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Microsoft verschiebt Yukon und Whidbey

11.03.2004
Visual Studio und SQL Server 2005 verschieben sich auf mindestens das erste Halbjahr 2005. Dies dürfte neben ISVs vor allem Anwender mit Software-Assurance-Lizenzen verärgern.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Microsoft setzt zurzeit neue Betaprogramme und Lizenzierungsoptionen für die nächste Generation seiner Datenbank und Entwicklungs-Tools auf, die auf das erste Halbjahr 2005 verschoben wurden.

Sowohl für den SQL-Server-Nachfolger "Yukon" als auch für die nächste Visual-Studio-Version "Whidbey" wird eine zuvor nicht geplante weitere Betatestrunde eingeschoben. Dadurch verzögern sich die Releases der mittlerweile offiziell auf "SQL Server 2005" und "Visual Studio 2005" getauften Pakete gegenüber dem ursprünglichen Fahrplan um bis zu sechs Monate. Whidbey war zuletzt eigentlich für das zweite Halbjahr 2004 angekündigt, Yukon für Ende des Jahres. Man muss nun außerdem davon ausgehen, dass sich auch die übernächste Visual-Studio-Version "Orcas", die für 2005 geplant war, entsprechend verschiebt.

Die Verspätungen treffen sowohl ISVs (Independent Software Vendors), die eigene Produkte in für die neuen Versionen optimierten Ausführungen planen, wie auch Unternehmenskunden, die bereits kurz nach dem Erscheinen auf die neuen Produkte migrieren wollen. Microsoft erwägt daher die Wiedereinführung eines alten Lizenzprogramms, das Entwicklern und Endkunden erlauben würde, die zwischengeschobenen Betas in Deployment-Szenarien einzusetzen. Das so genannte Go-Live-Licensing hatte der Redmonder Konzern Mitte 2001 für den Beta-Code von ASP.NET eingeführt, der schon vor Erscheinen des Visual-Studio.NET-Erstlings verfügbar war.

Allerdings würden Unternehmen die geplanten Betas in Produktionssystemen wohl auf eigene Gefahr nutzen, denn den Go-Live-Code für ASP.NET stellte Microsoft ohne Support bereit. Die Details für Go Live for Visual Studio 2005 sind noch unklar und werden nach Aussagen von Lead Product Manager Ari Bixhorn derzeit noch ausgearbeitet. Tom Rizzo, Director of Marketing für den SQL Server, erklärte bereits, Kunden außerhalb des auf 100 Testkunden beschränkten Betaprogramms würden den Code für Version 2005 ohne Support erhalten.

Als Grund für die inzwischen dritte Verschiebung von Yukon - die Datenbank sollte ursprünglich im Sommer 2003 erscheinen - nannte Microsoft den Wunsch von Kunden und Partnern nach weiteren Tests. Rizzo zufolge stecken weder Änderungen am Code dahinter, die Microsoft im Rahmen seiner Sicherheits-Initiative "Trustworthy Computing" vorgenommen hat, noch eine sich ändernde Vision für .NET oder die Notwendigkeit, Sicherheitslöcher im Zusammenhang mit dem Wurm "SQL Slammer" zu stopfen. "Yukon wird extrem solide", versprach der Marketier.

Die Verspätung von Yukon zieht die von Whidbey nach sich, da beide Produkte eng miteinander verzahnt sind. Die "Common Language Runtime" (CLR) wird in die Datenbank-Engine integriert, weil Visual Studio künftig als Entwicklungsumgebung für SQL Server dient. Die zweite Beta von Visual Studio 2005 ist für die zweite Hälfte 2004 vorgesehen, eine erste Testversion erscheint noch im ersten Halbjahr.

Verspätungen auf Microsofts Produkt-Roadmap sind beileibe nicht ungewöhnlich. Die jüngste Vertagung wird aber vor allem Anwender mit Software-Assurance-Lizenzen verärgern. Diese sehen vor, dass man während der zwei- oder dreijährigen Laufzeit Produkt-Upgrades erheblich günstiger als zum regulären Preis erhält. Wer mit Einführung von Licensing 6.0 Mitte Juli 2002 eine SA-Lizenz für SQL Server mit zwei Jahren Laufzeit erwarb, bekommt Yukon in deren Rahmen definitiv nicht mehr zu sehen. Und auch bei Frühkunden mit Dreijahresvertrag könnte es knapp werden.

Rizzo wollte denn auch eine nochmalige Verschiebung von SQL Server 2005 über die Mitte kommenden Jahres hinaus nicht ausschließen. Die weitere Entwicklung hänge von der Resonanz auf die dritte Yukon-Beta ab, die Ende dieses Jahres herauskommen soll. "Wenn die Kunden ankommen und sagen, wir brauchen noch ein Jahr, dann dauert das noch mal ein Jahr", erklärte Rizzo und ergänzte: "Wir haben niemals ein Update für SA als Teil der Datenbank-Kriterien versprochen." Weswegen sich gewiss so mancher Anwender gut überlegen wird, ob er nach Ablauf seiner SQL-Server-Software-Assurance diesen Vertrag noch einmal verlängert.

Dass .NET aus dem Namen von Visual Studio verschwindet, erklärt Microsoft im Übrigen mit der im vergangenen Jahr veranstalteten Branding-Revision, in deren Rahmen bereits Windows .NET Server 2003 in das schlichtere "Windows Server 2003" umgetauft wurde. Bixhorn zufolge steht dahinter die "Markenkonsistenz". Microsoft stehe weiterhin zu seiner Service-Architektur. Der Konzern hatte im vergangenen Jahr das .NET aus seinen Produktnamen gestrichen und ersatzweise ein ".NET-Connected"-Logo eingeführt. (tc)