Mit Microsoft-Geld Ocean Isle gekauft Stac Electronics erschliesst sich mit Reach Out einen neuen Markt

13.01.1995

MUENCHEN (CW) - Stac Electronics hat Ende letzten Jahres das Unternehmen Ocean Isle Software aufgekauft. Dessen Produkt "Reach Out" ist ein Fernsteuerungsprogramm, mit dem Anwender per Modem oder im Netz auf entfernte Rechner zugreifen koennen. Die neue Version 4.0 wird ab sofort von Stac Electronics in deutscher Sprache ausgeliefert.

Anfang letzten Jahres sorgte Stac Electronics fuer Aufregung in der DV-Szene. Das Unternehmen warf Marktfuehrer Microsoft Patentrechtsverletzungen beim Datenkompressions-Tool "Doublespace" vor. Der Rechtsstreit endete mit einem Vergleich, der Stac Electronics rund 40 Millionen Dollar und Microsoft Aktienanteile des Kontrahenten einbrachte. 20 Millionen Dollar des steuerfreien Geldes investierte Stac Electronics in den Aufkauf der kleinen Programmschmiede Ocean Isle, Vero Beach in Florida, die mit ihrem Produkt fuer die remote Anbindung von PCs am Markt vertreten ist.

Reach Out wurde noch vor der Uebernahme durch den Datenkompressions-Spezialisten ueberarbeitet, die Vermarktung der aktuellen Version 4.0 uebernimmt ab sofort Stac Electronics. Der neue Eigner bezeichnet das Produkt als Nummer drei auf dem Markt fuer remote Software-Installationen. Marktfuehrer ist Symantecs "PC Anywhere" gefolgt von "Carbon Copy" aus dem Hause Microcom.

Mit dem Erscheinen von Windows 95, so hofft Chris Mossing, Director of International Sales bei Stac Electronics, werden sich die Marktverhaeltnisse neu ordnen. Seit dem Vergleich mit Microsoft zaehlt Stac Electronics zu den 25 bevorzugten Applikationsentwicklern. Bereits 90 Tage nach dem Markteintritt des neuen Microsoft-Betriebssystems will Stac Electronics Reach Out fuer Windows 95 praesentieren. Dadurch erwartet Mossing einen Vorsprung gegenueber der Konkurrenz, der sich auch in Marktanteile niederschlagen soll.

Die aktuelle Version 4.0 ist als Modem- oder Netzwerk-Produkt verfuegbar. Beide Varianten arbeiten sowohl unter DOS als auch unter Windows. Anders als die Produkte von Symantec und Microcom, ist Reach Out als Terminate-Stay-Resident-Programm (TSR) ausgelegt. Somit eruebrigen sich zwar Aenderungen in den Windows- Initialisierungs-Dateien "WIN.INI" und "SYSTEMS.INI", allerdings belegt Reach Out permanent Arbeitsspeicher.

Mit der Software lassen sich entfernte Arbeitsplaetze kontrollieren und bedienen. Hilfreich ist diese "Remote-Controll"-Funktion bei Schulungsmassnahmen, wo der User von einem entfernten Lehrer durch das neu

zu erlernende Anwendungsprogramm gefuehrt wird. Beide sehen an ihrem Arbeitsplatz den gleichen Bildschirmaufbau und die gleiche Cursor-Bewegung.

Als weiteres Einsatzgebiet nennt der Hersteller Heimarbeiter, die auf remote Arbeitsplaetze zugreifen wollen. Bei dieser Form der Anwendung wird Reach Out ueberwiegend zum File-Transfer benoetigt. Dabei uebermittelt das System beim zweiten Uebertragungsvorgang nur die jeweiligen Aenderungen, so dass sich die Transferzeit insbesondere bei Bitmap-Grafiken verkuerzt. Erweitert wurde Reach Out zudem um das Feature "Remote Clipboard Support". Die Funktion ermoeglicht den Datenaustausch zwischen zwei entfernten Ablagen und somit die Integration von ferngesteuerten Anwendungen.

Als Modem-Version kostet Reach Out rund 400 Mark. Die Netzwerk- Variante fuer vier Anwender schlaegt mit knapp 600 Mark zu Buche. Sie ist kompatibel zu TCP/IP, IPX, Banyan Vines und Netbios- basierten Netzen.

Das Teilsystem, das auf entfernte Rechner zum Einsatz kommt (Viewer), laesst sich auch einzeln erwerben. So haben beispielsweise Schulungsanbieter mit nur einer Vollversion die Moeglichkeit, mehrere entfernte Rechner zu erreichen, auf denen nur der Viewer installiert ist.