Applikationen auf der Windows-World

Mit den ARC-Systemen belebt Mips die ACE-RISC-Gemeinde

17.04.1992

LONDON (jm) - Offensichtlich wird 1992 das Jahr werden, in dem die Schwergewichte der Workstation-Szene um die beste Ausgangsposition für zukünftige Plazierungen kämpfen. Ab sofort ist die Industrie um ein interessantes Angebot reicher: Mips kann mit dem Argument werben, mit den "Magnum"- und "Milenium"-Systemen verfügbare Rechner am Markt zu haben.

Die vier jetzt präsentierten RISC-Rechner - je zwei Desktop- und Server-Modelle - laufen zunächst unter dem Unix-Derivat von Mips RISC/OS in der Version 5.0, das den Spezifikationen von System V, Release 4.0, entspricht.

Zwar demonstrierte Mips in London sowohl die Betriebssystem-Varianten Windows NT und SCO Open Desktop (ODT), allerdings werden Kunden nur das Mips- Betriebssystem mit den ab etwa Juni ausgelieferten ARC-Systemen erhalten können. NT, ODT sowie die ACE-Variante von System V.4 sollen erst in einigen Monaten zur Auslieferung anstehen. Bis zu diesem Zeitpunkt dürften nach Meinung von Branchen-Insidern Konkurrenten mit eigenen RISC-Produkten gleichgezogen haben.

Windows-NT-Anwendungen für Mips-Workstations

Auf Interesse stieß eine Bemerkung von Bernard Vergnes, dem Vice-President Europe von Microsoft: Er stellte anläßlich der Präsentation der Mips-Systeme fest, daß die Gates-Company auf der Windows-World in Chicago mehr als 50 Windows-NT-Applikationen demonstriere. Allein 13 davon liefen auf den Mips-RISC-Workstations; sie stammten unter anderem von Entwicklungshäusern wie Micrografx, Computervision, Newquest Technologies, Amish Software sowie Arbor Software.

Auf das zweigleisige Engagement Microsofts in Sachen Windows-NT-Entwicklung für die Alpha- und die Mips-Basis angesprochen, ließ sich Vergnes lediglich zu der Feststellung herbei, Microsoft sei natürlich daran interessiert, Windows NT auf einen erfolgreichen Prozessor zu portieren: Mips ist im Moment am offensten und deshalb für uns auch interessant."

In der Tat spricht für das zukünftige Silicon-Graphics-Unternehmen, daß dessen RISC-Prozessoren aus verschiedenen Quellen zu haben sind. So können Systemhersteller die Mips-CPU-Architektur von sechs verschiedenen Halbleiter-Lieferanten beziehen: Neben LSI Logic, NEC, Siemens und Toshiba bedienen auch IDT und Performance Semiconductor Systemintegratoren und OEMS.

Auch das Betriebssystem stammt nicht aus einem einzigen Softwarehaus, sondern kann zumindest in der Zukunft von Microsoft, SCO und USL/Novell bezogen werden. Für die in letzter Zeit arg gebeutelte Mips-Company spricht zudem, daß sich zum einen Unternehmen wie DEC und Olivetti trotz ihrer Alpha-Ambitionen noch nicht von der Mips-Architektur losgesagt haben, sondern wie Alpha-Lizenznehmer Kubota den R4000-Prozessor in ihren Low-cost-Produktbereichen einsetzen wollen.

Zum anderen stehen bislang auch NEC, Control Data, Acer/Altos, AT&T, Sony, Pyramid, SNI und Tandem auf der Mips-Kundenliste. Die Gruppe von Herstellern, die Mips-basierte RISC-Systeme anbieten, ist somit dem Namen sowie der Anzahl nach nicht zu unterschätzen. Kristoffer Sygel, Vice-President Europe von Mips, wies zudem darauf hin, daß das ACE-Konsortium mittlerweile über 250 assoziierte Mitglieder habe, also potentielle Mips-Kunden.

Die vorgestellten vier RISC-Rechner, die alle mit dem R4000-RISC-Prozessor arbeiten, teilen sich auf in die beiden Desktop-Magnum-Systeme und zwei Millenium-Server.

Bei dem Modell "Magnum 4000 PC-50" (Lieferzeit 60 Tage) handelt es sich um eine mit Primär-Cache-Speicher ausgestattete Workstation, die es auf 40 Specmarks Rechenleistung bringen soll - bei allen vier Rechnern gilt es allerdings zu bedenken, daß Mips in seinen Unterlagen jeweils von geschätzten Specmark-Werten ausgeht.

Im empfohlenen Verkaufspreis der Diskless-Version (ohne Diskettenlaufwerk) von knapp unter 12 000 Dollar sind ein 15-Zoll-Farbmonitor, 8 MB Arbeitsspeicher (maximal 256 MB), zwei SCSI-II- und eine 32-Bit-Ethernet-Schnittstelle sowie ein Audio-I/O-Interface enthalten, das angeblich CD-Qualität gerecht werde.

Die Workstation "Magnum 4000 SC-50" (Lieferzeit 90 Tage) kostet bei gleichen Standardfunktionen etwa 9000 Dollar mehr als das Modell PC-50, kann jedoch nach Herstellerangaben durch Verwendung eines Sekundär-Caches auf eine um 50 Prozent gesteigerte Rechen und Grafikleistung verweisen.

Die Millenium-Server unterscheiden sich von den Tisch-Workstations durch das Standgehäuse, in dem eine doppelte Anzahl von Massenspeichereinschüben Platz findet. Auch die Stromversorgung legte Mips unterschiedlich aus: Die Netzteile der Server liefern eine Leistung von 390 Watt, die Tischgeräte begnügen sich mit 230 Watt. Auch die Server stehen in den Varianten mit Primär-Cache (PC - zu haben in drei Monaten) und Sekundär-Cache (SC - ab Anfang Juni erhältlich) zur Verfügung.

Um die Entwicklung von Softwareprodukten für die Mips-ARC-Plattform anzuheizen, gilt für "qualifizierte Windows-NT- und Unix-Entwickler" ein besonderes Hardware-Angebot: Danach muß diese Käuferschicht in Europa lediglich knapp 6600 Dollar für eine Konfiguration mit 15-Zoll-Farbmonitor und XGA-Grafikadapter, 8 MB Arbeitsspeicher, eine 200-MB-Festplatte sowie ein CD-ROM- und Diskettenlaufwerk zahlen.