Statement der AT&T zur Podiumsdiskussion vom 28. September 1988:

Mit OSF einen einzigen Standard schmieden

07.10.1988

HANNOVER (CW) - Quintessenz des kommentarlos verlesenen und hier im Wortlaut abgedruckten offiziellen Statements von AT&T ist erstens: Grundlage einer Übereinstimmung mit OSF muß die praktische Kompatibilität der AT&T-Schnittstellendefinition SVID (System V Interface Definition) mit der künftigen OSF-Kompatibilität zu Posix, ANSI-C und X/Open sein. Zweitens sieht AT&T die Einrichtung eines unabhängigen Beratergremiums vor.

"AT&T sucht Gemeinsamkeiten und nicht Krieg mit der OSF. In den letzten Monaten konzentrierte sich das Augenmerk der Medien auf die sogenannte Schlacht zwischen AT&T und der Open Software Foundation (OSF) um das Betriebssystem Unix. Trotz allem, was Sie gelesen haben mögen, sucht AT&T keinen Krieg mit OSF.

AT&T fühlt sich verpflichtet zur Erhaltung eines einzigen Unix-Standards - und wir verhandeln mit der OSF und versuchen, eine gemeinsame Grundlage für die Entwicklung zu erarbeiten.

Allerdings können wir nicht zulassen, daß die Zeit, die für diese Diskussion erforderlich ist, dazu führt, daß die Weiterentwicklung von Unix verzögert wird.

AT&T muß Hunderte von Unix-Lizenzinhabern bedienen, und wir haben uns verpflichtet, sie mit dem bestmöglichen Produkt und den vorteilhaftesten Bedingungen zu versorgen, so daß Unix sein Potential voll entfalten kann.

Bitte beachten Sie, daß in den vergangenen zwei Jahren die Lieferungen von auf Unix basierenden Systemen um 70 Prozent gestiegen sind. Im ersten Quartal 1988 allein wurden 85 000 Systeme ausgeliefert und bis Ende diesen Jahres wird das millionste System ausgeliefert werden. Falls die erwarteten Wachstumsraten erreicht werden, wird Unix in drei Jahren einen Anteil von 25 Prozent an den installierten Systemen erreicht haben.

Noch vor fünf oder sechs Jahren mag es so ausgesehen haben, als befinde sich ein solches Niveau außerhalb jeder Reichweite. Heute haben wir es erreicht.

Der Schwung muß erhalten bleiben

Die Herausforderung, der wir uns jetzt gegenübersehen, ist die, die Entwicklung oder die Schwungkraft der Entwicklung offener Systeme aufrecht zu erhalten. Die von AT&T und unseren Partnern in den letzten Monaten erzielten Erfolge haben sehr viel dazu beigetragen, Unix so erfolgreich zu machen.

Die Software-Portabilität hat mit der Verschmelzung von Xenix und dem Unix System V einen beträchtlichen Schritt nach vorne gemacht. Das Ergebnis, Unix System V Release 3.2, ist jetzt lieferbar. In Verbindung mit unserem Vertrag mit Sun Microsystems bedeutet das, daß alle wichtigen Unix-Systemderivate wie Xenix, bsd von der University of California, Sunos von Sun zu einem einzigen Standard vereinigt werden, der im Unix System V, Release 4.0 enthalten sein wird. Das Release soll 1989 lieferbar sein.

Mit Release 4.0 werden Systementwickler in diesem Herbst in einer Reihe von technischen Konferenzen, die in der ganzen Welt stattfinden, wie zum Beispiel gerade in Luxemburg, nächsten Monat in London, bekannt gemacht werden. Außerdem erhielt die kommerzielle Akzeptanz von Unix eine weitere Schubkraft durch die Einführung der grafischen Benutzeroberfläche/Nutzerschnittstelle Open Look.

Es handelt sich um ein leicht zu handhabendes Interface, das Unix eine ganz neue Schicht von Benutzern erschließt. Wie wir der Industrie versprochen haben, haben wir in den vergangenen Monaten die technischen Daten zur Einsicht freigegeben.

Nun ist aber die Erfüllung von Produktverpflichtungen in diesem Geschäft nicht alles. Ich gebe zu, daß wir in bezug auf die Gespräche mit unseren Lizenznehmern einige Lektionen zu lernen hatten. Wir haben unsere Schläge eingesteckt, aber das Ergebnis ist ein offenerer Entwicklungs- und Lizensierungsprozeß.

Auf jeden Fall sehen wir die Einrichtung eines unabhängigen Beratergremiums vor, das in Fragen der Entwicklung und Lizenzierung beratende Funktion ausüben soll.

Größere Rolle für den Markt

Die Nutzung dieses objektiven Beitrages der Industrie wird AT&T in die Lage versetzen, marktorientiert zu reagieren. Dadurch wird ein Fenster aufgestoßen, das Einblick gibt in die Entwicklung des AT&T Unix Systems V, was für uns eine Verpflichtung gegenüber der Industrie ist.

Ohne ein allgemein akzeptiertes Niveau der Schnittstellendefinition gibt es in Unix keine wirkliche Austauschbarkeit von Anwendungen.

Die SVID (System V Interface Definition) soll Softwareentwicklern und Endbenutzern die Sicherheit geben, daß ihre Anwendungssoftware mit einer Auswahl angebotener, Hardware kompatibel ist, so wie ein Videorecorder-Besitzer sicher sein kann, daß er auf jedem Recorder mit VHS-Format jedes VHS-Band abspielen kann.

Praktisch alle Lizenznehmer von Unix sind sich über die Bedeutung der SVID einig. Viele fühlten sich jedoch unbehaglich wegen der Frage, ob ihr Lizenzkontingent mit der neuesten Version der System V Interface Definition übereinstimmt.

Wir untersuchen eine Reihe von Möglichkeiten, um uns mit diesen Bedenken auseinanderzusetzen. Ganz allgemein wird das Problem so in Angriff genommen, daß wir in der SVID-Kompatibilität größere Flexibilität bieten und dem Markt bei der Entscheidung über die erforderliche SVID-Bandbreite eine größere Rolle zuweisen werden.

Es ist außerdem wichtig, die Perspektive der SVID im Verhältnis zur OSF zu sehen. Die OSF hat Kompatibilität angekündigt mit Posix, ANSI-C und X/Open. Wenn man diese Standards zusammenfügt, hat man praktisch Kompatibilität mit AT&T's SVID.

Auf dieser Grundlage der Übereinstimmung hoffen wir, mit der OSF zusammenzuarbeiten, um einen einzigen Unix-Systemstandard zu schmieden. Unsere Lizenznehmer und die Industrie können jedoch ebenfalls versichert sein, daß AT&T der Weiterentwicklung des Unix System V verpflichtet bleiben wird.

Thank you for listening AT&T."

(Im Wortlaut protokolliert nach dem von Ingo Wieneke, dem deutschen Manager für Marketing und Support der Unix-Mutter AT&T, verlesenen Text)