0, http://

www.thiestextilmaschinen.de

*Veronika Renkes ist freie Journalistin

in Bonn.