Top 100 - IT-Security-Markt 2012

Mit Sicherheit ans schnelle Geld

25.09.2012
Von 


Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.
Wer alles über sein Netz weiß, darf sich sicher fühlen? Von wegen: Selbst die totale Überwachung schützt nur begrenzt. Im IT-Security-Umfeld lässt sich dank immerwährender Unsicherheit deshalb gut Geld verdienen.
RSA-Chef Art Coviello propagiert die vorausschauende Netzüberwachung.
RSA-Chef Art Coviello propagiert die vorausschauende Netzüberwachung.
Foto: Uli Ries

"Wir brauchen die Fähigkeit, riesige Datenbestände blitzschnell zu sichten und vorausschauende, präventive Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um die allenfalls schwachen Signale zu erkennen, die von hochentwickelten, verborgenen Attacken ausgehen." So hatte es RSA-Chef Art Coviello auf der hauseigenen Sicherheitskonferenz Anfang des Jahres auf den Punkt gebracht. Coviello forderte die gesamte Branche auf, mit den "defensiven Spielchen" aufzuhören und in die Offensive zu gehen. Heißt: mehr Überwachung des Datenverkehrs innerhalb der Unternehmensnetze, bessere Ausbildung der Security-Spezialisten und mehr technisches Know-how, was die vorausschauende Analyse von potenziellen Gefahren angeht. Die Uhr der "Antivirus-plus-Firewall"-Mentalität ist abgelaufen - da hilft auch keine noch so gute verhaltensbasierende Schädlingserkennung mehr.

Die Zahl der komplexen Attacken, die eine ernste Gefahr weit über die IT-Branche hinaus darstellen und auf die Coviello sich bezieht, ist zwar noch überschaubar, wächst seit knapp zwei Jahren aber unübersehbar. Im Sommer 2010 schreckte nicht nur die Fachwelt auf, als ein Industrietrojaner namens Stuxnet öffentlich bekannt wurde, mit dem Energiesteuerungsanlagen der deutschen Firma Siemens in iranischen Atomkraftwerken sabotiert werden konnten. Erst seit Kurzem wissen wir, dass amerikanische und israelische Geheimdienstedahintersteckten. Es folgten der für ähnliche Zwecke entwickelte Duqu-Wurm sowie eine Cyber-Attacke auf RSA, bei der sensible Informationen über die beliebten SecurID-Tokens abhandenkamen. Mit diesen schafften es Angreifer im Mai 2011, beim Rüstungskonzern Lockheed Martin einzubrechen. Der jüngste Spross der Familie komplexer Cyberspione heißt Flame und infiltrierte vor einigen Wochen die Privatrechner von Unternehmensgrößen im Nahen Osten. Auch hier könnten Regierungsbehörden verantwortlich sein.

Handfeste Wirtschaftsinteressen

Kevin Mitnick meint, dass jeder zum Angreifer werden kann, wenn er ausreichend finanzielle Mittel besitzt.
Kevin Mitnick meint, dass jeder zum Angreifer werden kann, wenn er ausreichend finanzielle Mittel besitzt.
Foto: riva Verlag

Die ausgewählten Vorfälle zeigen deutlich, wohin die Reise im IT-Sicherheits-Umfeld geht. Die Zeit der Skript-Kiddies ist längst vorbei, handfeste wirtschaftliche und politische Interessen stecken hinter immer mehr Angriffen. Attacken auf Konzerne aus den Bereichen Energie, Logistik und Verkehr oder auf Regierungseinrichtungen werden zunehmen. "Die Bedrohung geht immer von demjenigen aus, der über ausreichend finanzielle und personelle Kapazitäten verfügt, einen Cyber-Angriff zu starten", stellte der wohl bekannteste Ex-Hacker aller Zeiten, Kevin Mitnick, jüngst im COMPUTERWOCHE-Interview fest. "Die Angst vor dem Cyber-Krieg ist längst da", konstatierte auch Sicherheitsguru Bruce Schneier.

Infolgedessen strömen Sicherheitsanbieter aller Couleur - kleine Neugründungen, Auslagerungen großer IT-Unternehmen und fachfremder Konzerne - auf den Markt, um die Unternehmen von ihren Beobachtungs- und Überwachungslösungen zu überzeugen. Sie wollen ihre Kunden in die Lage versetzen, den Datenverkehr im eigenen Netz penibel im Auge zu behalten und allen Abweichungen sofort nachzugehen. Diese Überwachungswelle rollt von den USA aus langsam auch auf Deutschland zu: Produktankündigungen und neue Firmendependancen zeigen, dass die Nachfrage vor allem bei Großunternehmen auch hierzulande besteht.

Kleinere und mittelständische Betriebe quälen sich unterdessen mit einem noch viel lebensnäheren Thema herum: Privatgeräten am Arbeitsplatz. Wer sie nicht verbieten möchte - was laut Rechtsanwalt Wilfried Reiners wegen der juristischen Risiken für Unternehmen eigentlich "ohne Alternative" ist -, der muss wasserdichte Policies aufsetzen und auf Verwaltungs- und Geräte-Management-Software zurückgreifen, die er von den großen Security-Playern im Überfluss angeboten bekommt. Darüber hinaus sind auch mobile Sicherheitslösungen auf dem Vormarsch.

Service-Gedanke auf dem Vormarsch

Fazit: Der Markt für Sicherheit ist nach wie vor einer der dynamischsten innerhalb der IT-Branche, auch wenn sich an der Verteilung der Marktanteile im Großen und Ganzen wenig geändert hat. Blicken Unternehmen in die nahe Zukunft, dürfte besonders der Bereich Managed-Security-Services respektive "Sicherheit aus der Cloud" spannend werden. Der wirtschaftliche Erfolg der Anbieter könnte in den nächsten ein bis zwei Jahren davon abhängen, ob es gelingt, hier preiswerte und hochskalierbare Angebote zu unterbreiten. Derweil sind einige große Anwenderunternehmen dabei, eigene Sicherheitsteams aufzubauen, die die weltweite Bedrohungslage im Auge haben und potenzielle Gefahren erkennen, bevor sie akut werden. Beste Chancen also auch für den IT-Security-Nachwuchs.

Quelle Teaserbild Homepage: fotolia.com/asrawolf