Statt Kosten sparen

Mit Innovationen aus der Krise

18.11.2008
Von Joachim Benner
Angesichts der Wirtschaftskrise starten viele Unternehmen umfangreiche Sparprogramme in der IT. Die bessere Antwort wäre, die Effektivität durch einen intensiverer IT-Einsatz zu steigern.

Die Krise an den Finanzmärkten erschüttert derzeit die weltweite Konjunktur. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass viele Unternehmen auf wirtschaftliche Schwächephasen mit Sparprogrammen reagieren, wovon auch die IT nicht verschont geblieben ist. Auch in der jetzigen Krise werden viele Unternehmen ihre IT-Budgets überdenken und die Kostenschraube weiter anziehen. Das Thema Kostensenkung, ohnehin schon eines der zentralen Herausforderungen für die IT deutscher Unternehmen, wird also im Zuge der derzeitigen turbulenten Wirtschaftslage weiter an Bedeutung gewinnen.

Aus Sicht von IDC ist dies allerdings zu kurz gedacht. Wer angesichts der drohenden Rezession rigoros auf die Kostenbremse tritt, wird zwar kurzfristig Einsparungen erzielen, langfristig aber ins Hintertreffen geraten. In Zeiten der Schwäche ist dies zwar verlockend, um eine Krise zu meistern ist jedoch Innovationsfähigkeit gefragt.

Gerade in Zeiten rückläufiger Nachfrage ist es für Unternehmen in einem Hochlohnland wie Deutschland entscheidend, sich durch Produktinnovationen, Qualitäts- und Produktivitätssteigerungen von den internationalen Wettbewerbern abzuheben. Dabei spielt gerade der Einsatz der IT eine wichtige Rolle.

Die Produktivität ist in Deutschland in den vergangenen Jahren schwächer gewachsen als in den USA und Großbritannien. Das liegt unter anderem am stärkeren Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnik in den Vergleichsländern.
Die Produktivität ist in Deutschland in den vergangenen Jahren schwächer gewachsen als in den USA und Großbritannien. Das liegt unter anderem am stärkeren Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnik in den Vergleichsländern.

Hier besteht allerdings durchaus noch Nachholbedarf. So wies die deutsche Wirtschaft in den vergangenen Jahren im Vergleich zu den USA oder Großbritannien ein deutlich geringeres Produktivitätswachstum aus. Hierfür gibt es viele Gründe, wie etwa die Entwicklung der Arbeitskosten. Ein bestimmender Faktor ist aber auch im Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnik zu sehen. Während Unternehmen in den USA hier in den vergangenen Dekaden eine Vorreiterrolle einnahmen, hinkte Deutschland bei den IT-Investitionen eher hinterher. Ein Zurückfahren der IT-Ausgaben als Reaktion auf die gegenwärtige Krise ist daher kritisch zu betrachten. Das Beispiel zeigt vielmehr, dass gezielte Investitionen in die IT den Unternehmen helfen, ihre Produktivität zu steigern.

Die Produktivitätsverbesserungen sind inzwischen allerdings nicht mehr ausschließlich durch Investitionen in IT möglich. Heute reicht es nicht mehr aus, neue und leistungsfähige Hard- und Software zu kaufen. Entscheidender ist es, mit Hilfe der IT Unternehmensstrukturen zu ändern, Innovationen voranzutreiben, neue Geschäftideen zu entwickeln und Geschäftsprozesse effizienter zu gestalten. Nur so lässt sich die Produktivität steigern.

Während viele Anwender in den USA, insbesondere im Dienstleistungssektor, dies bereits umgesetzt haben, befinden sich die hiesige Unternehmen noch im Wandlungsprozess. Themen wie IT Business Alignment werden zwar immer häufiger als wichtig erkannt, dennoch ist die IT in der Regel noch stark kostengetrieben. Ein Grund hierfür ist, dass die IT eher als Kostenstelle denn als Business Enabler gesehen wird. Entscheidend ist auch die Rolle des CIOs: Bringt er sich in die Businesswelt aktiv ein oder ist er stark technikorientiert? Hier ist ein Umdenken in vielen Unternehmen erforderlich.

Produktivitätsfortschritte stellen sich meist nicht sofort ein oder werden direkt sichtbar. Änderungen vollziehen sich erst allmählich. So ergeben sich etwa als Folge von Investitionen in die IT neue Möglichkeiten der Organisation von Geschäftsprozessen, wie der Supply Chain, oder die Erschließung neuer Absatzkanäle. Wie diese Potenziale erschlossen werden, hängt entscheidend von den Fachabteilungen ab. Besonders wichtig ist dabei die Bereitschaft und der Wille zu Veränderungen. Die Fachabteilungen müssen daher stärker in die IT-Projekte eingebunden werden und so die Möglichkeit erhalten, die IT aktiv mit zu gestalten - ansonsten bleiben viele Potenziale, die sich aus Investitionen in die IT ergeben, ungenutzt liegen oder drohen gar zu verpuffen. (jha)

Zur Person

Name: Joachim Benner

Position: Research Analyst

Analystenhaus: IDC Central Europe GmbH.

Beratungsschwerpunkt: Benner kam im Jahr 2005 zu IDC und beschäftigt sich seit dem mit der Beobachtung von Branchentrends in Deutschland. In dieser Funktion erstellt er Studien zu verschiedenen Themenstellungen und Branchenausrichtungen. Zudem reichert er Consulting-Projekte um Branchen-Analysen an. Des Weiteren übernimmt Benner die Planung und Durchführung von Expertengesprächen sowie die Erstellung detaillierter Analysen.

Vor seinem Wechsel zu IDC arbeitete Benner als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Weltwirtschaft. Insbesondere die Analyse der Konjunktur in Deutschland, im Euro-Raum und in den Vereinigten Staaten gehörte hier zu seinen Schwerpunkten. Benner hat sein Studium der Volkswirtschaftslehre an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main als Diplom-Volkswirt abgeschlossen.