"Leistungsmessung bringt noch keine Leistungssteigerung"

Mit Joachim Fischer und Günter Krüll von der Deutschen Bank AG, Frankfurt, sprach CW-Mitarbeiter Günter Schilling

07.07.1978

- In den EDV-Betiebsstätten der Deutschen Bank AG in Düsseldorf Hamburg und Frankfurt (Eschborn) werden seit Ende 1975 Software-Monitoren zur Leistungsmessung eingesetzt. Dabei handelt es sich um die Software-Monitoren SMS und LOOK der CPP Computer Programm Products. Was war der Grund für den Einsatz dieser Produkte?

Wir brauchten einen genauen Leistungsausweis, um abzuklären, inwieweit mit den bei uns installierten EDV-Anlagen die geplante, starke Ausrichtung unserer Anwendungen auf einen Online-Betrieb überhaupt möglich sein würde. Wir sahen es als eine unbedingte Notwendigkeit an, jede Art von Risiken aufgrund detaillierter Kenntnisse über das Leistungsverhalten unserer Anlagen, seinerzeit noch zwei IBM 370-158, auszuschließen.

- Wie sind Sie bei Auslese der Software-Monitoren vorgegangen?

Im Prinzip versuchen wir immer, Software zunächst beim Hersteller zu beschaffen. Suchen, wenn das keinen Erfolg hat, weiter bei freien Softwarehäusern und entwickeln, sofern keines der Angebote unseren Vorstellungen entspricht, auch eigene Software. In bezug auf die Auslese eines Software-Monitors gab es eigentlich recht wenig, das für unsere Begriffe überhaupt in Frage kam. Das zunächst geprüfte Angebot der IBM war sowohl in der Resultatauswertung wie auch in den Meßmethoden zu wenig ausgewogen, als daß wir dies für unsere Zwecke hätten verwenden können.

- Was hat Sie im besonderen abgehalten, das IBM-Produkt einzusetzen?

Speziell störte uns hieran das Fehlen einer Zusammenfassung der vielen Einzelauswertungen und die damit verbundene, relativ starke Belastung des Systems durch ebenso viele Computerdurchläufe. Diese Nachteile kennt SMS nicht. Besonders die im SMS zur Verfügung stehenden grafischen Aufzeichnungen zum Leistungsverhalten erlauben, selbst bei umfangreichen Messungen, jederzeit eine rasche Orientierung über ausgewählte Systemmerkmale und Konzentration auf Spitzenabweichungen.

- Was waren die Ergebnisse aus Ihrer Leistungsmessung?

Nach einer kurzen Testphase wurde mit Unterstützung der CPP der Software-Monitor etwa gleichzeitig bei allen Betriebsstätten in Betrieb genommen. Wir erkannten dann sehr bald, daß die Belastung der Anlage durch Stapelverarbeitung so groß war, daß eine vernünftige Systemerweiterung in Richtung eines benutzerorientierten Online-Betriebs aufgrund der vorhandenen Hardware gar nicht möglich war. Die Datendurchsatzraten, die Belastung der CPU und die Plattenkapazitäten wurden dafür als absolut unzureichend erkannt. Erstmalig konnten wir überhaupt auch sehen, wo überall an den peripheren Einheiten Engpässe auftraten.

- Würden Sie sagen, daß Sie auf Grund der Leistungsmessungen um eine Erweiterung ihrer Hardware herumgekommen sind?

Nein, das gerade nicht. Aber wir haben den Zeitpunkt eines Hardwareausbaus hinausschieben können, und was weitaus wichtiger ist, aufgrund der Leistungsmessungen eine sichere Abgrenzung der Hardware nach oben vornehmen können.

- Wie werten Sie die Vielzahl der Resultate aus Ihren Messungen im laufenden Betrieb aus? Und wie gehen Sie im Einzelfall vor?

Wir werten zunächst täglich das mitlaufende IMS-Logband aus, welches das gesamte Transaktionsvolumen beinhaltet. Dazu verwenden wir eine hauseigene Software, die auch die Basis für unser Job-Accounting darstellt. Über die hieraus gewonnenen Berichte stellen wir Extremwerte fest, die sich aus den durchschnittlichen Antwortzeiten an den Terminals und unter Beachtung von Spitzenlasten ergeben. Aufgrund dieser Ergebnisse, die wir auch in einem Vergleich zu monatlich kumulierten Zahlen zusammenstellen, werden dann gezielt Messungen mit dem Software-Monitor durchgeführt. Periodische Messungen ergänzen unsere Aussagen über das Systemverhalten.

- Wie häufig und über welchen Zeitraum erfolgt der Einsatz vom Software-Monitor?

In der Regel gehen wir davon aus, daß wir eine Meßperiode von einem ganzen Tag definieren. Wir haben die Möglichkeit, über Parameterkarten die -Meßpunkte anzugeben, wobei wir grundsätzlich alle uns gebotenen Möglichkeiten ausschöpfen. Erst im nachhinein, also wenn eine Meßperiode abgeschlossen ist, werten wir die auf Magnetband aufgezeichneten Meßdaten beispielsweise in Form von Grafiken aus, und zwar dann nach verschieden angelegten Vergleichswerten, denn da die Daten ja reproduzierbar sind, können wir diese immer wieder mit anderen Aufzeichnungen in Vergleich setzen und ausdrucken.

- Sie haben wiederholt erwähnt, daß Sie aus dem Einsatz des Software-Monitors Ausdrucke erhalten. Inwieweit besteht die Möglichkeit, den Software-Monitor im Dialog zu betreiben?

SMS selber bietet nicht die Möglichkeit für eine Leistungsmessung im Dialog-Betrieb. Wir haben deshalb zusätzlich von CPP das Produkt LOOK gekauft, das bei uns seit einem Jahr als Dialog-Monitor eine wertvolle Ergänzung im laufenden Online-Betrieb, also als eine Art Realtime-Monitor, zum SMS bildet. LOOK bietet uns die Möglichkeit, kurzfristig sogenannte "Schnappschüsse" über das Systemverhalten zu gewinnen. Darüber hinaus können die Resultate vom Realtime-Monitor auch wieder ausgedruckt werden, wobei es sich im Prinzip dabei dann um Detaillierungen zu den SMS-Ausdrucken handelt.

- Wozu verwenden Sie die Leistungsdaten aus dem Einsatz der Software-Monitoren sonst noch Als Stichwort hierzu sei einmal die Systemplanung genannt.

Wir arbeiten derzeit an einem Simulationsmodell, das uns die dringend erforderlichen Planungsunterlagen für den vorgesehenen Ausbau der Online-Anwendung liefern soll. Dieses Simulationsmodell orientiert sich ausschließlich an Daten aus Leistungsmessungen und wurde früher bereits für die Netzwerkplanung sowie für die hardwareseitige Systemplanung verwendet. Eine permanente Ergänzung und Kontrolle auf der Basis von Stichprobendaten wird es uns in Zukunft gestatten, das Simulationsmodell laufend den sich verändernden Verhältnissen anzupassen und somit stets auf einem aktuellen Stand zu halten.

- Haben Sie spezielle Nachteile bei der Verwendung des Software-Monitors erkannt? Oder gibt es keine Kritik?

Grundsätzlich ist es natürlich störend, daß die Verwendung von Software-Monitoren durch die damit verbundene Systembeanspruchung die Resultate in Abhängigkeit von den Meßintervallen ungefähr zwischen 3-15 Prozent verfälschen. Dies ist ein typischer: Mangel der Software-Monitoren, der bei Hardware-Monitoren nicht gleichermaßen gegeben wäre. Speziell zum SMS wurde es unseres Erachtens einen gewissen Komfort darstellen, ließen sich die Ausdrucke des Grafiken auch für eine Darstellung auf dem Bildschirm verwenden.

- Abschließend noch die Frage, was Sie von der oft vertretenen Meinung halten, Software-Monitoren nur mehr punktuell oder auch über einen längeren Zeitraum dazu einzusetzen, um allenfalls eine System-Optimierung zu realisieren?

Der kurzzeitige Einsatz von Software-Monitoren in einem Online-System gibt zu wenig Aufschluß über das Leistungsverhalten. Wichtig ist der permanente und regelmäßige Einsatz zur Überwachung des Systems, der allein zum Erkennen von Belastungsspitzen dient; es hat sich gezeigt, daß sich die Effizienz eines Systems mit der Häufigkeit seiner Überwachung eindeutig am stabilsten verhält. Der Nachweis, daß die Leistungsmessung zu einer vermehrten Effizienz oder höherer Verfügbarkeit des Systems führt, läßt sich allerdings nicht über Erfolgszahlen, etwa als eine Mehrleistung von x Prozent ausdrücken. So sind wir denn auch vorsichtig in der Beurteilung des Software-Monitors, was jedoch nicht heißen soll, daß sich der Einsatz nicht für uns gelohnt hätte. Ganz im Gegenteil. Konnten wir doch über den Weg der permanenten Leistungsmessung wesentliche Engpässe und Schwachstellen erkennen und damit zu einem kontinuierlichen, selbst in Spitzenzeiten störungsfreieren Online-Betrieb beitragen.

Joachim Fischer (38) ist Dipl.-Mathematiker und als Abteilungsdirektor der Deutschen Bank AG verantwortlicher Leiter für den Bereich System-Technik, der die bankweite Planung aller Hard- und Software umfaßt und worin die Bereiche System-Planung -Programmierung und -Überwachung zusammengefaßt sind.

Günter Krüll (37) leitet als Betriebswirt den Bereich System-Überwachung in der Deutschen Bank und zeichnet darin unter anderem für die Leistungsüberwachung auf der Basis von Softwaremonitoren verantwortlich.

Hard- und Software

In drei Betriebsstätten des Großrechenzentrums der Deutschen Bank sind je 2 IBM 370-168 (4 Mega Byte) zusammen mit je 2 Siemens 4004-151, letztere finden als Leitrechner Verwendung, installiert Die Peripherie umfaßt neben PIatteneinheiten der IBM und BASF auch gut 350 Terminals IBM 3270 beziehungsweise solche von SEL und Siemens sowie zirka 200 IBM 3600. Als Programmiersprache wird überwiegend COBOL verwendet. An Systemsoftware sind MVS, IMS/VS und TSO im Einsatz.