Deutsche Gates-Kritiker fühlen sich im Behördenstreit bestärkt

Microsoft unfair begünstigt - Kanada entschädigt Corel

09.07.1999
TORONTO (IDG) - Im Streit um den Einsatz von Bürosoftware in kanadischen Behörden hat Corel einen Sieg gegen Microsoft errungen. Das Unternehmen erhält eine Entschädigung von 9,9 Millionen kanadischen Dollar, weil Microsoft bei der Auftragsvergabe unsachgemäß bevorzugt wurde. Auch deutschen Bundesländern wird vorgeworfen, Microsoft anderen Herstellern gegenüber zu bevorzugen.

Mit einer einmaligen Zahlung von 9,9 Millionen kanadischen Dollar endet ein achtjähriger Streit zwischen Corel und den kanadischen Finanzbehörden. In der Auseinandersetzung ging es um einen Auftrag für Bürosoftware auf 30 000 Computern. Corel warf den Behörden vor, für die öffentliche Ausschreibung nicht die gleichen Informationen wie Microsoft gehabt zu haben.

Ferner kritisierte Corel eine weitere Ungleichbehandlung: Während alle Teilnehmer am Verfahren die Migrationskosten von den Microsoft-Produkten auf ihre eigene Plattform in die Kalkulation aufnehmen mußten, blieb dies Microsoft erspart. Dies, obwohl zahlreiche Erfahrungsberichte zeigen, daß auch eine Migration innerhalb der Microsoft-Produktfamilie in der Regel mit immensen Kosten verbunden ist.

Aufgrund des unfairen Ausschreibungsverfahrens gestand die kanadische Regierung Corel jetzt eine Kompensationszahlung in Höhe von 9,9 Millionen kanadischen Dollar zu. Eine Entscheidung, die auf den ersten Blick nach einem klaren Sieg für das Softwarehaus aussieht. Analysten werten den Beschluß jedoch aus zwei Gründen eher als einen Pyrrhussieg für Corel: Zum einen muß das Unternehmen nun bis zur erneuten Ausschreibung der Finanzbehörden im Jahr 2006 warten, zum anderen dürfte Microsoft an dem beanstandeten Deal rund 55 Millionen kanadische Dollar verdienen.

Inwieweit die Entscheidung der kanadischen Regierung auf internationalem Parkett Auswirkungen hat, ist noch offen. Zumindest die deutschen Microsoft-Kritiker, die mehreren Länderregierungen vorwerfen, sich blindlings in die Fänge von Bill Gates begeben zu haben, dürften jetzt Oberwasser haben. Die Kritiker beschuldigen die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg, einseitig auf die Microsoft-Karte zu setzen und dabei Nachteile wie proprietäre Dateiformate der Gates-Produkte außer acht zu lassen. Letztlich, so das Resümee dieser Anwender, bürden die Behörden mit ihrer Pro-Microsoft-Gangart ihren Ländern unnötige Kosten auf, da längst preiswertere, offene Alternativen wie etwa Linux existierten.