Kritik an den zu hohen Lizenzkosten häuft sich

Microsoft will Kunden mit niedrigeren Preisen besänftigen

03.12.1998
FRAMINGHAM (IDG) - Nach heftiger Kritik an den hohen Lizenzkosten seit der Einführung des Per-User-Pricing-Modells Ende 1997 überdenkt der Redmonder Konzern erneut seine Preispolitik. Ab Anfang nächsten Jahres sollen die Lizenzverträge für die Thin-Client-Lösung "Windows Terminal Server" (WTS) gelockert werden.

Mit der Abschaffung des Concurrent-Pricings und der schrittweisen Einführung des Per-User-Pricing-Verfahrens hat sich Microsoft die Sympathien etlicher Kunden verscherzt. Bis Ende letzten Jahres konnten Anwender im Rahmen des Concurrent-Pricings ihre einmal gekauften Lizenzen quasi an die Mitarbeiter verteilen. So war es Unternehmen möglich, weniger Kopien von Microsoft-Produkten zu erwerben, weil die einzelnen Softwarepakete von den Mitarbeitern nicht gleichzeitig verwendet wurden. Seit dem Per-User-Pricing-Modell müssen Anwender eine separate Lizenz für jeden Angestellten bezahlen.

Lizenzkosten teils verdreifacht

"Microsoft verkauft seine Pakete zunächst äußerst günstig, um sich rasch Marktanteile zu verschaffen, und führt anschließend Modelle ein, um den Gewinn zu erhöhen, ohne daß die Preise für die einzelnen Produkte selbst steigen", konkretisiert Analystin Mary Welch vom Marktforschungsinstitut Gartner Group, Stanford, Connecticut. Welchs Fazit: Seit der Einführung des Per-User-Verfahrens hat Microsoft die Lizenzkosten in manchen Unternehmen für diverse Produkte verdoppelt oder gar verdreifacht. In dieselbe Kerbe haut Daniel Gasparro, Chief Technologist bei der Beratungsfirma Booz Allen & Hamilton, McLean, Virginia: "Microsofts Preisstruktur ist extrem aggressiv. Entweder der Kunde kauft die komplette Palette, oder er muß Apothekenpreise bezahlen."

Diese Erfahrungen mußte auch das Versicherungsunternehmen Genamerica, ein Großanwender von Microsofts Bürosuite "Office", machen. Der Konzern aus St. Louis, Mississippi, hatte während des Concurrent-User-Verfahrens einige hundert Lizenzen der Sammlung gekauft, weil nie sämtliche Mitarbeiter gleichzeitig mit dem Paket arbeiteten. "Microsofts Argument, wir sollten doch statt dessen Viewer einsetzen, um Dokumente wenigstens lesen zu können, ist geradezu lächerlich", macht Walter Schultz, Vice-President Group Information Systems bei der Assekuranz, seinem Unmut Luft. Genamerica suche deshalb nach Alternativen, um sich aus der Umklammerung Microsofts zu lösen. So ziehe die Versicherung künftig in Erwägung, zusätzlich zu Microsoft Office eine Bürosuite von Lotus zu erwerben.

Derartige Reaktionen will Microsoft künftig mit einem gelockerten Verfahren - zumindest für Kunden des Windows Terminal Server - vermeiden. Ab Anfang kommenden Jahres sollen die Preise für das Thin-Client-Paket der Gates-Company reduziert werden. Konkret soll der Preis für den WTS zunächst für Heimarbeiter attraktiver gestaltet werden. Nach den Worten von Jon Frederiksen, Lead Product Manager bei Microsoft, "wünschen zahlreiche Kunden, sich auch von zu Hause aus auf den Terminal Server einloggen zu können und die Applikationen laufen zu lassen, die im Büro installiert sind". Darüber hinaus ist ein günstigerer Ein- satz des WTS für Internet-Anforderungen geplant. Konkrete Änderungen des WTS-Preismodells will der Konzern Anfang des kommenden Jahres ankündigen.