Experten sehen Parallelen zu Netscape

Microsoft will Real Networks vom Markt drängen

05.05.2000
MÜNCHEN (CW) - Ereilt Real Networks das gleiche Schicksal wie Netscape? Diese Frage stellen sich viele Branchenbeobachter angesichts des Kampfes zwischen Real Networks und Microsoft um die Vorherrschaft bei Streaming-Media-Technik.

Um Musik-, Radio- oder Videoinhalte, auch Streaming-Media genannt, über das Internet zu konsumieren, benötigen Surfer eine spezielle Client-Software. Real Networks ist mit "Realplayer" Marktführer bei Client-Software zum Abspielen von Streaming-Media-Inhalten. Vor allem möchte Real Networks an Server-Software verdienen, die Inhaltsanbieter benötigen, um Streaming-Content zu erzeugen und auf ihren Websites zur Verfügung zu stellen.

73 Prozent aller Internet-Surfer haben laut einer Umfrage des US-Marktforschungsunternehmens PC Data den Realplayer installiert. Microsoft versucht dem Unternehmen in altbekannter Manier die Vormachtstellung streitig zu machen und vertreibt sein Konkurrenzprodukt "Windows Media Player" gemeinsam mit seinen Betriebssystemen, außerdem ist die Software Bestandteil des "Internet Explorer". Die Strategie trägt Früchte: Nach Angaben von PC Data sind die PCs von 57 Prozent der Surfer inzwischen mit diesem Produkt ausgestattet, wobei viele zwei oder sogar mehrere Clients auf ihren Computern einsetzen. Gleichzeitig baute Microsoft seine Streaming-Server-Produkte in die Betriebssysteme Windows NT und 2000 ein, wobei der Anwender im Gegensatz zu den Produkten von Real Networks dafür nichts zusätzlich bezahlen muss. Genauso war Microsoft verfahren, um Netscape seine Marktführerschaft bei Internet-Software streitig zu machen.

Dass Real Networks die Bedeutung des Konkurrenten hoch einschätzt, wird dadurch untermauert, dass die Firma das "Windows Media Software Developers Kit" von Microsoft in Lizenz genommen hat. Zwar vermuten einige Beobachter dahinter eine Kapitulation vor dem Softwareriesen, doch laut Real Networks hat dieser Schritt keinen Einfluss auf die Produktentwicklung. Es gehe lediglich darum, Inhalte im "Windows Media Format" auch über die eigenen Produkte abspielen zu können. Schon heute unterstützen die Softwareprodukte des Herstellers neben dem eigenen viele andere Streaming-Formate.

Den Vergleich mit Netscape will Rob Glaser, CEO von Real Networks, nicht gelten lassen. Seiner Meinung nach spielt sein Unternehmen eher in der Liga der Internet-Anbieter wie America Online, Ebay und Yahoo. Seine Homepage www.real.com baute die Softwareschmiede zu einem Streaming-Portal aus, und mit der Site www.realguide.com schuf die Internet-Company eine Art Programmführer durch die Audio- und Videoangebote im Web.