Entwicklung von Cirrus wird nicht aufgegeben

Mit der Übernahme von Fox steigt Microsoft in das DB-Geschäft ein

03.04.1992

SAN FRANZISKO (CW) - Die Microsoft Corp. und Fox Software haben in einem Letter of intent vereinbart, daß die Gates-Company für 136 Millionen ihrer Aktien im Wert von 173,4 Millionen Dollar alle Anteile des Dbase-Cloners übernimmt. Damit kann Microsoft die letzte Lücke in der Produktpalette schließen und dem bisherigen Marktführer im Bereich der PC-Datenbanken, der Borland International Inc., das Fürchten lehren.

Bis Ende Juni dieses Jahres soll die Fusion der beiden Unternehmen in die Tat umgesetzt sein, ließ Microsofts Chief Financial Officer, Frank Gaudette, verlauten. Sowohl die endgültige vertragliche Absicherung der bisher größten Microsoft-Übernahme als auch die Zustimmung durch die amerikanischen Kartellbehörden stehen noch aus.

Fox-Präsident David Fulton wird, so ist es in der Absichtserklärung weiter festgehalten, Chef der neu eingerichteten Datenbank- und Tool-Division von Microsoft. Außerdem sollen die Entwicklungsteams beider Unternehmen zu einer Mannschaft verschmelzen und ihre Arbeit demnächst im Microsoft-Hauptquartier in Redmond aufnehmen.

Der jährliche Umsatz der Softwareschmiede Fox, die keine Zahlen veröffentlicht, wird auf rund 65 Millionen Dollar geschätzt - ganze drei Prozent des Microsoft-Umsatzes. Doch die Gates-Company will mit diesem Schritt nicht zusätzlichen Umsatz, sondern Dbase-Kundenbasis, Produkt-Know-how und Entwicklungskapazität für den Bereich der PC-Datenbanken erwerben, in dem sie bislang keine eigenen Produkte vorweisen kann. "Der Zusammenschluß wird Microsoft sowohl mit großem Entwicklungstalent als auch mit Toptechnologie im Bereich der Datenbanken versorgen", erklärte der Chef des Softwareriesen, Bill Gates, die Vorteile des Deals.

"Wir wollen unsere Erfahrungen gemeinsam nutzen und die Anwender schon bald mit einer ganzen Reihe skalierbarer Datenbankapplikationen und Entwicklungsumgebungen versorgen", führte er weiter aus. Fox biete die beste Entwicklungsumgebung für Datenbankanwendungen auf verschiedenen Plattformen.

Diese Technologie und das Know-how der Entwickler beschleunige die Fertigstellung der noch in der Pipeline befindlichen Datenbank für Windows (Codename: "Cirrus"), für den Microsoft SQL Server und für die Open-Database-Connectivity (ODBC)-Technologie.

Ein Sprecher des Windows-Produzenten betonte ferner, daß mit der Fusion die Pläne des Unternehmens für die eigene Windows-Datenbank Cirrus nicht auf Eis gelegt seien. Michael Maples, als Executive Vice-President weltweit für die Microsoft-Produkte zuständig, erwartet die Auslieferung der selbstentwickelten Datenbank bereits in der zweiten Hälfte dieses Jahres. Cirrus sei zwar nicht zu den Fox-Produkten kompatibel, werde aber die damit angelegten Files lesen können.

Die Akquisition des Dbase-Cloners, dessen Produkt "Fox-pro 2.O" unter Entwicklern auch als das bessere Dbase gilt, versetzt Microsoft in die Lage, endlich auch Borland anzugreifen, den mit 75 Prozent Anteil unumstrittenen Marktführer im PC-Datenbank-Geschäft. Die Bedrohung dieser Borland-Position haben offenbar auch die Wallstreet-Börsianer erkannt: Der Aktienkurs des Paradox-Produzenten fiel in der vergangenen Woche um zehn Prozent auf 63 Dollar pro Anteilsschein.

Allerdings scheinen die Mannen um Philippe Kahn von dem neuen Konkurrenten gar nicht so beeindruckt. Spencer Leighton, Borlands Vice-President Business Development, erklärte jedenfalls gegenüber dem "Wall Street Journal": "Dort, wo wir uns in der Vergangenheit ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Microsoft lieferten, haben wir immer hervorragend abgeschnitten." Auch Wolfgang Schröder, Geschäftsführer der deutschen Borland GmbH, zeigte sich unbesorgt: "Davon wird eher Borland profitieren."