Smart Grid

Mit IP zum intelligenten Stromnetz

22.11.2010
Von Rolf Adam

Flexible Richtliniensteuerung

Mit Cisco EngergyWise haben Unternehmen ihren Energieverbrauch im Blick.
Mit Cisco EngergyWise haben Unternehmen ihren Energieverbrauch im Blick.
Foto: Cisco

Ausgefeilte Lösungen enthalten zudem eine hochflexible Richtliniensteuerung zur automatischen Verbrauchsoptimierung. Das wären etwa Richtlinien für bestimmte Geräte-Domains, in denen alle PCs, IP-Telefone, Drucker und Access Points einer bestimmten Etage zusammengefasst sind. Diese Leitlinien steuern dann automatisch die Ein- und Abschaltzyklen sowie Standby-Phasen für die jeweilige Gerätegruppe. Dank integrierter Berichtsfunktion können neue und bisherige Verbrauchszahlen unmittelbar gegenübergestellt werden. Die Stromkostenersparnis für die jeweilige Geräte-Domain ist auf einen Blick erfassbar.

Richtlinien können aber ebenso gut ereignisbezogen angelegt werden - etwa abhängig vom Check-in einzelner Mitarbeiter oder von Mitarbeitergruppen. Betritt das erste Mitglied der jeweiligen Gruppe das Haus und meldet sich mit seiner Chipkarte an der Zugangskontrolle an, schaltet das System im betreffenden Büroraum automatisch Heizung und Licht sowie Computer und IP-Telefone ein. Im umgekehrten Fall, wenn das letzte Mitglied am Abend wieder auscheckt, sorgt die Richtlinie dafür, dass sämtliche Geräte wieder abgeschaltet werden.

Vom Stromzähler zum Smart Grid

Vernetzte Stromzähler - auch Smart Meter genannt - sind ein Eckpfeiler für Smart Grids, aus denen das Stromnetz der Zukunft besteht. Die Bezeichnung Smart Grid steht für die umfassende kommunikationstechnische Vernetzung der gesamten Erzeuger- und Übertragungsinfrastruktur, einschließlich der Verbraucher. Im Smart Grid kann prinzipiell jeder Anschluss Energie sowohl beziehen als auch einspeisen. Diese Tatsache verbessert besonders die wirtschaftlichen Chancen regenerativer Energiequellen wie Solar- und Windkraftanlagen. Da Informationen in Smart Grids in alle Richtungen fließen, "weiß" die jeweilige Energie-Management-Lösung beim Verbraucher automatisch, wann ausreichend Sonnen- oder Windenergie zur Verfügung steht und kann - falls gewünscht - auf diese Energieform umstellen. Anders als heutige Versorgungsnetze, die sich von zentralen Kraftwerksstandorten aus sternförmig zu den Verbrauchern erstrecken, bilden Smart Grids eine zellenartige Netzstruktur. Der Pfad, den der Strom durch das vergleichsweise kleingliedrige Smart-Grid-Netz nimmt, ähnelt dem Datentransport im Internet: Es gibt immer alternative Pfade, wodurch mögliche Störungen leichter zu isolieren sind. Das Zusammenwachsen von IP-Netz und Strominfrastruktur sorgt also nicht nur für höhere Energieeffizienz, sondern verbessert auch die Versorgungssicherheit.

Je mehr Unternehmensstandorte in die Lösung einbezogen sind, desto mehr Energie wird gespart, und desto weniger CO2-Emissionen verursacht das Unternehmen durch seine Geschäftstätigkeit. Wie hoch das Einsparpotenzial im Einzelfall ist, lässt sich mit einem Effizienzrechner einfach feststellen. Unterschiedliche Alternativen können gegeneinander abgewogen und auf diese Weise die effektivste Richtlinienstrategie ermittelt werden.

Integration potenziert die Effekte

Aus technischer Sicht basiert beispielsweise EnergyWyse auf dem offenen User Datagram Protocol (UDP), das zur Transportschicht der Internet-Protocol-Familie gehört. Offene Standards sind eine Grundbedingung dafür, dass unterschiedliche Systeme ohne Bruch interagieren können. Allerdings zählen die meisten Lösungen zur Gebäudeautomatisierung nicht zu den klassischen IT-Anwendungen; in der Gebäudeleittechnik hat das Internet Protocol keine nennenswerte Tradition. Folglich braucht das IP-Netz eine Art Dolmetscher, um auch Gebäudeleitsysteme in eine übergeordnete Energieeffizienzlösung einzubeziehen. Diese Rolle übernimmt Ciscos "Network Building Mediator": Die Lösung sammelt und normalisiert sämtliche Steuerinformationen, auch aus IP-fremden Signal- und Datenquellen. Der Mediator agiert als Middleware und ermöglicht Interaktionen zwischen EnergyWise und diversen Kontroll- und Steuersystemen. Monitoring- und Energiespar-Richtlinien werden so auch auf diese Systeme ausgeweitet. Das Einsparpotenzial für Stromkosten und CO2-Emissionen erhöht sich mit jedem zusätzlich integrierten Gebäudeleitsystem.

Aufbruch ins Smart-Grid-Zeitalter

IP-Netze ermöglichen das beschriebene Energie-Management nicht nur für Unternehmensverwaltungen, sondern auch in Wohnhäusern, Produktionshallen, Schulen, Krankenhäusern und öffentlichen Einrichtungen. Vor dem Hintergrund der nächsten Evolutionsphase im Internet - dem "Internet der Dinge" - eröffnen sich ungeahnte Perspektiven für eine effizientere Bereitstellung und Nutzung elektrischer Energie. In Wohngebäuden etwa werden auch Waschmaschinen, Kühlschränke, Mikrowellen und Unterhaltungselektronik jeder Art an das Netz angeschlossen sein. Der Verbrauch all dieser Geräte lässt sich dann mit einer dezidierten Home-Energie-Management-Lösung optimieren. Auch Stromzähler werden in Zukunft Internet-fähig sein, so dass die Zählerstände online ausgelesen werden können. (hi)