Mitglieder erhalten ihre Auswertungen gebuendelt Lagerautomation erspart Datev Porto- und Verpackungskosten

10.11.1995

MUENCHEN (qua) - Sieben Millionen Mark pro Jahr will der DV- Dienstleister Datev mit seinem "automatisierten Versandlager" (AVL) einsparen. Die seit dem vergangenen Mai im Einsatz befindliche Applikation sorgt dafuer, dass jeder der 35000 Kunden nur noch einmal am Tag Post von der Datev bekommt.

Wenn frueher der Brieftraeger bei einem deutschen Steuerberater klingelte, hielt er bisweilen ein Dutzend Briefe vom selben Absender in der Hand: von der Datev e.G., Nuernberg. Seit einem halben Jahr ist das anders. Mit Hilfe ihres neuen automatischen Lagersystems uebergibt die DV-Genossenschaft jeden Abend um 18 Uhr nur noch ein Paeckchen pro Kunde an die Post. Darin enthalten sind saemtliche Sendungen, die sich im Laufe der vergangenen 24 Stunden angesammelt haben.

Eigenen Angaben zufolge verschickt die Datev jetzt statt 50000 bis 60000 nur noch 30000 bis 35000 Lieferungen pro Tag. Das bedeutet 3,5 Millionen weniger Briefsendungen jaehrlich. Wie Produktionsdirektor Peter Tennert erlaeutert, spart der Dienstleister auf diese Weise 200 Tonnen Verpackungsmaterial per annum. Auch die Portokosten lassen sich so verringern. Deshalb hofft die Datev, dass sich die Investitionskosten von 25 Millionen Mark innerhalb von dreieinhalb Jahren amortisiert haben werden.

Die Einsparungen resultieren daraus, dass das automatische Lagersystem alle Kommissionen nach Adressaten sortiert und vor dem Versenden zusammenpackt. Die naeherliegende Loesung, die Sendungen bereits im Rechner aneinanderzukoppeln, scheitert laut Datev an dem ueberproportionalen Programmieraufwand sowie an der simplen Tatsache, dass es sich nicht in jedem Fall um Datenauswertungen handle, sondern bisweilen auch um Blankoformulare oder Disketten.

Seit 20 Jahren bieten die Nuernberger auch die Moeglichkeit an, in Auftrag gegebene Informationen per Datenfernuebertragung abzurufen. Wegen der Vielzahl der steuerrelevanten Formulare bevorzugen die meisten Kunden jedoch auch beim Druckvorgang das Outsourcing.

Als Vorstufe zum AVL-Projekt hatte die Datev vor einigen Jahren schon mit einer halbautomatischen Loesung experimentiert. Immerhin beziffert sie die dadurch erzielten Einsparungen auf 18,8 Millionen Mark allein fuer das vergangene Jahr. Produktionsdirektor Tennert raeumt allerdings ein, dass bei der manuellen Zwischenspeicherung nicht alle zusammengehoerenden Sendungen erfassbar seien.

Die neue Loesung besteht in einem Logistiksystem, das ein Hochregallager mit mehr als 27000 Stellplaetzen verwaltet und taeglich 100000 bis 150000 Lagerbewegungen vollzieht. Damit die Transportwege innerhalb des Systems vom Rechner gesteuert und kontrolliert werden koennen, muss sich jede Kommission anhand eines Barcodes auf dem Adressblatt identifizieren.

Ein ausgefeilter Sortiermechanismus fuehrt die Sendung ueber einen Paternoster dem jeweiligen Lagermodul zu, eine selbstentwickelte "Gabelbox" schichtet die unterschiedlich grossen Pakete vom Transportkarton in den Lager-Container, und ein Querverschiebewagen befoerdert den Behaelter auf seinen Stellplatz im Regal. Dort bleibt er, bis die naechste Kommission fuer denselben Empfaenger eintrifft oder die gesammelten Sendungen ausgelagert werden. Das Zusammenspiel von Foerdertechnik und Rechnersteuerung ermoeglicht nach Datev-Angaben mehr als 10000 Ein- und Auslagerungsvorgaenge pro Tag.

Entwicklung und Installation des Systems nahmen nur ein Jahr in Anspruch. Dabei versicherte sich die Datev allerdings fremder Hilfe. Als Generalunternehmer fungierte die Witron Logistik und Informatik GmbH, Parkstein, die wiederum mit dem im oesterreichischen Wels ansaessigen Foerdertechnik-Spezialisten TGW Transportgeraete GmbH sowie der Nuernberger Montagefirma A. Klinghammer kooperierte.