Microsoft und Novell werden konkreter

19.02.2007
In der Partnerschaft geht es vor allem um mehr Interoperabilität der Systeme.

Erstmals seit ihrem umstrittenen Kooperationsvertrag von Anfang November 2006 haben Novell und Microsoft eine gemeinsame Roadmap zur Entwicklung von Produkten vorgelegt. Damals war das einzig bekannte konkrete Detail des Abkommens eine Freisprechung von Suse-Linux- Anwendern von vermeintlichen Urheberrechtsansprüchen Microsofts. Jetzt haben die Unternehmen Pläne für gemeinsame Entwicklungen in Sachen Virtualisierung, System-Management und Interoperabilität von Office-Umgebungen konkretisiert.

Virtualisierung im Zentrum

In puncto Virtualisierung gibt es drei Vorhaben, die teilweise bereits Gestalt angenommen haben und in diesem Jahr zu Ende geführt werden sollen: Demnach wird das Betriebssystem Suse Linux Enterprise Server 10 (SLES 10) auf dem bevorstehenden Service Pack 1 für Microsofts Virtual Server 2005, Release 2, laufen. Wie schon angekündigt, wird SLES 10 auf Longhorn arbeiten, dem Nachfolger von Windows Server 2003. Linux wird dabei als virtuelle Maschine über einen Hypervisor des para-virtualisierten Microsoft-Systems eingebunden. Umgekehrt passiert das Gleiche mit Longhorn, das als Gastsystem über den Hypervisor der in SLES integrierten Virtualisierungslösung Xen ausführbar wird. Nebenbei gab Novell bekannt, dass Windows Server 2000, 2003 und XP dank neuer Treiber von Intel unmodifiziert auf dem Xen-Bestandteil von SLES 10 laufen können, sofern die Prozessoren der Server schon über Intels Virtualisierungstechnik VT verfügen.

Management per Services

Beim Thema integrierte Systemadministration dreht sich alles um so genanntes Service-basierendes System-Management. Novell entwickelt eine Open-Source-Implementierung der Spezifikation "Web Services for Management" (WS Management). Diese sieht eine Harmonisierung der Steuerungsprogramme über ein Set von Web-Service-Protokollen vor. Novells "Zenworks Orchestrator" und der "Microsoft System Center Operations Manager 2007" sollen beide noch in diesem Jahr der Spezifikation entsprechen und könnten damit konfliktfrei zum Einsatz kommen sowie Daten austauschen.

In diesem Kontext ist auch von Interoperabilität der Verzeichnis- und Identity-Dienste die Rede. Novell und Microsoft bekunden ihre Absicht, "eDirectory" und "Active Directory" über standardbasierende Protokolle miteinander in Einklang zu bringen. Diesbezüglich kündigen sie bisher allerdings nur eine weitere Roadmap im laufenden ersten Halbjahr an.

Drittens geht es den Vertragspartnern um die schon im letzten Jahr versprochene Austauschbarkeit von Dokumenten zwischen ihren Office-Paketen. Als erste Einlösung des Versprechens feiern beide Seiten den am 2. Februar vorgestellten Übersetzer für MS Office 2003, XP und 2007. Er überträgt Microsofts Open-XML-Format in das Open Document Format der quelloffenen Bürosuite OpenOffice. Novell bereitet derzeit das technische Gegenstück für seine Ausgabe von OpenOffice vor.

Beide Unternehmen seien dabei, mit konkreten, produktspezifischen Lösungen ihre Versprechen gegenüber den Kunden einzulösen, lobt IDC-Analyst Al Gillen: "Das große Potenzial des November-Abkommens zwischen Microsoft und Novell hätte ohne diese produktspezifische Roadmap in einer Enttäuschung geendet." (ls)