Für den sinnvollen Einsatz von Kleinrechnersystemen:

Mikrotraining für Großrechnerspezialisten

01.07.1983

TÜBINGEN - Dringender Bedarf an weiteren DV-Anwendungssystemen und wachsende Belastung der Großrechnerfachleute durch Wartungsaufgaben haben in vielen Unternehmen zu einem Projektstau geführt. Hier versprechen die Mikrohersteller eine rasche Lösung des Problems. Indessen herrscht nach wie vor Mangel an Fachkräften, die beurteilen können, in welchen Fällen der Großrechner und in welchen Mikros die bessere Alternative sind. Das notwendige Know-how aber kann nur, davon ist Hanno Klein von der Integrata GmbH Unternehmensberatung, Tübingen, überzeugt, eine geeignete Schulung vermitteln.

Leistungsfähigkeit und wirtschaftliche Einsatzmöglichkeiten der Mikros nehmen zu. Zudem verfügen viele Fachabteilungen über Budgets, die ihnen - ohne Rücksprache mit dem Org./DV-Leiter - den Kauf von Mikros erlauben. Dies geschieht oft ohne die erforderliche Fachkompetenz. Die Folgen sind Enttäuschung, weil die erwarteten Leistungen nur zum Teil eintreten, unausgereifte Lösungen, weil die Möglichkeiten der Computersysteme nicht richtig erkannt und daher nicht sinnvoll genutzt werden sowie unbefriedigende Lösungen, weil Mikros auch für Anwendungen eingesetzt werden, deren Komplexität nur Großrechner gewachsen sind.

Weil

- Datenbestände doppelt oder gar mehrfach erfaßt und unterhalten werden,

- mit Mikros EDV-Anwendungen realisiert werden, für die bereits auf dem Großrechner Programsysteme zur Verfügung stehen, die jedoch dem zuständigen Mitarbeiter in der Fachabteilung unbekannt sind,

- Insellösungen auch in solchen Fällen zustande kommen, in denen eine enge Integration mit Großrechneranwendungen mehr Nutzen bringen würde,

- eine Vielfalt verschiedener Mikrofabrikate und Softwaresysteme im gleichen Unternehmen zum Einsatz kommt, auch wenn dies nicht durch unterschiedliche Anforderungen gerechtfertigt ist, entsteht dann auch oft der typische EDV-Wildwuchs.

DV-Wildwuchs

Die teils negativen Auswirkungen des Mikrocomputereinsatzes lassen sich nur verhindern, wenn Fachkräfte zur Verfügung stehen, die über das notwendige Wissen verfügen. Denn Mikrocomputerfachleute neigen naturgemäß dazu, eine Lösung mit Mikros anzustreben, während Großrechnerfachleute die Tendenz haben, ihren Rechner bevorzugt einzusetzen.

Um Mikrospezialisten die erforderlichen Großrechnerkenntnisse zu vermitteln, bedarf es einer viel umfangreicheren Schulung. Die schnellere und kostengünstigere Alternative ist eine Mikrocomputerschulung für Großrechnerfachleute.

Auch beim Mikrocomputereinsatz können viele EDV-Anwendungssysteme nicht mit Standardsoftware gelöst werden. Daß Fachabteilungen selber programmieren, kann indessen nur bei äußerst einfachen Anwendungen die geeignete Lösung sein. Bei der wachsenden Leistungsfähigkeit der Mikros lassen sich mit ihnen inzwischen und in Zukunft noch mehr auch komplexere Anwendungen realisieren.

Wer über den Einsatz von Mikros richtige Entscheidungen treffen will und wer dafür geeignete Anwendungssysteme entwickeln und programmieren möchte, muß sich mit den Eigenarten dieser Systeme vertraut machen. Großcomputererfahrungen lassen sich nicht ohne weiteres auf die Mikros übertragen. Bei allem Respekt vor der Leistungsfähigkeit der Mikros: Sie sind, was Hard-und Softwaredesign anbelangt, viel einfacher gestaltet. Die Unterschiede zur Groß-EDV sind beträchtlich, Beispiele dafür sind:

- Der großen Komplexität vieler Großrechnerprogramme sind die Mikros nicht gewachsen; dies muß bei der Systementwicklung und Programmierung berücksichtigt werden.

- Viele Verwaltungsfunktionen, die das Betriebssystem von Großrechnern selbständig bewältigt, müssen bei Mikros vom Benutzer unterstützt werden. Deshalb muß sich der Programmierer mit ihm bisher unbekannten Bedienungsfunktionen vertraut machen und diese Tatsache auch bei der Systemgestaltung berücksichtigen, weil er sonst dem Benutzer ein viel zu unverständliches Handling zumuten würde.

Nur eine Schulung in der Mikrocomputertechnik bewahrt daher die Großrechnerfachleute vor falschen Entscheidungen und ermöglicht, Anwendungssysteme so zu gestalten, daß sie den Großrechnerlösungen nicht zu sehr ähneln und den Eigenarten der Mikros gerecht werden.