Kommentar

Microsoft verspielt Vertrauen

14.03.1997

Vordergründig als Diskussion um die Sicherheit im Internet in Zeiten von Active X gestartet, droht die Debatte über Microsofts Zertifizierungskonzept die gesamte Komponenten-Software-Strategie in Mißkredit zu bringen. Schließlich handelt es sich bei Active X um eine Schnittstellen-Definition, die die Gatessche Vision vom Distributed Computing via Internet und Intranet spezifiziert.

Generell dreht es sich bei Active X, wie der Konzern bestätigt, um eine Technologie, die per se nichts mit dem Internet zu tun hat, - und um einen Markt der Zukunft, der nicht zu unterschätzen ist: Diverse Quellen schätzen das Marktvolumen für Active-X-Komponenten im Jahr 2000 auf 1,5 bis zwei Milliarden Dollar. Sollten sich mehr Anwender zu ähnlich drastischen Schritten wie Ciba Geigy entschließen, dürften bei Sunsoft demnächst die Java-Kassen überquellen.

Kein Wunder demnach, daß die Gates-Company, die sich in der Vergangenheit eher als Meister der Informationsverhinderungspolitik bewährte, nun in die Offensive geht und das geneigte Ohr der Öffentlichkeit zur Ehrenrettung von Active X sucht. Sicher, das Herunterladen von Software aus dem Internet und anderen Online-Diensten war schon immer mit Sicherheitsrisiken belastet. Microsoft muß sich aber den Vorwurf gefallen lassen, mit seinen Zertifikaten den Anwender vorsätzlich über die wahren Risiken getäuscht zu haben. Denn was auf den Bildschirmen der Surfer unter dem Stichwort "Authenticode-Sicherheitstechnologie" erscheint, kann wohl nur als Augenwischerei bezeichnet werden.