Zentrale Kommunikations-Server bringen TK-Dienste an jeden Arbeitsplatz

Migration von Terminals zu Windows erhoehte die Effizienz

27.08.1993

Die Vorwerk & Co. Elektrowerke KG, Wuppertal, ist ein Unternehmen, das mittlerweile konsequent auf den Einsatz von vernetzten Windows-PCs setzt. Die Umstellung von der alten Terminalwelt zu Windows mit integrierten TK-Loesungen am Arbeitsplatz beschreibt Christian Zillich*.

Die Entscheidung fuer Windows und abteilungsuebergreifende Arbeitsplaetze fiel bei den Vorwerk Elektrowerken gegen Ende der 80er Jahre im Zusammenhang mit der unternehmensweiten Neuorientierung im Bereich der Sprach- und Datenkommunikation. Erklaertes Ziel war, so Hannjorg Braun, Leiter der Informationstechnik bei Vorwerk, die Integration der kuenftigen digitalen TK-Anlagen in einem grossen Sprach- und Datenkommunikationsnetz. Darueber hinaus sollte die bisherige Terminal-Host-Struktur im Front-end-Bereich durch Client-Server- gestuetzte Applikationsrechner ersetzt werden. Konkret waren die Abloesung der ueber analoge Festverbindungen zusammengeschlossenen analogen TK-Anlagen durch ISDN-TK-Anlagen und der Ersatz der 3270- Sternverkabelung durch Ethernet-LANs vorgesehen.

Die ISDN-TK-Anlagen der innerstaedtischen Werke verband Vorwerk ueber ein Lichtwellenleiternetz (LWL-Netz), das die unterirdischen Leitungskanaele der Stadt Wuppertal nutzt. Ueber das LWL-Netz waren nun drei TK-Anlagen verbunden, ueber die allerdings lediglich die Sprachkommunikation lief. Fuer das zentral gelegene Verwaltungsgebaeude suchten die DV-Manager noch nach einer geeigneten Netztopologie fuer die Datenkommunikation.

Die urspruengliche Idee, alles auf einer Leitung mit einer Vierdraht-Verkabelung zu realisieren, wurde schnell wieder ad acta gelegt, da sich, so Braun, "dieses Vorhaben vor drei Jahren wirtschaftlich noch nicht rechnete". Letztlich fiel die Entscheidung zugunsten einer gemischten Topologie aus: Die Inhouse-Verkabelung der Datenkommunikation erfolgte auf Basis von Lichtwellenleiter-Ethernet, waehrend fuer die TK-Anlagen im Inhouse- Bereich die alten Telefonkabel verwendet wurden. In bezug auf die Ethernet-Verkabelung dachte man bei Vorwerk von Beginn an flaechendeckend. Jeder Bueroraum erhielt entsprechende Anschlussdosen, so dass rund 1200 Anschlussmoeglichkeiten entstanden.

Parallel zu dem Ethernet-Ausbau baute Vorwerk die Terminals ab. Neuer Desktop-Standard waren industriekompatible PCs mit einer Intel 386-SX-CPU als Mindestausstattung. Dies hing mit der strategischen Unternehmensentscheidung fuer die grafische Betriebssystem-Erweiterung Windows zusammen, deren Einsatz als abteilungsuebergreifende, einheitliche Benutzeroberflaeche geplant war.

Die Entscheidung fuer Windows fiel, so IT-Leiter Braun, mit der Einfuehrung von Ethernet. "Jeder Arbeitsplatz sollte mit jedem anderen Arbeitsplatz kommunizieren koennen, theoretisch und praktisch", begruendet Braun die Wahl der grafischen Oberflaeche. Ausgangspunkt war Windows 286. Dafuer hatte sich die DV-Abteilung entschieden, wohl wissend, dass nicht alle vorhandenen Applikationen sofort durch Windows-Anwendungen ersetzbar waren. Das spaetere Upgrade von Windows 286 auf Windows 386 im Netz brachte dann relativ viele Probleme mit sich. Als Testkunde erbrachte Vorwerk viele Vorleistungen, da Windows damals noch vor der Freigabe des Netzwerkherstellers im DEC-basierten Vorwerk-Netz eingesetzt wurde.

Oberhalb der Windows-PCs arbeiten Server von DEC, da die Hauptentwicklungsrichtung bei Vorwerk damals wie heute Adabas/Natural von der Software AG ist. Da Natural Adabas nur auf dezentralen VMS-Rechnern sinnvoll einsetzbar war, ergab sich eine gewisse Praeferenz fuer DEC-Rechner unterhalb der Host-Ebene.

Zum gleichen Zeitpunkt stellte DEC fuer die dezentrale Ebene sein Pathwork vor. In einem kleinen Netz mit vier Mitarbeitern wurden die damals noch in den Kinderschuhen steckenden Systeme bei Vorwerk ausprobiert. Nachdem die Tests positiv verliefen, schrieb man erste kleine Anwendungen fuer PCs als Terminalersatz. Die Akzeptanz der Kombination von PC-, Mini- und Host-Anwendung gab Auftrieb fuer die weitere Entwicklung dezentraler Client-Server- Applikationen.

In den letzten Jahren hat sich folgende DV-Landschaft bei Vorwerk herauskristallisiert: Auf der Host-Ebene werden die zentralen Daten saemtlicher Abteilungen vorgehalten. Im Einsatz sind IBM- Host-kompatible Rechner, die ueber ein DEC-SNA-Gateway mit den Micro-VAX von DEC verbunden sind. Die DEC-Maschinen fungieren als verteilte Server-Ebene und fahren noch vereinzelt Mini-Host- Anwendungen.

Als Terminals dienen heute nur noch PCs, die ueber entsprechende Terminalemulationen mit den Servern verbunden sind. Die Vernetzung der VAX-Rechner mit den Windows-PCs erfolgt via Ethernet. Von Applikationen, die sowohl unter DOS als auch unter Windows laufen, hat man sich mittlerweile wegen des zu hohen Supportaufwandes weitestgehend verabschiedet. Klare Vorgabe fuer alle Applikationen bei Vorwerk ist die Lauffaehigkeit unter Windows.

In der Anfangsphase, erinnert sich IT-Chef Braun, gab es lange Zeit Probleme, eine gute Windows-Software zu finden, die ueber das VMS-Gateway die Kommunikation mit dem IBM-Host fuehren konnte. Mittlerweile kennt Braun mehrere Firmen, die stabile Loesungen anbieten, so dass hier kein Engpass mehr zu befuerchten ist.

Nachdem alle Voraussetzungen geschaffen waren, stand bei Vorwerk zunaechst die Einbindung der Arbeitsplaetze in das Netz im Vordergrund. Vor drei Jahren waren rund 50 PCs miteinander verbunden, im zweiten Jahr kamen noch einmal 100 Arbeitsplaetze hinzu, und im dritten Jahr weitere 200. "Die Bedarfsobergrenze", schaetzt Braun, "duerfte bei etwa 450 PCs im Netz liegen."

Etwas ueberrascht war man zu Anfang von dem hohen Supportaufwand, der mit dem Umstieg verbunden war. Die DV-Abteilung reagierte schnell und begleitete die Umstellung mit intensiven Schulungen. Hierzu wurden viertaegige Einfuehrungsseminare veranstaltet, die bei der Windows-Umgebung begannen und bei Arbeitsbeispielen mit Windows-Programmen wie Excel oder Winword endeten. Nach diesen Kompaktschulungen ging der Supportaufwand laut Braun signifikant zurueck. Nach Ueberwindung der Anfangsschwierigkeiten bearbeiten immer mehr Mitarbeiter Problemstellungen nicht mehr mit Sonderprogrammen auf der Host-Ebene, sondern mit Windows- Applikationen auf den Arbeitsplatz-Rechnern.

In der Buerokommunikation beschraenkte man sich im Alltagsbetrieb zunaechst im wesentlichen auf die Netzgrundfunktionen wie File- Transfer und Print-Services. Parallel zur Umsetzung der Client- Server-Orientierung wurde ein weiteres Vorhaben als Pilotprojekt konzipiert: Die Fortfuehrung der Integration von Sprach- und Datenkommunikation via ISDN bis zu den Endgeraeten am Arbeitsplatz.

Ueber effektivere Kommunikationsloesungen insbesondere im Zulieferbereich dachte das Unternehmen schon seit laengerem nach. Die urspruengliche Idee, den Datenaustausch ausschliesslich ueber Edifact zu realisieren, haette die ueberwiegend kleinen Zulieferer finanziell ueberfordert. Deshalb wurden auf Abteilungsebene Faxgeraete gekauft. Unter Windows erstellte Dokumente wurden ueber einen Abteilungsdrucker ausgegeben und manuell via Abteilungsfaxgeraet versandt. Allerdings zeigte sich schnell, dass dies nur eine Uebergangsloesung sein konnte.

Bei Vorwerk begann die Suche nach einer Loesung, die aus allen Windows-Applikationen den direkten Dokumentenversand unter Umgehung spezieller Endgeraete unterstuetzen sollte. Darueber hinaus sollte die neue Software Fax-3-faehig sein und Migrationsmoeglichkeiten zu den ISDN-Telematikdiensten bieten. Aus Sicherheits- und Kostengruenden forderte das Pflichtenheft eine Client-Server-Architektur, da nicht fuer jeden Arbeitsplatz zusaetzliche Kommunikationshardware gekauft werden sollte.

Die Entscheidung bei Vorwerk fiel zugunsten von "Citt" aus, einer integrierten ISDN-Buerokommunikationsloesung, die am analogen Anschluss die Faxkommunikation der Gruppe 3, am ISDN-Anschluss saemtliche ISDN-Dienste unterstuetzt. Diese Acotec-Loesung nutzt die grafische Oberflaeche von Windows und ist in einer LAN-Umgebung einsetzbar. Der Anwender gestaltet mit einer beliebigen Windows- Applikation sein Dokument und uebergibt den Sendeauftrag an einen Kommunikations-Server, der im Store-and-forward-Prinzip alle aus dem Netz eingehenden Kommunikationsauftraege abarbeitet.

Installiert wurde Citt im Vorwerk-LAN unter Windows 3.1 auf der Anwenderebene und auf einem 386er PC unter DOS, der als Kommunikations-Server dient. Da zu Beginn des Tests noch keine ISDN-Adapterkarten mit Fax-3-Funktionalitaet verfuegbar waren, wurden zwei Server installiert. Der eine uebernahm die Abwicklung der analogen Faxkommunikation, der andere wurde fuer die ISDN- Kommunikationsdienste genutzt.

Zunaechst testeten einzelne Mitarbeiter im Rahmen von Pilotversuchen die neue Kommunikationsloesung. Dabei war das Anwenderecho, so Braun, zum ueberwiegenden Teil positiv. Die Moeglichkeit, direkt aus der Anwendung zu faxen, ueberzeugte die meisten Benutzer.

In der Pilotphase erfolgt die Verwaltung der ausgehenden Faxe noch bei den Anwendern selbst in ihren lokalen Journalen. Im Aufbau befindet sich zur Zeit ein firmenweites Adressbuch, das zentral alle relevanten Adressen erfassen soll und via Netz jedem Anwender zur Verfuegung steht.

Nach ueber einjaehriger Testphase ist der IT-Leiter Braun mit der integrierten ISDN-Buerokommunikation Citt zufrieden, "der Einsatz im Windows-Netz bietet uns signifikante Optimierungspotentiale". Die Pilotanwender haben die eingesetzte Loesung sofort akzeptiert, weil die Bedienung intuitiv unter der gewohnten Windows-Oberflaeche erfolgt, was die Arbeitsablaeufe entscheidend vereinfacht.

Allerdings, so das Fazit bei Vorwerk, reicht fuer den grossen Praxisbetrieb eine DOS-basierte Server-Loesung nicht mehr aus. Hier planen die Verantwortlichen, Citt auf einem Unix-Server einzusetzen, bei dem alle kritischen Ressourcen kaskadierbar sind.

*Christian Zillich ist Marketing-Leiter bei der Acotec GmbH in Berlin.

Schnelle Anwenderakzeptanz fand die Citt-Kommunikationsloesung, da die Bedienung dem Prinzip der Windows-Oberflaeche folgt.