Konsolidierung bei den ISPs?

Mit Surf1 ist der erste Anbieter von Flatrates pleite

08.09.2000
BITBURG (CW) - Surfen ohne Limit, mit diesem Versprechen köderten etliche kleine Internet-Service-Provider (ISPs) ihre Kunden. Kaum nutzen die Kunden jedoch diese Angebote, gehen die Provider entweder Pleite oder sperren, durch den Andrang überrascht, ihre Zugänge.

Früher als erwartet steht die ISP-Branche wohl vor der Konsolidierung. So hat mit Surf1 jetzt einer der ersten ISPs das Handtuch geworfen und beim Amtsgericht Bitburg einen Insolvenzantrag gestellt.

Das Genick brach dem Internet-Provider aus Bitburg, der eigenen Angaben zufolge im ersten Quartal 2000 einen Umsatz von mehr als elf Millionen Mark erwirtschaftete, eine Flatrate zum Surfen im Internet. Laut Surf1-Geschäftsführer Nylis Renschler haben sich 80 Prozent der Benutzer länger im Netz aufgehalten, als das Unternehmen kalkuliert hatte. Dies, so der Manager weiter, sei bei den derzeitigen Rahmenbedingungen in Deutschland auf Dauer nicht finanzierbar. Deshalb sieht Renschler bereits die gesamte deutsche Flatrate-Branche in der Krise.

Eine Vermutung, mit der er Recht haben könnte. Zwar hat noch kein anderes Unternehmen einen Insolvenzantrag gestellt, doch hinter den Kulissen kracht es. Während etwa der Internet-Anbieter Versatel Internet Group GmbH, Dortmund, mit "Sonne" in Funk und Fernsehen "Surfen ohne Limit" verspricht, sieht die Praxis ganz anders aus. Das Unternehmen trennte sich von seinen Power-Usern, da diese - so der Vorwurf - 80 Prozent der Zuführungskapazität belegten. Ferner nimmt Versatel zurzeit keine Online-Registrierungen zum Flat-Tarif mehr an. Auch bei ihnen heißt es, man habe nicht damit gerechnet, dass die Surfer mehr als drei bis vier Stunden pro Tag online wären.

Pauschalanbieter haben blauäugig kalkuliertHier liegt der Verdacht nahe, dass einige Provider bezüglich der bislang in Sachen Flatrate ausgehungerten deutschen Internet-Gemeinde sehr blauäugig kalkuliert haben: Anfang 1999 hatte bereits Mobilcom vorgeführt, mit welchem Ansturm die Provider bei einem echten Flatrate-Angebot rechnen müssen. Mobilcom war damals ebenfalls von der Nachfrage überrascht worden und hatte den Dienst nach kurzer Zeit eingestellt.

Allerdings sind die Fehlberechnungen in Sachen Flatrate kein typisch deutsches Problem. So ging etwa in Großbritannien der ISP Ezesurf Pleite, und Altavista UK scheiterte mit dem Versuch, für 270 000 registrierte Kunden einen kostenlosen Internet-Zugang einzurichten, an den Kosten. Zudem kursieren Zahlen von Providern wie World Online oder Freedom24, wonach die Power-User bei einem Pauschaltarif von rund neun Dollar Kosten in Höhe von mehr als 1000 Dollar verursachen.

Insgesamt wird sich die Situation der Flatrate-Anbieter weiter verschlechtern. Nachdem die Internet-Töchter der großen Carrier aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht sind, drücken sie mit günstigen Angeboten noch stärker auf die Margen der Pauschalanbieter. So dürfte etwa der "Sonne"-Pauschaltarif von 79 Mark kaum mehr attraktiv sein, wenn der Power-User bei T-Online für rund 64 Mark mit T-DSL die zwölffache ISDN-Geschwindigkeit erhält.

Allerdings bezweifeln Branchenkenner grundsätzlich, ob die Geschäftsidee einer Flatrate mit Dialup-Zugang noch zeitgemäß ist. Die Dauersurfer und ihre Provider blockieren in den Ortsvermittlungsstellen die Ports für die Telefonkunden. Deshalb baut die Telekom ihr T-DSL-Angebot mit Nachdruck aus, um die Vermittlungsstellen zu entlasten.