Patentrechtlicher Musterprozess

Microsoft verklagt TomTom und meint Linux

10.03.2009
Von 
Wolfgang Sommergut ist Betreiber der Online-Publikation WindowsPro.

"Nicht gegen Linux gerichtet"

Horacio Gutierrez, Vice President of intellectual property and licensing bei Microsoft, bestreitet, dass sich der Rechtsstreit mit TomTom gegen Linux insgesamt richte. Vielmehr gehe es um Patentverletzungen in der spezifischen Implementierung des Open-Source-Systems, die der holländische Anbieter von Navigationssystemen einsetze. Harald Welte, deutscher Mitentwickler des Linux-Kerns, kommt aber nach eingehender Prüfung des von TomTom verwendeten Codes zum Ergebnis, dass die für den FAT-Zugriff zuständigen Funktionen identisch mit jenen sind, die in jedem Standard-Kernel stecken. Es gebe demnach keine TomTom-spezifischen Anpassungen.

Microsofts Horacio Gutierrez: "Erster patentrechtlicher Prozess gegen Linux".
Microsofts Horacio Gutierrez: "Erster patentrechtlicher Prozess gegen Linux".

Das Vorgehen gegen TomTom entspricht der zweigleisigen Strategie, die Microsoft seit einigen Jahren gegen die Open-Source-Konkurrenz fährt. Zwar hatte der Softwarekonzern den Linux-Entwicklern erst vor zwei Jahren vorgeworfen, dass der Kernel gegen mehr als 200 Microsoft-Patente verstoße. Das Unternehmen hat jedoch nie rechtliche Schritte gegen freie Projekte unternommen und übt sich neuerdings in Open-Source-freundlicher Rhetorik.

Firmen, die freie Software in ihre Produkte integrieren, sind dagegen Zielscheibe von Microsofts Anwälten. Unter dem Druck der Regulierungsbehörden kündigte Microsoft 2003 an, anderen Unternehmen und Open-Source-Entwicklern geistiges Eigentum zugänglich zu machen. Zu den damals explizit erwähnten Technologien zählte auch FAT. Im Rahmen dieser Initiative "Open for Business" schloss der Konzern bis Ende letzten Jahres mehr als 500 Abkommen zur Cross-Lizenzierung von Technologien mit anderen Firmen.

Verstöße gegen die GPL

Diese Unternehmen können nun auf das Reverse Engineering von undokumentierten Microsoft-Techniken verzichten und bewegen sich somit auf rechtlich sicherem Terrain. Für Firmen im Open-Source-Umfeld hat dies aber einen Haken: Die GNU Public Licence, der auch Linux unterliegt, verbietet in Sektion 7 die Verwendung von Software, wenn diese etwa aufgrund patentrechtlicher Auflagen nicht uneingeschränkt weitergegeben werden kann. Dies trifft etwa dann zu, wenn Microsoft einem Hersteller exklusiv Rechte einräumt, die nicht automatisch mit dem Code an jeden anderen Nutzer übertragen werden.

Deshalb werden die Abkommen zwischen Microsoft und Open-Source-Firmen in der Regel geheim gehalten, weil sonst der Verstoß gegen die GPL offensichtlich wäre. Gutierrez räumte im Gespräch mit der Computerworld allerdings ein, dass bereits mehrere Linux-Firmen eine FAT-Lizenz von Microsoft erworben hätten.

Welte sieht in Microsofts Doppelstrategie den Versuch, den Vormarsch von Linux als eingebettetes System zu bremsen. Die Lizenzzahlungen der Hardwareanbieter sollten den Preisvorteil des freien Systems gegenüber Windows CE egalisieren und diesem damit bessere Chancen eröffnen. Gleichzeitig vermeidet der Konzern negative PR, indem er auf rechtliche Auseinandersetzung mit der Open-Source-Bewegung selbst verzichtet.