Mini-Anbieter: Mit dem Software-Katalog unterm Arm

18.09.1981

-Herr Berger, Minicomputer tun sich im kommerziellen Bereich immer noch schwer. Woran liegt das?

Noch vor fünf Jahren hatte die sogenannte Mittlere Datentechnik den Minis etwas sehr Wesentliches voraus, nämlich Anwendungspakete und Applikations-Know-how. Es erfordert eine ganz bestimmte Struktur eines DV-Herstellers, in diesem Markt aktiv zu sein. Die MDT-Unternehmen sind "extrovertiert". Rund 60 bis 70 Prozent der Mitarbeiter sind in irgendeiner Form im Außendienst beschäftigt. Wenn man sich dagegen Unternehmen wie Data General, Hewlett-Packard oder DEC ansieht, dann arbeiten hier sechs von zehn Mitarbeitern in der Entwicklung oder Fertigung. Auf der Kundenseite lag eigentlich nicht der Schwerpunkt. Die technischen Einsätze erforderten eben nicht diese "händchenhaltende" Betreuung.

-Und wie sieht es mit dem kommerziellen OEM-Geschäft aus? Wie aktiv sind hier Software- und Systemhäuser?

In Deutschland finden wir eine ganz besondere Situation vor. Es gibt hier viel weniger OEMs, die bereit oder in der Lage wären, den kommerziellen Anwender zu bedienen. Das ist beispielsweise in Frankreich oder Großbritannien anders. In diesen Ländern sind die OEM-Aktivitäten um den Faktor drei stärker - obwohl der deutsche Computermarkt unbestritten größer ist als der französische oder englische .

-Worauf führen Sie die OEM-Schwäche in der Bundesrepublik zurück?

Ich glaube, der typische deutsche Betrieb hat in der Vergangenheit Wert darauf gelegt, DV-Ressourcen im eigenen Haus aufzubauen. Die Erkenntnis, daß das wesentlich teurer kommen kann, als Lösungen außer Haus zu realisieren, ist erst in den letzten Jahren gewachsen.

-Wie sieht nun Ihre eigene Software-Strategie aus? Werden Sie gezielt mit Software-Häusern zusammenarbeiten, wollen Sie eigene schlüsselfertige Systeme anbieten, oder müssen DEC-Anwender weiterhin selbst programmieren ?

Man kann eigentlich zu allem "ja" sagen. Zum einen bieten wir mehr anwendungsnahe Basissoftware an. Früher gab es zur Hardware nur Betriebssysteme, die nicht mehr konnten, als die Kommunikation mit der Anlage zu realisieren. Heute sind Datenbanksysteme oder Sort/Merge-Programme bereits ein Teil der Basissoftware. Zum zweiten haben wir am unteren Ende relativ einfache Programme entwickelt, die wir unseren OEMs mitgeben, so daß die Finanzbuchhaltung nicht jedesmal neu erfunden werden muß. Unsere Vertriebspartner können sich statt dessen auf diejenige Anwendung konzentrieren, auf die sie sich spezialisiert haben. Zum dritten arbeiten wir konzentriert mit Systemhäusern zusammen. Und schließlich beabsichtigen wir - und haben es auch schon getan -, Lizenzen an Produkten zu erwerben. Nicht zuletzt hat der Vertrieb einen Katalog auf dem Markt verfügbarer Software unterm Arm, die er mit anbieten kann. Der eigentliche Vertrieb erfolgt dann nicht von DEC.

-Haben Sie in Rotstiftzeiten aufgrund günstigerer Preise für vergleichbare Leistung größere Chancen, Ihre Rechner abzusetzen?

Da kommen noch andere Überlegungen hinzu. Unternehmen sind in solchen Situationen auch mal bereit, den alten Rechner auszubauen oder gewisse Anwendungen gar nicht auf den Rechner zu übernehmen. Wenn es nur noch die Alternative gibt, alten Rechner raus und neuen rein, wird ein Unternehmen sich möglicherweise überlegen, die Probleme mit einem großen Minicomputer zu lösen. Es gibt ja unheimlich viele Alternativen.