IT in der Medienbranche/Web-Content-Management bei Kirch Media

Mitarbeiter unternehmensweit online: mehr Transparenz und Effizienz

13.10.2000
Nicht nur beim digitalen Fernsehen, auch beim Thema Web Content ist die Kirch-Gruppe frühzeitig auf den Zug der Zeit aufgesprungen. Heute ermöglicht ein unternehmensweites Intranet den kontinuierlichen Dialog mit und unter den Mitarbeitern. Der Erfolg: Bündelung von Wissen und effektivere Arbeitsabläufe. Saskia Essbauer* hat die Praxis untersucht.

Kirch Media ist sich sicher: Die Transparenz des internen Informationsflusses trägt wesentlich zur Mitarbeiterzufriedenheit bei. Dies war einer der Gründe, weshalb sich die Unterföhringer Traumfabrik Anfang 1999 für ein unternehmensübergreifendes Intranet entschied, das als Sprachrohr zwischen und zu den Mitarbeitern fungieren sollte. "Intranet als Dienstleistung am Mitarbeiter", so hieß der offizielle Slogan, unter dem das Projekt intern vermarktet wurde. Ein zweiter Grund: Der neue Informationspool sollte Wissen bündeln und die Effizienz der Arbeitsabläufe erhöhen. Das Intranet sah man also als Garant dafür, "dass abteilungsspezifisches Inselwissen nicht länger Insidern vorbehalten bleibt, sondern quer über das gesamte Unternehmen zugänglich ist", wie Christian Rosenhauer, Teamleiter Backoffice in der Abteilung "Zentrale Informatik" bei Kirch Media, bilanziert.

"Für die drei Bereiche Human Resources, Telekommunikation und Informatik hatten wir bereits Jahre zuvor ein Intranet", erinnert Rosenhauer. Doch war es wenig komfortabel. Wollte ein autorisierter Mitarbeiter neue Inhalte einstellen, so musste er manuell per Notepad oder mit einem HTML-Editor die entsprechenden Web-Seiten erzeugen und diese anschließend selbst auf den Intranet-Server stellen. Von Design-Vorgaben im Sinne der Kirch-eigenen Corporate Identity war man weit entfernt. Für den Relaunch stand nicht zuletzt deshalb das Thema Web-Content- Management auf dem Plan. Mit einem professionellen System wollte das Medienhaus die notwendige allgemeine Akzeptanz des Intranets sichern. Heute greifen rund 1500 Mitarbeiter, unter anderem auch von Beteiligungsunternehmen wie die Neue Deutsche Filmgesellschaft, die Glücksrad GmbH oder der Discovery Channel Deutschland, über die unterschiedlichen Standorte hinweg rund um die Uhr auf die Informationen im Intranet zu. Mit bis zu 300000 Seitenabrufen pro Monat liegen die Zugriffszahlen weit über den anfänglichen Erwartungen.

Voraussetzung für diesen Erfolg war freilich eine multifunktionale und vor allem intuitiv bedienbare Lösung. Eine solche zu finden sei zum damaligen Zeitpunkt allerdings nicht leicht gewesen. "Auf verschiedensten Veranstaltungen haben wir die am Markt angebotenen Systeme verglichen und uns die Lösungen bei anderen Unternehmen angeschaut", erklärt Rosenhauer das Vorgehen.

Das Resultat sei in den meisten Fällen Ernüchterung gewesen. So habe das Gros der Unternehmen Anfang 1999 noch mit Eigenentwicklungen auf Basis von MS Frontpage oder ähnlichen Werkzeugen beziehungsweise mit wenig ausgereifter Content-Management-Software gearbeitet. "Damals waren kaum Tools in akzeptabler Qualität und zu akzeptablem Preis verfügbar", resümiert der Internet-Spezialist. Das Haus ist nämlich schon relativ frühzeitig auf diesen Zug aufgesprungen. Wie die Meta Group in ihrer Studie "Intranet und Extranet im 21. Jahrhundert" herausgefunden hat, setzten in Deutschland 1999 gerade einmal acht Prozent der Unternehmen auf die junge Technologie.

Aktuelle Content-Management-Systeme bieten wesentliche Vorteile, wie zum Beispiel die Möglichkeit, ohne Programmierkenntnisse Intranet-Seiten anzulegen und zu verwalten. Bei Kirch delegierte man die Verantwortung für Inhalt und Aktualität der Informationen an die jeweils zuständigen Fachabteilungen und entlastete so die "Zentrale Informatik". "Wir wollten nur noch als Koordinator fungieren und die übergeordnete Verantwortung tragen", beschreibt Rosenhauer die Intention für diese Vorgehensweise.

Um nicht wie viele andere Unternehmen Geld in ein teures, aber unbrauchbares Tool zu investieren, definierte man im Februar 1999 einen umfassenden Anforderungskatalog. Dieser galt als Maßstab für die Auswahl eines geeigneten Systems. Wichtige Kriterien waren:

- geringer Administrationsaufwand,

- schnelle Implementierung sowie

- umfassende Erweiterungsmöglichkeiten.

K.-o.-Kriterium war jedoch eine Web-basierende Benutzeroberfläche. Potenziellen Nachahmern empfiehlt Rosenhauer daher eine solche Browser-basierende Lösung. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Mitarbeiter haben es mit einem vertrauten Programm zu tun, zudem müssen die Systemadministratoren auf den einzelnen Client-Rechnern keine zusätzliche Software installieren und pflegen. Überdies ist der Zugriff von jedem Rechner mit Internet-Anschluss aus möglich. Dezentrales Arbeiten wurde also auch bei Kirch alltäglich. Aber nicht nur deshalb fiel die Entscheidung auf die Lösung "Contens" des gleichnamigen Münchner Unternehmens.

"Heute können wir frei definierbaren Zielgruppen den Zugang zu bestimmten Inhalten geben oder aber verweigern", nennt Rosenhauer ein weiteres Kriterium. Mit anderen Worten: Es gibt auf der unternehmensinternen Informationsplattform durchaus Bereiche, die allen Mitarbeitern offen stehen. Daneben lässt sich ohne zusätzlichen Aufwand ein Bereich exklusiv für eine bestimmte Benutzergruppe - etwa die Personalabteilung - öffnen. Den Zugang regelt jeweils eine Passwortabfrage.

"Ein Sicherheitskonzept ermöglicht außerdem eine flexible Rechteverwaltung innerhalb des Content-Management-Systems. Wir können unseren Intranet-Redakteuren so je nach Zuständigkeitsbereich die unterschiedlichsten Editier- und Veröffentlichungsrechte vergeben", erklärt der Teamleiter Backoffice. Um zu verhindern, dass die Intranet-Nutzer auf veraltete Inhalte stoßen, lässt sich darüber hinaus für jede einzelne Seite ein Veröffentlichungszeitraum festlegen. So werden beispielsweise nach Ablauf der gesetzten Frist Nachrichten automatisch aus einem News-Bereich herausgenommen und in ein Archiv verschoben.

Das Einbinden neuer Seiten oder Seiteninhalte wird den Redakteuren dank Layout-Vorlagen (Templates) erheblich erleichtert. "Wir mussten die Einhaltung strenger Vorgaben berücksichtigen", sagt Rosenhauer. "Da erschien eine Trennung von Inhalt und Design sinnvoll." Intern arbeiten die Intranet-Redakteure mit einem Abbild der Online-Version (WYSIWYG-Darstellung). Das bedeutet, dass alle Details einer Seite, insbesondere die Formatierung, schon bei der Bearbeitung wirklichkeitsgetreu am Monitor angezeigt werden.

Content-Elemente verwaltet das Team rund um Rosenbauer zentral in einer 50 Megabyte großen Oracle-8i-Datenbank auf einem Unix-Rechner, die via ODBC-Schnittstelle angebunden ist. Die Datenbankabfragen werden über einen ColdFusion-Server realisiert. Diese Software residiert auf einem Hewlett-Packard-Server mit Windows NT 4.0 und Internet Information Server.

So gestaltet sich die Verwaltung umfangreicher Datenmengen wesentlich einfacher. Bei Kirch Media ist es heute möglich, bestehende Inhalte und Elemente, wie etwa Bilder oder andere Dateitypen, mit wenigen Mausklicks direkt aus der Content-Bibliothek an beliebigen Stellen des Intranets einzubinden. Mit den entsprechenden Rechten kann jeder Intranet-Redakteur über seinen Browser neue Inhalte in die Bibliotheken laden, bestehende Inhalte verändern oder löschen. Zum schnellen Auffinden der Inhaltselemente über die integrierte Suche werden diese kategorisiert sowie mit kurzen Beschreibungen und gegebenenfalls einem Preview-Bild versehen. Die Kategorien sind dabei völlig frei definierbar.

Auch interne Verwaltungsprozesse wickelt man zunehmend via Intranet ab. Beispielsweise werden Urlaubsanträge nicht mehr in der Papierform bearbeitet, sondern online über das Intranet. "Während früher die Formulare per Hauspost verschickt wurden, funktioniert das jetzt elektronisch", so Rosenhauer. Eingabemasken und festgelegte Workflows tragen dazu bei, dass potenzielle Eingabefehler schon im Vorfeld vermieden und Genehmigungsprozesse beschleunigt werden.

Komfortabel für die Benutzer sind auch etliche Serviceleistungen, wie zum Beispiel Online-Formulare zur Anforderung von DV-Support oder zur Bestellung von Drucksachen und Telefonen. Daneben sind wichtige innerbetriebliche Regelungen via Intranet abrufbar, aber auch aktuelle Informationen wie Pressemitteilungen oder der Kantinen-Speiseplan. Eine Intranet-Suchmaschine und eine dynamisch angelegte Sitemap erleichtern das Finden.

Diverse Nachschlagewerke können über einfache Masken durchsucht werden. Zu den Besonderheiten zählt dabei ein Englisch-Wörterbuch. "Dieses haben wir aus einem ASCII-Textfile generiert, das wir zuvor in eine MS Access-Datenbank portiert haben", erläutert Rosenhauer die dahinter steckende Technologie. Die Anbindung an das Content-Management-System erfolgt auch hier über das ODBC-Interface.

Als besonderes "Zuckerl" für die Mitarbeiter planen die Spezialisten jetzt auch, den Duden (Fremdwörterbuch und Rechtschreibung) ans Intranet anzubinden. Eine entsprechende Lösung hat man schon bei xipolis.net gefunden, einem Joint Venture von Holtzbrinck und Brockhaus.

*Saskia Essbauer ist DV-Fachjournalistin in München.

Die GruppeDie Kirch-Gruppe zählt zu den Marktführern im internationalen Film- und Fernsehgeschäft. Sie hat sich frühzeitig und konsequent in die Entwicklung der audiovisuellen Industrie eingeklinkt. Um die Kirch-Unternehmen im Wettbewerb auf dem Film- und Fernsehmarkt zu stärken, wurde die Gruppe im Januar 1999 umstrukturiert. Die rund 50 Firmen und Beteiligungen sind nunmehr in drei Dachgesellschaften organisiert: Kirch Media GmbH & Co. KGaA, Kirch PayTV GmbH & Co. KGaA und Kirch Beteiligungs GmbH & Co. KG. Die Kirch Media GmbH & Co. KGaA erzielte 1999 einen Umsatz von knapp vier Milliarden Mark.