Wozu Unternehmen DevOps brauchen

Miteinander statt aneinander vorbei

28.09.2015
Von 
Ariane Rüdiger ist freie Autorin und lebt in München.

Agile Programmierung herausgelöst

Auch die Deutsche Bank ist im Bereich Digital Solutions für Privatkunden aktiv damit beschäftigt, DevOps-Konzepte umzusetzen. Für die Digitalisierungsstrategie ist IT-seitig Jana Brendel verantwortlich.

In diesem Bereich sieht die Deutsche Bank vielversprechende neue Geschäftsmöglichkeiten, sagt Brendel. Banken würden künftig auch datengetriebene Non-Banking-Services anbieten, vor allem für Sicherheit oder Bequemlichkeit: "Wir glauben, dass man in Zukunft die Rechnung des Strom-Providers in seine Banking-Applikation ziehen und per Fingerprint bezahlen kann, oder man koppelt eine Nachrichtenbox für die Sicherung von Rechnungen über die erforderlichen fünf bis zehn Jahre direkt ans Konto." Solche Lösungen ließen sich mit konventioneller Programmiertechnik kaum sinnvoll entwickeln.

Der Bereich "Agile Programmierung" wurde vor drei Monaten aus der Anwendungsentwicklung der Deutschen Bank herausgelöst. Daneben existiert der klassische Sektor, zu dem etwa das Kernbanksystem gehört. Hier wird mit zwei bis vier Releases pro Jahr und nach dem Wasserfall-Prinzip gearbeitet.

Der DevOps-orientierte Bereich arbeitet derzeit an sieben agilen Pilotprojekten. So werden zum Beispiel Anwendungen für die Apple Watch gebaut. Die Ergebnisse der Pilotphase sind vielversprechend. "Wir sind mit DevOps in der Lage, radikal schneller Software zu veröffentlichen", sagt Brendel. Die gemeinsame Entwicklung bis zur Betriebsbereitschaft habe nur vier Monate gedauert: "Das reicht sonst gerade einmal für die Anforderungsdefinition."

Nicht nur die Geschwindigkeit, auch die Qualität begeistert Brendel: "Normalerweise weiß der Auftraggeber bei Beauftragung noch nicht genau, was er will. Agile Programmierung und DevOps fokussieren die Anstrengungen und Ergebnisse von Anfang an auf den Bedarf des Kunden." Das helfe, attraktive Anwendungen zu entwickeln. Zum Beispiel eine Finanzplanungs-Applikation, die sich innerhalb kurzer Zeit 800.000 Deutsche-Bank-Kunden von der Website heruntergeladen hätten: "Das Digitalprodukt war von Anfang an darauf zugeschnitten, dass es den Anwendern Spaß machen soll, ihre Finanzen zu verwalten. Und das ist uns anscheinend gelungen." Daher werde das Unternehmen immer mehr von der Programmierlandschaft auf diese Methodik umstellen. Für den Transformationsprozess veranschlagt Brendel zwei Jahre.

"DevOps schafft völlige Transparenz", beschreibt Brendel die Auswirkung des Ansatzes. Nichts stelle sich mehr zwischen Angebot und Nachfrage. Auch die Führungskräfte müssten in einer DevOps-Welt umlernen: "Sie räumen vor allem Hindernisse weg, die den Projektverantwortlichen im Weg stehen." Der Schlüssel zum Erfolg sei allerdings das Coaching der Mitarbeiter. Sie müssten sich an mehr Kooperation und ergebnisorientiertes Denken gewöhnen.

Selbstbedienung für den Kunden

Auch einem Managed-Cloud-Provider kann der DevOps-Ansatz helfen, seinen Kunden agilere Dienstleistungen anzubieten. Dazu Michael Riexinger, Leiter Systems bei Claranet: "Wir verwenden DevOps kundenspezifisch in Projekten, um eine hohe Release-Frequenz zu ermöglichen. Die Mechanismen basieren auf generischen Toolsets, die Vorgehensweise ist dabei aber kundenindividuell."

Bevor Claranet Mitte 2014 den neuen Ansatz etablierte und Tools wie Ansible, Puppet, Saltstack oder Chef einsetzte, war das Deployment ein größtenteils manueller Prozess. Wenn ein Kunde neue Software testen wollte, erforderte dies viele umständliche und zeitaufwendige Schritte seitens des Providers. Da es sich teilweise um kostenpflichtige Changes handelte, konnte das teuer für den Kunden werden. Gesucht wurde also eine Lösung, die mehr Selbstbedienungsmöglichkeiten und höhere Agilität eröffnen würde.

Heute laden die Kunden ihren neuen Code mittels Tool-gestützter DevOps-Mechanismen auf ihren Rechner bei Claranet. Dann wird bei Bedarf ein Trigger in einer API ausgelöst; der sorgt dafür, dass die Software in der Cloud kompiliert sowie anschließend auf das Test- und das Produktionssystem überspielt wird. Und zwar ohne dass der Provider eingreifen muss. Über denselben Mechanismus ist auch ein Rollback möglich. Inzwischen wird das Framework dahin erweitert, dass auch das Testen selbst automatisch abläuft. Das steigert letztlich die Qualität der Software.

Durch die neue Methodik hat sich auch der Personaleinsatz bei Claranet verschoben. Die Mitarbeiter werden mehr für die Weiterentwicklung der DevOps-Umgebung und der Services statt für Routineaufgaben eingesetzt.

Claranet verlässt sich im DevOps-Kontext auf Open-Source-Tools. Riexinger will so ein Vendor-Lockin vermeiden. Er schätzt auch die Entwickler-Community und den unkomplizierten Zugang zu Open-Source-Lösungen. Die Arbeit mit den Werkzeugen sei relativ einfach, und auch die Klientel ziehe mit: "Unsere Kunden reagieren auf unsere DevOps-Angebote sehr positiv." (qua)