Componentware

Microsofts Erbgut

23.01.1998

Im Herbst 1997 hat Microsoft die "Distributed interNet Architecture" angekündigt. DNA baut auf dem bereits bekannten Component Object Model (COM) auf. Ein weiterer Bestandteil ist die Active-X-Technik.

Elemente davon, die Active-X-Controls, haben bereits einige Namensänderungen hinter sich; sie sind aus Visual Basic und den OLE-Control-Extensions (VBX und OCX) hervorgegangen. Schon mit ihnen ließen sich Komponenten zu Anwendungen zusammensetzen.

Microsoft ergänzte die Spezifikationen seiner VBX, um auch kleine über das Netz verteilbare Komponenten zu unterstützen, und nannte das Ergebnis Active-X. Dies war schon früh mit Sicherheitsproblemen verknüpft. Kein Wunder also, daß Microsoft versucht, dem Kind einen neuen Namen zu verpassen.

Im Fahrwasser der Java-Begeisterung entstand mit den Java-Beans ein weiteres Objektmodell, das eine plattformübergreifende Zusammenarbeit von Programmen (in diesem Fall nur von Java-Programmen) zum Ziel hat. Insbesondere darauf reagiert Microsoft mit DNA. Deshalb gehören zu DNA auch ein eigenes "dynamisches HTML" und die Möglichkeit, Browser - vorzugsweise den Internet Explorer von Microsoft - als Front-end für verteilte Anwendungen zu nutzen.

DNA ist zunächst eher ein Schachzug des Marketings. Erst mit den kommenden Windows-NT-Versionen werden nach und nach neue Services verfügbar. Vieles soll als Standard-Server-Infrastruktur zur Verfügung stehen, was dem Entwickler nun eine Menge Arbeit abnimmt, die er zuvor selbst schreiben mußte. Der Microsoft-Programmierer kennt die Möglichkeiten seiner Welt und nutzt sie.

Ein Entscheider sucht hingegen nach übergreifenden Schnittstellen, Alternativen und Standards, die ihn etwas weniger abhängig von einem monopolartigen Hersteller machen oder die Heterogenität besser unterstützen. Für ihn ist die Art, wie Microsoft seine Techniken darstellt, nebulös. Es entsteht sogar der Eindruck, daß eine gewisse Unklarheit durchaus in Microsofts Sinne liegt. Bei DNA drängt sich der Verdacht auf, daß es den Redmondern auch darauf ankommt, Anwender und Entwickler zu verunsichern, die begonnen haben, mit Java zu programmieren und damit der Sun-Schiene folgen.Dieter Sinn