Fehler rächen sich

Mitarbeiterbefragung: Wie man garantiert die Motivation killt

02.05.2008
Von 
Winfried Gertz ist Journalist in München. Er arbeitet in einem Netzwerk von zahlreichen Anbietern kreativer Dienstleistungen. Das Spektrum reicht von redaktioneller Hörfunk- und Fernsehproduktion über professionelle Fotografie bis zu Werbetexten für Industrieunternehmen und Non-Profit-Organisationen.

Wie innovativ und produktiv sind die Beschäftigten?

Entsprechend ambitionierter sind die Umfragen geworden. Wollte man in den 90er Jahren herausfinden, wie zufrieden Mitarbeiter sind, möchte das Management heute erfahren, wie sehr sie die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens beeinflussen und welchen Anteil sie an der Produktivität oder der Innovation haben. Professor Trost nennt ein Beispiel: "Entwickeln Firmen sich zu Serviceorganisationen, müssen Mitarbeiter ihr Verhalten anpassen. Wollen sie das auch? Verstehen sie die Notwendigkeit? Das versuchen Befragungen herauszufinden."

Brigitte Hirl-Höfer, Microsoft: Was die Chefs von ihren Mitarbeitern wollten, kam nicht so gut an.
Brigitte Hirl-Höfer, Microsoft: Was die Chefs von ihren Mitarbeitern wollten, kam nicht so gut an.
Foto: Hirl-Höfer

Diesen Ansatz berücksichtigt auch die Mitarbeiterbefragung der in Hannover ansässigen Continental AG (kurz "Conti"). Der Vorstand will die Unternehmenskultur, die laut Personal-Manager Matthias Metzger den "Leistungsaspekt" herausstellt, kontinuierlich verbessern, obwohl der Automobilzulieferer seit Jahren durch Firmenübernahmen und rigiden Personalabbau von sich reden macht. Initiiert wurde die Mitarbeiterbefragung von Thomas Sattelberger, bis Mai 2007 Personalvorstand von Conti und heute in gleicher Funktion bei der Deutschen Telekom AG in Bonn tätig. Neben der Mitarbeiterbefragung führte er bei Conti auch das 360-Grad-Feedback von Führungskräften ein. Sattelbergers legendäres Motto lautete: "Feedback is Breakfast for Champions."

Jeder Mitarbeiter muss die Fragen verstehen

Ehe die Conti-Chefs ihr verdientes Mahl zu sich nehmen können, sind jedoch umfangreiche Aufgaben zu bewältigen. 150 000 Mitarbeiter an 200 Standorten sind zu befragen - ein teures wie aufwändiges Unterfangen, wie Personaler Metzger skizziert: "Wir müssen dafür sorgen, dass jeder Mitarbeiter die Fragen versteht. Weil viele Beschäftigte in den Werken noch keinen PC-Zugang haben, weichen wir dort auf Papierfragebögen aus. Stets kämpfen wir mit Widrigkeiten, etwa wenn in Malaysia Fragebögen nicht bei den Mitarbeitern ankommen, weil sie durch den Monsunregen unleserlich geworden sind."

Dieser Aufwand ist ohne externe Dienstleister kaum zu schaffen. Konzerne wie Conti greifen deshalb auf spezialisierte Dienstleister wie die in Köln beheimatete Globalpark GmbH zurück, mit deren Applikationen sie Umfragen vorbereiten und auf deren Hochleistungs-Servern sie die erhobenen Daten speichern. Von dort erhalten sie die Daten nach Abschluss der Maßnahme in verdichteten Informationspaketen zurück. Diese "Software-as-a-Service"-Variante sorgt für Entlastung: Während der Mitarbeiter das Web-Frontend mit einem Standard-Browser aufruft, befindet sich auf dem Server sowohl die Anwendung als auch eine Datenbank, die alle Organisationsdaten, Fragen und Antworten speichert.

Laut Peter Abele, Management-Berater bei der Detecon in München, der weltweit zahlreiche Projekte betreut, müssen Mitarbeiterbefragungen mehrere Bedingungen erfüllen. Dort, wo Mitarbeiter nicht hinreichend vernetzt seien, beantworteten sie die Online-Fragen an eigens eingerichteten "Inseln". Bisweilen durften sie auch Internet-Cafes aufsuchen. In der digitalen Diaspora müsse dagegen Papier ausgegeben werden. Mitarbeiterbefragungen müssen Organisationsstrukturen abbilden und mehrsprachig sein. Würden sich Unternehmen bei der Umfrage auf die Konzernsprache Englisch beschränken, warnt Abele, "verringert sich damit sowohl die sprachliche Komplexität als auch die Akzeptanz von Mitarbeitern in Regionen, in denen Englisch nicht oder kaum gesprochen wird".