Silicon Graphics uebernimmt Schmiede fuer Vektorcomputer

Mit Cray beherrscht SGI Markt fuer Superrechner

01.03.1996

Kommt die Uebernahme zustande, wuerde ein Unternehmen mit einem jaehrlichen Umsatz von rund drei Milliarden Dollar entstehen. SGI ist dann - wenn auch mit voellig unterschiedlichen Produktlinien - die Nummer eins im Supercomputer-Geschaeft. Ein Motiv fuer die Uebernahme sehen Analysten im Bestreben des Workstation- Herstellers, staerker im Enterprise-Business Fuss zu fassen.

Mit der Cray Research Inc. muss der renommierteste Anbieter von Supercomputern die Segel streichen. Mit seinen Vektor- Parallelrechnern war das Unternehmen jahrelang unangefochtener Marktfuehrer im Segment der Hoechstleistungsrechner. Die Millionen Dollar teuren Zahlenfresser wurden vor allem von Militaers sowie in Forschung und Wissenschaft eingesetzt.

Sowohl die Entspannung im Ost-West-Konflikt als auch weltwirtschaftliche Stagnationstendenzen machten aber gerade den Anbietern superteurer Rechner das Leben zunehmend schwer. Die Liste der Gescheiterten ist entsprechend illuster: Vor knapp einem Jahr musste auch die von Seymour Cray 1989 von Cray Research abgespaltene Cray Computer Corp. Konkurs anmelden.

Schon im Spaetsommer 1994 hatte es die Thinking Machines Corp. (TMC) erwischt. Kurze Zeit spaeter warf Kendall Square Research (KSR) das Handtuch.

Mit Cray Research gibt nun der bekannteste Supercomputer-Anbieter auf. Nach den katastrophalen Ergebnissen des Fiskaljahres 1995 (Ende: 31. Dezember 1995) "konnte man sich ja schon seinen Teil denken", wie ein Cray-Manager sagte. Das letzte Quartal 1995 schloss Cray mit einem Verlust von 25,6 Millionen Dollar oder einem Dollar pro Aktie ab.

Fuer das gesamte Jahr 1995 musste Cray sogar einen Verlust von 226,4 Millionen Dollar beziehungsweise 8,95 Dollar pro Aktie hinnehmen. Gegenueber 1994 (921,61 Millionen Dollar) stuerzte darueber hinaus der Umsatz um rund 27 Prozent auf nurmehr 676,2 Millionen Dollar ab. Bereits 1992 hatte Cray ein verheerendes Ergebnis zu verzeichnen. Damals sank der Umsatz von rund 862 Millionen im Jahr 1991 auf 797 Millionen Dollar, waehrend statt des Gewinns von 113 Millionen Dollar nun 15 Millionen Dollar Verlust anfielen.

Supercomputer nur noch fuer Nischen

Schaut man sich das aktuelle Produktspektrum an, kann man auch hieran Crays Probleme ablesen: Die extrem teuren Vektor- Supercomputer "C90" beziehungsweise seit 1995 die "T90"-Familie verkauften sich nur noch im obersten Leistungsbereich.

Schon bei den leistungsschwaecheren Vektor-Parallelrechnern "J90" aber spuerte Cray die Konkurrenz von symmetrischen Multiprozessor- Maschinen (SMP-Maschinen). Praktisch jedes der DV-Schwergewichte am Markt wie etwa DEC, HP, Sun etc. bietet in diesem Segment mit. Ironischerweise machte ausgerechnet SGI mit seinen "Power- Challenge"-SMP-Rechnern Cray das Leben besonders schwer. Wie die regelmaessig erscheinende "Top-500"-Liste der leistungsfaehigsten installierten Superrechner von Hans-Werner Meuer und Jack Dongarra beweist, rollte SGI innerhalb von zwei Jahren das Feld der Number- Cruncher auf.

Die allerdings wesentlich leistungsfaehigeren Vektor-Superrechner werden dabei immer mehr in Nischen gedraengt. Dies zeigte auch eine Untersuchung des Marktforschungsunternehmens Smaby Group Inc. Deren Analysten rechneten vor, dass der weltweite Markt fuer Superrechner 1996 um 7,5 Prozent schrumpfen wird.

Die hoechsten Steigerungsraten erwarteten die Smaby-Marktforscher bei Hochleistungsrechnern, die in der Preiskategorie unter einer Million Dollar angesiedelt sind - dem Segment, zu dem auch die Power-Challenge-Rechner von SGI gehoeren.

Zwar bietet Cray Research in Kooperation mit Sun Microsystems mit den "CS-6400"-SMP-Rechnern ein Konkurrenzmodell zu den Power- Challenge-Maschinen. Doch erstens nutzt SGI in seinen Servern bereits Mips-Prozessoren auf Basis der 64-Bit-Technologie, zweitens bietet SGI seit einigen Wochen auch das 64-Bit-Unix- Derivat "Irix" in der Version 6.2 an.

Man darf sich deshalb fragen, welche Ueberlebenschance dieser in Deutschland von der Cray Research Business Systems GmbH (ehemals Cray Research Superservers) vertriebene Rechner in einem Unternehmen SGI/Cray noch haben wird. Walter Fertl, Geschaeftsfuehrer der Silicon Graphics GmbH aus Grasbrunn bei Muenchen, auf diese Frage: "Die CS-6400-Maschinen arbeiten mit Suns Sparc-Prozessoren. Es ist ganz offensichtlich, dass diese Prozessorfamilie in einer gemeinsamen Firma SGI-Cray keinen Sinn macht."

Bleiben Crays massiv-parallele Rechnerlinien "T3D" und die kleinere "T3E". Auch die Entwicklung dieser Systeme ist sehr kostspielig. Fuer den Markterfolg gibt aber eher den Ausschlag, dass MPP-Maschinen ein sehr aufwendiges Programmiermodell besitzen. Allein aus diesem Grund duerften sich solche Rechner nur im technisch-wissenschaftlichen Sektor durchsetzen.

Manager beider Unternehmen wollten sich zu den Folgen des Mergers fuer die Belegschaften nicht aeussern. Tatsache ist aber, dass Cray weltweit trotz einer Entlassungswelle, der 1995 bereits rund 600 Mitarbeiter zum Opfer fielen, immer noch etwa 4200 Beschaeftigte zaehlt. Demgegenueber beschaeftigt SGI etwa 6300 Mitarbeiter und setzte im Fiskaljahr 1995 (Ende: 30 Juni 1995) rund 2,2 Milliarden Dollar um bei einem Gewinn von knapp 225 Millionen Dollar.