Microsoft will Softwarekauf vereinfachen

02.07.2008
Mit "Select Plus" möchte der Hersteller die Kritik an komplexen Lizenzmodellen ausräumen.

Mit "Select Plus" richtet sich Microsoft in erster Linie an Mittelständler und Großunternehmen. Sie können mit dem Lizenzprogramm ab Oktober dieses Jahres ihren Softwareeinkauf in einem einzigen Vertrag bündeln. Dieser soll global und unbefristet gelten, gab der Softwarekonzern bekannt. Alle Geschäftseinheiten des Anwenderunternehmens würden unter einer zentralen Kunden-ID zusammengefasst. In der Folge fließe jede Software, die unter dieser Kunden-ID eingekauft wird, in das entsprechende Rabattmodell ein. Anwender könnten so höhere Rabattstaffeln erzielen und ihre Softwarekosten senken, versprechen die Microsoft-Verantwortlichen.

Weniger Geld für Microsoft?

Mit dem Select-Plus-Modell vereinfache Microsoft sein Lizenzangebot, sagt Robert Helgerth, Director Mittelstand & Partner von Microsoft in Deutschland. "Durch die Bündelung aller weltweiten Lizenzen sparen die Kunden zudem beim Kauf neuer Software." Neben Preisvorteilen durch höhere Rabatte profitierten die Kunden auch durch ein einfacheres Lizenz-Management, heißt es bei Microsoft. Demnach können Anwender unter dem einheitlichen Select-Plus-Vertrag ihre Software effizienter und transparenter verwalten. Manche Firmen würden bis zu 60 Prozent zu viel für ihre Softwarenutzung ausgeben, berichtet Microsoft unter Berufung auf eine Gartner-Studie. Darüber hinaus falle es gerade Mittelständlern immer schwerer, angesichts globaler Expansion und Konsolidierung ihre Softwareverwaltung im Griff zu behalten.

Microsoft bemüht sich seit Jahren, seine Lizenzkonditionen zu vereinfachen. Anwender hatten den Softwareriesen in der Vergangenheit oft wegen zu komplexer Konditionen kritisiert. In der Folge hatten die Verantwortlichen die Zahl der Lizenzprogramme bereits drastisch reduziert - von über 100 im Jahr 2006 auf derzeit 26.

Damit reagierte der Softwarekonzern auf den wachsenden Ärger der Kunden. Eine Umfrage von Forrester Research Anfang des Jahres hatte jedoch ergeben, dass ein Großteil der Anwender mit den Lizenz- und Pricing-Konditionen der Softwarehersteller immer noch unzufrieden ist. Die Nutzer vermissten Klarheit und Transparenz darüber, was sie für ihr Geld bekämen, fassen die Analysten die Kritik zusammen. Oft sei nicht nachvollziehbar, wie Preise, Rabatte und Nachlässe zustande kämen. Außerdem mangele es vielen Lizenzbedingungen an der notwendigen Flexibilität. Mit ihren Konditionen verfehlten die Softwareanbieter die Bedürfnisse und Anforderungen ihrer Kunden.

Angesichts der komplexen Lizenzmaterie raten die Forrester-Analysten Duncan Jones und Christopher Voce den Anwenderunternehmen, Lizenzverhandlungen mit Microsoft gut vorzubereiten. Ein unternehmensweit geltendes Lizenzabkommen zu verhandeln, sei ein Großprojekt. Die Einkäufer müssten genau über das Produkte, Lizenzen und Preise von Microsoft Bescheid wissen und auf der anderen Seite auch den Softwarebedarf des eigenen Unternehmens exakt kennen.

Microsoft macht es Kunden nicht leicht

Dabei mache es Microsoft den Softwareeinkäufern nicht leicht, kritisieren die Experten von Forrester. Zwar sei eine gewisse Komplexität angesichts der breiten Produktpalette nicht zu vermeiden. Der stark modularisierte Lizenzansatz des weltweiten größten Softwareherstellers sei jedoch alles andere als kundenfreundlich, bemängeln die Analysten. Anstatt Lizenzpakete für Anwendungen inklusive der dafür notwendigen Infrastrukturtechnik zu schnüren, verkaufe Microsoft einzelne Softwarekomponenten. Dabei sei es für die Anwender jedoch schwer, immer alle Abhängigkeiten zwischen einzelnen Produkten im Auge zu behalten und beim Kauf zu berücksichtigen. Dazu komme, dass Microsoft diese internen Abhängigkeiten im eigenen Produktportfolio oft ändere.

Ungeliebte Software Assurance

Schwierig zu kalkulieren ist aus Forrester-Sicht auch der Wert von Microsofts Software Assurance (SA). Microsoft verlange 25 Prozent der Lizenzkosten von Server-Produkten für deren Wartung und 29 Prozent der Desktop-Software-Kosten für den Support. Das sei eines der teuersten Geschäftsmodelle im gesamten Softwaremarkt. Darüber hinaus würden Kunden von SA nur profitieren, wenn sie innerhalb der dreijährigen Laufzeit auch Upgrades für ihre eingesetzten Softwareprodukte bekämen. Das sei in der Vergangenheit jedoch oft nicht der Fall gewesen, da sich Microsoft mit der Auslieferung wichtiger neuer Releases teilweise stark verspätet hatte. Der Konzern bemühte sich, den Ärger der Kunden mit Nutzungsrechten für zu Hause und Schulungsgutscheinen zu besänftigen. Für die Anwenderfirmen steht jedoch nach wie vor das Recht im Vordergrund, ihre Applikationen immer auf dem neuesten Stand zu halten.

Da die Erwartungen in die Softwareversicherung oft enttäuscht wurden, haben viele Microsoft-Kunden sie nicht verlängert. Laut einer Forrester-Umfrage im vergangenen Jahr gaben lediglich knapp ein Viertel der befragten Firmen an, ihren SA-Vertrag verlängern zu wollen. 26 Prozent der Unternehmen verneinten dies.

Microsoft hält trotz aller Pannen und dem damit verbundenen Ärger der Kunden an seinem SA-Modell fest - sorgt das Wartungsmodell doch für kontinuierliche Einnahmen. Um diese Quelle nicht versiegen zu lassen, macht Microsoft beim Kauf bestimmter Produkte wie beispielsweise Vista Enterprise mittlerweile den Abschluss eines SA-Vertrags zur Bedingung.

Select Plus - die Fakten

  • Firmen, die sich für Select Plus interessieren, müssen mindestens 250 PCs mit Microsoft-Programmen bestückt haben.

  • Microsoft wird Select Plus ab Oktober 2008 anbieten.

  • Ein Select-Plus-Vertrag gilt global und unbefristet.

  • Umsteigen können die Anwender, wenn ein bereits bestehender Vertrag ausläuft. Weitere Lizenzverträge können in der Folge unter dem Select-Plus-Programm konsolidiert werden.

  • Gebühren für die Vertragsumstellung werden nicht fällig.

  • Unter Select Plus lässt sich bei jeder Softwarebestellung separat für jede Lizenz ein Software-Assurance-Vertrag mit einer Laufzeit von 36 Monaten abschließen.

Neun Tipps für die Lizenzverhandlungen

  1. Organisieren Sie den Softwareeinkauf als konzertierte Aktion. Mitarbeiter aus der IT, den Fachabteilungen und dem Einkauf müssen dabei an einem Strang ziehen.

  2. Machen Sie sich mit Microsofts Lizenz-Fachjargon vertraut. Nur wer mit Begriffen wie CAL (Client Access License) und EA (Enterprise Agreement) hantieren kann, bekommt auch die Preisverhandlungen in den Griff.

  3. Machen Sie eine Softwareinventur. Damit signalisieren Sie, dass Sie Ihr Lizenz-Management im Griff haben. Microsoft vergibt Rabatte lieber an Firmen, die nachweisen können, dass sie keine Compliance-Probleme fürchten müssen.

  4. Eruieren Sie genau den künftigen Softwarebedarf. So verhindern Sie, dass Ihnen der Microsoft-Verkäufer zu viel aufschwatzt. Außerdem lassen sich mit einer möglichst realitätsnahen Prognose auch die Rabattstaffeln exakter kalkulieren. Wer seinen Bedarf zu hoch ansetzt und dabei nur auf die Rabatte schielt, zahlt am Ende drauf, wenn er weniger Software benötigt oder die Programme nicht brauchen kann.

  5. Rechnen Sie verschiedene Lizenzmodelle durch und behalten Sie dabei neben den Kosten auch die Flexibilität im Auge: Enterprise Agreements sind zwar in den Lizenzpreisen günstiger, zwängen die Kundenfirmen jedoch in ein starres Lizenzkorsett. Open License und Select kosten etwas mehr, lassen jedoch mehr Freiräume.

  6. Schauen Sie bei den Verhandlungen nicht nur auf den Preis. Gerade wenn es im Zusammenhang mit neuen Produkten um Beratung, Implementierung und Schulung geht, muss das Gesamtpaket stimmen. Wer nur den Lizenzpreis verhandelt, kommt am Ende womöglich teurer weg, wenn alle anderen Leistungen separat abgerechnet werden.

  7. Lassen Sie sich nicht mit den Standardrabatten abspeisen, sondern fragen Sie nach weiteren Nachlässen. Das können beispielsweise auch zusätzliche Beratungs- und Implementierungsleistungen sein.

  8. Verschaffen Sie sich in Gesprächen mit den eigenen IT-Mitarbeitern und dem Softwarehersteller einen Überblick über Microsofts kurz- und langfristige Produkt-Roadmaps. So können Sie den besten Kaufzeitpunkt herausfinden und ausrechnen, ob sich eine Software Assurance lohnt.

  9. Planen Sie die Lizenzverhandlungen rechtzeitig. Wenn Sie unter Druck stehen, den Deal und das damit verbundene Projekt schnell unter Dach und Fach zu bringen, spielt das dem Verkäufer in die Hände. Haben Sie den Vertriebler erst einmal am Haken, lassen Sie ihn ruhig etwas zappeln. Gerade zum Quartalsende könnte noch der eine oder andere Nachlass herausspringen.