Übernahme des Workstation-Konkurrenten kostet fast eine halbe Milliarde Dollar:

Mit ApollomDeal will HP Marktführer werden

21.04.1989

PALO ALTO (IDG) - Der Medizinelektronik- und Computerkonzern Hewlett-Packard Co. wird per Akquisition zum größten WorkstationAnbleter auf dem Weltmarkt. Für die Übernahme des Branchenpioniers Apollo Computer Inc., Chelmsford, hat HP 476 Millionen Dollar bereitgestellt. Dieser Schritt überraschte die Marktauguren: Firmen zu schlucken galt bislang nicht als Stil des Hauses.

Im krassen Gegensatz zu dem Versuch von MAI Basic Four, die Kontrolle über die Prime Inc. zu erlangen, steht das jüngste Übernahmeangebot im amerikanischen DV-Business, denn es verläuft "freundlich" mit Einverständnis des zu Schluckenden. Apollo suchte einen starken Partner und fand ihn in Hewlett-Packard. Und wenn nicht wenigstens 51 Prozent der Aktionäre das Angebot von 13 1/s Dollar pro Apollo-Anteil zu niedrig finden sollten, heißt der Marktführer im Workstation-Geschäft bald HP. Nach Zahlen der Marktforschungsfirma IDC beläuft sich der kumulierte Marktanteil der beiden Unternehmen im europäischen Workstationgeschäft auf etwa 35 Prozent, vor Sun und DEC mit jeweils etwas über 20 Prozent.

Hewlett-Packard plant, Apollo vorerst als eigenständige Abteilung innerhalb des zuständigen Geschäftsbereichs zu führen. Ob aber in allen Ländern, in denen Apollo Geschäftsstellen unterhält, auf Dauer ein eigener Vertrieb aufrechterhalten werden soll, ist nach Ansicht von Analysten fraglich. Auch auf der Produktseite ist die künftige Entwicklung noch unklar. Zwar gibt es Parallelen; so verwenden beide Hersteller Mikroprozessoren aus Motorolas 68000er Sortiment. Doch sind die Risc-Architekturen der Workstations - Precision bei HP und Prism bei Apollo - nicht kompatibel; außerdem bietet Apollo sowohl LowEnd-Geräte als auch Maschinen mit einem Leistungsspektrum oberhalb der HP-Produkte.

Die Kunden, bei Apollo vor allem Wiederverkaufter, scheint diese Diskrepanz allerdings nicht allzu sehr zu stören.

Bei Mentor Graphics, dem größten Abnehmer von Apollo-Produkten, stieß die Nachricht von dem Zusammenschluß sogar auf ausgesprochen positive Resonanz. Mentor hatte schon erwogen, so der President der Firma, Gerard Langeler, den Lieferanten zu wechseln, weil Apollo finanziell nicht so solide dastand. Jetzt, mit der Liquidität von HP im Rücken, werde Apollo vielleicht im Rennen bleiben, verriet Langeler dem "Wall Street Journal". Die Siemens AG, Apollo-Großkunde und wie HP OSF-Mitglied, und die Nixdorf AG haben nach Informationen der New Yorker Börsengazette selbst überlegt, ob sie sich bei Apollo engagieren sollen.

Branchenbeobachter bezweifeln, daß der Einkauf des auf Vernetzung von Workstations spezialisierten Hauses Apollo für HP die erhofften Synergien bringt. Eins plus eins könne nicht nur größer, sondern auch kleiner als zwei sein. Für den Chef des Hauptkonkurrenten Sun Microsystems, Scott McNealy, ist der Wegfall eines Konkurrentennamens ohnehin ein "Nichtereignis". Sun werde die soeben vorgestellte Produktreihe wie geplant am Markt einführen.