Konzentration im E-Business-Markt setzt sich fort

Mit dem Kauf von Rightworks greift i2 Ariba an

16.03.2001
MÜNCHEN (CW) - Für 114 Millionen Dollar kauft i2 Technologies den auf elektronische Beschaffung (E-Procurement) spezialisierten US-Anbieter Rightworks. Mit diesem Deal platzt endgültig die E-Business-Allianz mit IBM und Ariba - die allerdings schon vorher alles andere als harmonisch verlief.

i2 Technologies, bisher in erster Linie auf Supply-Chain-Management (SCM) konzentriert, ergänzt mit dem Kauf der privat gehaltenen Rightworks Corp. sein Portfolio um Lösungen für die elektronische Beschaffung. In diesem Markt geben bislang Ariba und der SAP-Partner Commerce One den Ton an. i2 kostet die Übernahme insgesamt 5,3 Millionen eigene Aktien - ein Schnäppchenpreis, den das Unternehmen aus dem texanischen Dallas der zuletzt eher mäßigen Geschäftsentwicklung bei Rightworks verdankt. Marktbeobachter hatten einen Preis von etwa 250 Millionen Dollar in Aktien erwartet.

Rightworks, geführt von der ehemaligen Baan-Chefin Mary Coleman, befindet sich zu 54 Prozent in Besitz der Internet Capital Group (ICG). Dieses Unternehmen zählte noch vor anderthalb Jahren gemeinsam mit CMGI zu den größten Internet-Inkubatoren und -Beteiligungsgesellschaften in den USA, musste aber dann dem rasanten Fall der New-Economy-Werte an den Börsen Tribut zollen. ICG hatte noch im März 2000 für die Rightworks-Mehrheit stolze 635 Millionen Dollar in Aktien sowie 22 Millionen Dollar in bar gezahlt. Danach ging der ICG-Kurs in den freien Fall über: Die damals abgegebenen Anteile wären nach heutigem CGI-Kurs nur noch etwa 18 Millionen Dollar wert.

Mit dem Kauf wird i2 in die Lage versetzt, die gesamte B-to-B-Nahrungskette von der Planung und Abwicklung übergreifender Zuliefertransaktionen über den Aufbau von elektronischen Marktplätzen und die Beschaffung sowohl produktionsrelevanter als auch indirekter Güter bis hin zur Organisation der Produktlieferung abzudecken. Ein schwerer Schlag für Ariba und Commerce One, meinen die meisten Analysten.

Patrick Walravens von Lehman Brothers etwa bringt in einer Research Note seine Erwartung zum Ausdruck, dass die i2-Konkurrenten nun unter Preisdruck geraten werden. Der elektronische Einkauf mache künftig nur einen Teil des i2-Portfolios aus, das Unternehmen werde es sich leisten können, die Preise zu senken, um die Wettbewerber im Markt für Procurement- und Marktplatzsoftware zu attackieren.

Einen handfesten Vorteil für i2-Kunden sieht Tom Harwick, Analyst der Giga Group: Sie erhielten nun eine Lösung, mit der sie nicht nur den Design- und Herstellungsprozess von Produkten gestalten, sondern auch die dafür benötigten Komponenten direkt anfordern könnten. Die Rightworks-Übernahme diene also i2-Kunden, denen es um die Verkürzung und Automatisierung der gesamten Produktion gehe.

Joshua Greenbaum von Enterprise Applications Consulting sieht das ähnlich. Für i2 reiche es nicht aus, SCM-Funktionen in all ihren Facetten anzubieten. Das Unternehmen müsse auch eine breit angelegte Procurement-Palette im Portfolio haben. Jetzt komme es darauf an, wie schnell es der Softwareschmiede gelinge, beide Produktwelten zu integrieren. i2 hat sich dafür den engen Zeitrahmen von 60 Tagen gesteckt.

Die Übernahme fällt in eine Zeit, in der sich die gesamte E-Business-Branche in einem Konsolidierungsprozess befindet. Nahezu alle großen Softwarehäuser mit einem Fokus auf Business-to-Business-Transaktionen lassen sich gegenwärtig auf Fusionen und Kooperationen ein, um sich als Allrounder aufzustellen.

Commerce One beispielsweise arbeitet eng mit der SAP AG zusammen, mit dem Ziel, auf Basis der SCM-Software der Walldorfer und der eigenen Procurement-Produkte eine gemeinsame B-to-B-Produktpalette auf die Beine zu stellen. Gerüchte, denen zufolge sich SAP den E-Procurement-Pionier einverleiben wolle, wurden bisher stets dementiert. Das muss aber nichts heißen: Zum einen hat SAP Commerce One in seiner Startphase finanziell unterstützt, zum anderen wird Commerce One aufgrund der negativen Börsenentwicklung Tag für Tag billiger.

Auch der auf Online-Ausschreibungen spezialisierte Anbieter Freemarkets kaufte für 340 Millionen Dollar mit Adexa einen SCM-Spezialisten. Als Anbieter von umgekehrten Auktionen, bei denen sich Lieferanten im Preis gegenseitig unterbieten, gewann Freemarkets offenbar die Erkenntnis, dass Kunden nicht nur ihre Bedarfe ausschreiben, sondern darüber hinaus Kontrolle über alle Instanzen des Lieferprozesses haben wollen.

Ariba schließlich übernimmt mit Agile Software einen Anbieter, der sich dem "Collaborative Manufacturing" verschrieben hat - sofern der 2,5 Milliarden Dollar schwere Deal nach dem Börseneinbruch der beteiligten Firmen noch wie geplant zustande kommt. Agile konzentriert sich mit seinen Applikationen auf das Hightech-Segment der Fertigungsindustrie und unterstützt dort das Einbinden von Informationen aus Lieferscheinen, Spezifikationen oder Konstruktionszeichnungen in ein Internet-basiertes firmenübergreifendes Informations- und Projekt-Management-System.

Gleichzeitig kooperiert Ariba mit Syncra, einem Anbieter von Software für Collaborative SCM und Bestands-Management. Wie der Branchendienst "Computerwire" berichtet, verdichten sich außerdem die Anzeichen dafür, dass Ariba nach der gescheiterten Partnerschaft mit i2 nun die Lücke im SCM-Umfeld mit einer Übernahme von Manugistics schließen könnte. Manugistics, schärfster Rivale von i2 im SCM-Kerngeschäft, unterhält bereits eine Allianz mit der künftigen Ariba-Tochter Agile. "Manugistics ist der einzige SCM-Anbieter, der sich noch nicht mit einem anderen B-to-B-Spezialisten zusammengetan hat", orakelt Tim Minahan, Analyst der Aberdeen Group, gegenüber "Computerwire". Ferner ist das Unternehmen auch mit Ariba-Partner Syncra verbandelt. Allerdings könnte Ariba für einen Kauf dieser Größenordnung das Geld ausgehen: Der Kurs des Unternehmens ist seit Januar dieses Jahres, als die Agile-Übernahme angekündigt wurde, um mehr als 70 Prozent gesunken.

Angesichts der Konzentration in der E-Business-Branche sieht sich Romesh Wadhwani, Vice Chairman von i2, mit der Übernahme von Rightworks auf dem richtigen Weg: Nach der Akquisition werde sein Unternehmen weniger auf die Hilfe externer Partner angewiesen sein als bisher. Er sagte aber auch: "Ich erwarte nicht, dass der Kauf unsere Beziehung zu IBM in irgendeiner Weise berührt."

Anwender sollen auf Rightworks umsteigenZwar erklärte Wadhwani halbherzig, wenn Kunden wollten, könnten sie auch weiterhin die gemeinsame Lösung von i2, Ariba und IBM bekommen. Allerdings fügte er hinzu: "Wir freuen uns, den Anwendern beim Umstieg auf unsere Technologie zu helfen."

Laut i2 brachte die Partnerschaft mit Ariba bisher etwa 15 gemeinsame Aufträge; das Umsatzvolumen liege bei 20 bis 25 Millionen Dollar. Allein in der zweiten Hälfte dieses Jahres werde man aber mit Hilfe von Rightworks mehr einnehmen. Allerdings ist diese Prognose mit Vorsicht zu genießen: Sanjiv Sidhu, CEO von i2, hatte erst kürzlich eingeräumt, auch sein Unternehmen sei nicht immun gegen den konjunkturellen Niedergang.

In Fachkreisen gilt die Procurement-Software von Rightworks als ausgereift und konkurrenzfähig, allerdings fehlte dem Unternehmen bisher der große Namen und die notwendige Unterstützung im Vertrieb, um bei den Kunden Anklang zu finden. Die Marketing-Maschinerie von i2, an der Nasdaq trotz rasanter Talfahrt immer noch mit rund acht Milliarden Dollar kapitalisiert, dürfte daran einiges ändern. Bill Beecher, Finanzchef von i2, sagte vor Analysten, sein Unternehmen rechne mit einem hohen Umsatz bei Procurement- und Marktplatzlösungen - in dem Geschäft also, das i2 zuvor Ariba überlassen hatte.

i2 und Webmethods auf Großkundenjagdi2 Technologies hat einen über vier Jahre gültigen Vertrag mit Webmethods, einem der führenden Anbieter von B-to-B-Integrationssoftware, geschlossen. Demnach erweitern die Partner ein bereits bestehendes Abkommen, in dessen Rahmen die SCM-Produkte "Trade Matrix Network Services" und "Trade Matrix Solutions" von i2 mit Integrationslösungen von Webmethods ausgestattet und ausgeliefert werden.

i2 plant eigenen Angaben zufolge, mit Hilfe des Partners eine offene, auf Standards basierende Integrationsplattform für seine Produkte anzubieten, damit sich die SCM-Lösungen besser an ERP- und Legacy-Anwendungen koppeln lassen. Neben dem Trade-Matrix-API will i2 Standards wie cXML, OAG, Rosettanet, EDI und xCBL sowie weitere Spezifikationen unterstützen.

Wie das "Wall Street Journal" berichtet, wollen die Firmen in einem gemeinsamen Entwicklungsteam außerdem Produkte für B-to-B-Marktplätze entwickeln. Adressiert werden vor allem große Konzerne, die ihre eigenen Online-Marktplätze bauen und eine begrenzte Anzahl von Lieferanten und Partnern daran teilnehmen lassen wollen. Diese Kunden sollen die Möglichkeit erhalten, über SCM-Software nahezu in Echtzeit zu kooperieren und ihre Lagerhaltungskosten so auf ein Minimum zu reduzieren.

i2 zahlt zunächst für Lizenzrechte zehn Millionen Dollar an Webmethods, für die Zukunft wird jedoch eine Regelung angestrebt, die eine Umsatzteilung zwischen den Partnern vorsieht. Der Vertrag soll dem Duo in den nächsten vier Jahren zusätzliche Umsätze von mindestens 100 Millionen Dollar bescheren. Im Rahmen des Abkommens wird Webmethods dem Partner Optionen für den Kauf von 750000 eigenen Aktien zum Preis von 40 Dollar pro Stück einräumen.