Microsoft verunsichert Nutzer von Gebrauchtlizenzen

06.03.2007
Gebrauchte Volumenlizenzen sind laut Microsoft oft Raubkopien. Mit dem Hinweis auf mögliche rechtliche Konsequenzen schürt der Konzern Angst.

Wir wollen Unternehmen und vor allem unsere Kunden davor bewahren, unwissentlich Raubkopien einzusetzen, und raten hier zu großer Vorsicht", warnt Werner Leibrandt, Direktor Mittelstand von Microsoft, fürsorglich. Auch wenn der Manager beteuert, es gehe dem Softwarekonzern nur darum, zu informieren - die wirtschaftliche Volumen des Gebrauchtmarktes sei zu vernachlässigen - dürften doch handfeste wirtschaftliche Interessen hinter dieser Kampagne stecken. Seit dem Jahr 2000 blüht der Handel mit gebrauchten Softwarepaketen Microsofts. Seit einiger Zeit versuchen findige Lizenz-Dealer auch Volumenlizenzen zu handeln. Das ist den Microsoft-Verantwortlichen ein Dorn im Auge.

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Deshalb fahren sie jetzt größere Geschütze auf. Unternehmen, die sich für gebrauchte Softwarelizenzen entschieden, installierten oft Raubkopien, heißt es in einer Mitteilung des Softwareherstellers. Grund dafür sei, dass beim Weiterverkauf oftmals die Vertragsbedingungen nicht eingehalten würden. Ist das der Fall, nutzen die Zweitverwerter nach Microsoft-Verständnis Raubkopien. "Dafür kann der Geschäftsführer beziehungsweise Eigentümer des Unternehmens unter Umständen persönlich haftbar gemacht werden", droht der Konzern unverhohlen.

Während der Konzern den Handel mit Einzelpaketen seit einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2000 wohl oder übel zulassen muss, sieht er offenbar bei den Volumenlizenzen noch Chancen, den Gebrauchthandel einzudämmen.

Vervielfältigen ja - verbreiten nein

Kunden von Volumenpaketen schließen den Microsoft-Statuten zufolge einen Vertrag mit Microsoft Ireland Operations Limited. Dieser beinhaltet laut Hersteller das Recht zur Vervielfältigung der Datenträger im Rahmen der Installation. Da dieses Vervielfältigungsrecht nicht unter den Erschöpfungsgrundsatz falle, das heißt mit der Weitergabe nicht an den Käufer übergeht, dürfe es nicht an Dritte weitergegeben werden. Ein Verbreitungsrecht, das sich im Gegensatz dazu mit dem Verkauf jedoch schon erschöpft, erwerben die Microsoft-Kunden laut Rechteinhaber mit einem Volumenvertrag nicht.

Deshalb ist der Gebrauchthandel mit Volumenlizenzen aus Microsoft-Sicht illegal. Allerdings erlaubt ein nach Konzernangaben standardmäßig in den Verträgen enthaltener Passus den Weiterverkauf - jedoch nur zu Microsoft-Bedingungen. Demnach bedarf das spätere Übertragen von Volumenlizenzen an Dritte der Zustimmung des Herstellers. Darüber hinaus dürfen Volumenverträge nur komplett übertragen werden, eine Stückelung des Lizenzpakets erlaubt Microsoft also nicht. Wer gegen diese Regeln verstößt, begeht nach Meinung des Herstellers Vertragsbruch und macht sich schadensersatzpflichtig.

LG Hamburg gegen Microsoft

Diese Einschätzung ist jedoch nicht unumstritten. So hatte im Sommer vergangenen Jahres ein Microsoft-Partner vor dem Landgericht Hamburg gegen den Münchner Lizenzhändler Usedsoft geklagt. Der Vorwurf: Usedsoft habe Lizenzen beworben, die aus der Aufspaltung von Volumenpaketen stammten. Die Hamburger Richter wollten der Argumentation Microsofts nicht folgen. In ihrer Urteilsbegründung heißt es: "Der Verkauf beziehungsweise die Veräußerung einzelner Microsoft-Softwarelizenzen, die zuvor im Rahmen von Volumenlizenzverträgen wie zum Beispiel Select-Verträgen abgegeben worden waren, ist auch ohne Zustimmung von Microsoft wirksam möglich."

Obwohl das Oberlandesgericht Hamburg die Revision des Microsoft-Partners Ende Januar zurückgewiesen hatte, bietet das Urteil kaum Klarheit hinsichtlich des Urheberrechts und damit der Rechtmäßigkeit des Handels mit Gebrauchtsoftware. Die Richtersprüche bezogen sich allein auf Marketing-rechtliche Fragen. Zudem war Microsoft selbst als Rechteinhaber nicht in das Verfahren involviert. Zu guter Letzt enthielten sich die Richter am OLG der Hansestadt im Gegensatz zu ihren Kollegen vom Landgericht in ihrer Urteilsbegründung aller urheberrechtlichen Argumente. Microsoft zufolge macht die Begründung des OLG die Argumentation des Landgerichts zur Makulatur.

Nutzer muss Unschuld beweisen

Trotzdem befürchtet der Konzern offenbar eine gewisse Signalwirkung durch die Hamburger Urteile und versucht nun gegenzusteuern. Dabei holt Microsoft gleich den ganz großen Hammer heraus und behauptet, wer sich nicht an die Regeln halte, setze Raubkopien ein - mit allen rechtlichen Konsequenzen für die Firmenverantwortlichen. Dabei liege die Beweispflicht beim Anwender und nicht bei Microsoft. Wer also in den Ruch komme, Lizenzen widerrechtlich zu nutzen, müsse selbst das Gegenteil beweisen.

Die Händler von Second-Hand-Lizenzen ermahnen Microsoft, eine etwas differenziertere Betrachtungsweise an den Tag zu legen. So warnt USC aus München davor, den Markt pauschal zu kriminalisieren. Wenn sich ein Softwarehändler strikt an die Richtlinien des Herstellers halte, sei gegen die Geschäfte nichts einzuwenden. "80 Prozent der Fälle beim Gebrauchtsoftwarekauf sind juristisch einwandfrei", meint USC-Geschäftsführer Walter Lang.

"Microsoft will Monopol sichern"

"Microsoft führt die Öffentlichkeit bewusst in die Irre, um die eigene Monopolstellung zu sichern", scheut dagegen Peter Schneider, Geschäftsführer von Usedsoft, nicht die Konfrontation mit dem Softwaregiganten. Dies sei nur ein weiterer Versuch, einen jungen Markt zur Sicherung der eigenen Monopolstellung und entgegen aller Tatsachen zu kriminalisieren. (ba)