Messe-Rundgang: Tablet PCs und Windows Powered Smart Displays

Microsofts mobiles Duett im Vergleich

28.02.2003
HANNOVER (hi) - Mobile Computing steht in diesem Jahr bei Microsoft hoch im Kurs. Das Unternehmen präsentiert den Messebesuchern mit der "Windows XP Tablet PC Edition" und den "Windows Powered Smart Displays" gleich zwei Konzepte für das mobile Arbeiten. Entsprechende Geräte findet der Besucher zudem bei den zahlreichen Hardwarepartnern von Microsoft.

Mit dem Tablet PC und den Windows Smart Displays demonstriert Microsoft (Halle 4) auf der CeBIT gleich zwei Ansätze, die dem PC-Benutzer zu mehr Bewegungsfreiheit abseits des Schreibtischs verhelfen sollen.

Der grundlegende Unterschied zwischen den Tablet PCs und den Windows Smart Displays, die auf der CeBIT ihre Europa-Premiere feiern, besteht darin, dass es sich bei Ersteren um komplette PCs mit Stifteingabe handelt, während die Smart Displays quasi als Fernsteuerung für den stationären PC fungieren. Obwohl die Geräte eher im Consumer-Bereich positioniert sind, erfolgt die Verbindung zum PC über Wireless LAN (802.11b) anstatt mit Bluetooth.

Freiheit für zu Hause

Auf diese Weise kann der Benutzer etwa von der Couch oder aus dem Garten E-Mails abrufen, im Web surfen, Musik hören oder andere Applikationen starten, die auf dem PC installiert sind. Entsprechende Einsatzszenarien demonstriert Microsoft unter anderem im Zelt "Windows Powered Smart Display Experience Center" zwischen Halle 17 und 18. Obwohl bereits eine ganze Reihe von Herstellern entsprechende Geräte angekündigt haben, wird der Messebesucher nur bei wenigen Ausstellern fündig. So haben Philips (Halle 21, Stand B06), Viewsonic (Halle 21, Stand B57), NEC (Halle 21, Stand B57) sowie Wyse Technologies (Halle 6, Stand A38) entsprechende Geräte sicher im Gepäck. Bei Samsung und LG Electronics stand dies bis Redaktionsschluss noch nicht definitiv fest. LG zeigt eventuell in Halle 24, Stand C4, einen Prototypen.

Damit die Kombination aus PC und Smart Display funktioniert, muss auf dem Arbeitsplatzrechner Windows XP Professional installiert sein, denn die Smart Displays verwenden zur Kommunikation das "Remote Desktop Protocol" des Betriebssystems.

Zugegeben, die Smart Displays sind vom Design her ein Augenschmaus, doch angesichts der hohen Verkaufspreise - das 15-Zoll-Display von Philips kostet im Komplettpaket fast 1700 Euro - stellt sich die Frage, ob der Anwender nicht mit einem der im November 2002 vorgestellten Tablet PCs besser bedient ist. Diese kosten zwar noch mehr, fungieren dafür aber als kompletter PC, wie Microsoft auf dem Messestand in Halle 4 zeigt.

Zwar hat Microsoft den Hardwareherstellern gewisse Anforderungen für die Tablet-Rechner ins Stammbuch geschrieben, doch dies schränkt laut Produkt-Manager Bastian Braun die Gestaltungsmöglichkeiten wenig ein. So fordert Microsoft im Gegensatz zu den durch Berührung zu steuernden Bildschirmen (Touchscreens) der Pocket PCs oder Smart Displays für den Tablet ein elektromagnetisches Digitizer-Display, das über einen Stift bedient wird. Der Vorteil dabei ist, dass der Stift nicht direkt auf dem Bildschirm aufliegen muss, sondern bereits aus einem Abstand von einem Zentimeter wirkt. Gleichzeitig ersetzt das Werkzeug die übliche Maus oder den Trackball.

Ferner hat der Tablet PC dem Microsoft-Pflichtenheft zufolge auf herkömmliche Schnittstellen wie serielle und parallele Ports zu verzichten. Der Anschluss von Peripheriegeräten erfolgt mittels USB und ergänzend Firewire. Eine weitere wichtige Anforderung war, dass der Bildschirm der digitalen Schreibbretter ein Arbeiten sowohl im Hoch- als auch im Querformat erlaubt.

Angesichts dieser Vorgaben kristallisierten sich zwei Konstruktionskonzepte heraus: Hybridsysteme, die einem Subnotebook mit Tastatur und Touchpad ähneln, sowie reine Tablets(Slates), an die sich optional eine Tastatur anschließen lässt. Aufgeklappt lassen sich die Hybride wie ein Notebook nutzen, während sie zugeklappt als reines Tablet fungieren. Vertreter dieses Ansatzes sind hierzulande Acer (Halle 25, Stand D40), Toshiba (Halle 1, Stand 6h2) sowie HP/Compaq (Halle 1,Stand 7i2). Fujitsu-Siemens (Halle 1, Stand 5e2), Viewsonic (Halle 21, Stand B57) und Paceblade (auf dem Microsoft-Stand) integrieren dagegen keine Tastatur.

Leistungsspektrum

Sieht man von diesem Unterschied einmal ab, so wird die weite Preisspanne der Geräte von 2400 bis 3800 Euro nicht auf den ersten Blick verständlich. Erst eine Betrachtung des technischen Innenlebens der Tablet PCs erklärt die Differenzen. Vom Mobile Pentium 3 mit 800 Megahertz über den Transmeta-Prozessor Crusoe TMS 5800 mit einem Gigahertz bis hin zum mit 1,33 Gigahertz getakteten Pentium reicht das Leistungsspektrum. Paart ein Hersteller, wie etwa Acer, nun den Pentium 800 mit einem günstigen Grafikchipsatz, der nur über 8 MB RAM verfügt, so ist die Produktion eines günstigen Tablet für 2400 Euro möglich. Bei grafikintensiven, bewegten Anwendungen geht das Gerät jedoch chancenlos in die Knie. Hier erlauben Konkurrenzmodelle wie HP/Compaqs "TC 1000" mit einer Grafikkarte "Geforce 2 Go 100" von Nvidia oder Toshibas "Protégé 3500" ein deutlich flotteres Arbeiten.

Ein weiteres Differenzierungsmerkmal ist die Bildschirmgröße. Während Paceblade und Toshiba eine 12,1-Zoll-Anzeige verwenden, setzt der Rest der Hersteller auf das preisgünstigere 10,4-Zoll-Format. Darüber hinaus hatte Paceblade bei der Realisierung seines Displays eine pfiffige Idee: Es ist Digitizer und Touchscreen in einem. Auf dem Bildschirm lässt sich eine große Tastatur einblenden, so dass das "Pacebook Tablet" etwa Journalisten als elektronische Reiseschreibmaschine dienen kann. Der Anschlag einer mechanischen Tastatur wird dabei mit Hilfe eines Klicktons simuliert.

Ausstattungsmerkmale

Sieht man einmal vom billigsten Acer-Modell ab, das ohne eingebaute WLAN-Ausstattung ausgeliefert wird (der größere Bruder mit WLAN kostet 200 Euro mehr), zeigen sich alle Geräte kontaktfreudig: Fast Ethernet, Modem und WLAN-Zugang sind Standard. Besser ausgestattete Modelle verfügen zudem über Bluetooth und Infrarot-Schnittstelle. Ergänzt um integrierte Lautsprecher, Mikrofon, PC-Card-Slot und Anschlussmöglichkeiten für Tastatur oder Peripheriegeräte wie DVD oder CD-ROM stellen die Tablet PCs einen vollständigen Notebook-Ersatz dar.

Mit ihren für den Tischeinsatz konzipierten Brüdern haben die Tablets ein Manko gemeinsam: Sie wollen pfleglich behandelt werden. Selbst edle Designer-Gehäuserahmen aus Magnesium- oder Titan-Legierung und glasfaserverstärkte Kunststoffbauteile können über eines nicht hinwegtäuschen:

Ein lässig während der morgendlichen Patientenvisite in der Armbeuge gehaltener Tablet PC überlebt einen Absturz auf den Boden nicht unbeschadet. Ferner vermitteln die Abdeckungen der Peripherie-Anschlüsse teilweise - wie etwa bei HP/Compaqs TC 1000 - einen so filigranen Eindruck, dass der Benutzer Angst bekommt, sie könnten bereits beim genauen Hinschauen abbrechen.

Kritikpunkte, die aber der Begeisterung der Anwender wohl keinen Abbruch tun. Während Marktforscher wie IDC den Tablet PCs für 2003 kaum ein Marktpotenzial zutrauten, eroberte die neue Gerätegeneration bereits im vierten Quartal 2002 nach Angaben des Marktforschungsinstituts Context aus dem Stand einen Marktanteil von einem Prozent unter den portablen Rechnern. Und dies, obwohl der Verkauf erst am 7.November begann. Mit 38,5 Prozent stand das HP/Compaq-Modell dabei in der Käufergunst an erster Stelle, gefolgt von Acer mit 24,3 Prozent.

Zwar lassen sich unter Microsofts Windows XP Tablet Edition alle Anwendungen nutzen, die mit dem Betriebssystem Windows XP laufen. Ihr wahres Potenzial offenbart die neue Gerätegeneration jedoch mit Software, die vollständig auf die Stifteingabe abgestimmt ist.

Stiftfähige Applikationen hatten zum Start des Tablet PC bereits über 20 Softwareanbieter angekündigt, darunter bekannte Namen wie Adobe, Corel, SAP, Siebel oder Autodesk. Lediglich ein kleiner Teil dieser Hersteller zeigt seine Anwendungen jedoch auf der CeBIT.

SAP (Halle 4, Stand D12 - 18)hat Mysap CRM um mobile Gerätefunktionen wie Stifteingabe, Handschriftenerkennung und Spracheingabe erweitert. Auf diese Weise können sich Außendienstmitarbeiter mit dem Stift durch die verschiedenen Arbeitsebenen navigieren und handschriftlich direkt auf dem Bildschirm Notizen eingeben. Zudem können so Aufträge direkt auf dem Tablet PC unterschrieben werden und die digitale Signatur dann in das Unternehmenssystem einfließen.

Formularbearbeitung

Scansoft Inc. (Halle 9, Stand E30, sowie Messestände von HP und Microsoft), bekannt durch Anwendungen wie "Omnipage" oder "Omniform", hat ebenfalls Stiftlösungen erarbeitet. Auf der Messe demonstriert Scansoft, wie mit Omniform, einer Applikation zum Umwandeln von Papierformularen in XML-, HTML- oder Portable Document Format (PDF), digitale Formulare von Hand ausgefüllt werden. Die Handschriftenerkennung des Tablet PC digitalisiert diese Informationen dann. Ferner stellt das Unternehmen seine Tools für die Umwandlung von Text in Sprache sowie automatische Spracherkennung (Automatic Speech Recognition = ASR) nun auch Tablet-PC-Entwicklern zur Verfügung. Ebenfalls Tablet-PC-fähig ist "Paperport", eine Anwendung zum Scannen, Organisieren und Verteilen von Papier- und Digitaldokumenten.

Nicht auf der Messe anzutreffen ist dagegen die kanadische Softwareschmiede Corel, die mit "Grafigo" ein Tool zur Digitalisierung von Skizzen im Portfolio hat. Mit Hilfe einer Symbolerkennung, so verspricht Corel, wandelt Grafigo handschriftliche Zeichnungen automatisch in präzise Grafiken um.

Geografische Skizzen

Der Dokumentation von räumlichen Daten oder Skizzen auf dem Tablet PC widmet sich die Esri Geoinformatik GmbH aus Kranzberg bei München. Der Hersteller von geografischen Informationssystemen (GIS), der in Hannover auf dem Acer-Stand (Halle 25, Stand D40) zu finden ist, sieht das Einsatzgebiet seiner Software "Arcgis" etwa bei der Unfallaufnahme im Straßenverkehr, der Dokumentation von Leitungsnetzen oder der Kartierung von Naturgefahren.

Eine Liste mit weiteren Herstellern, die spezielle Applikationen für den Tablet PC anbieten, ist im Internet unter http://www.microsoft.com/windowsxp/tabletpc/partners/default.asp zu finden.

Aussteller

Tablet PC

Microsoft, Halle 4

Acer, Halle 25, Stand D40

HP, Halle 1, 7i2

Fujitsu-Siemens, Halle 1, 5a2

Paceblade, Halle 4 bei Microsoft

Toshiba, Halle 1, 6h2

Viewsonic, Halle 21, B57

Applikationen für Tablet PCs

SAP, Halle 4, D12 - 18

Scansoft, Halle 9, E30, sowie Messestände von HP und Microsoft

Esri Geoinformatik, Halle 25, D40

Windows Smart Displays

Microsoft, Halle 4

Smart Display Experience Center, Zelt zwischen Halle 17 und 18

LG Electronics Halle 21, C4

NEC, Halle 2, B20

Philips, Halle 21, B06

Viewsonic, Halle 21, B57

Wyse Technologies, Halle 6, A38

Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und basiert auf Herstellerangaben.