Gates muß Windows-Code offenlegen

Microsoft stellt vor Gericht Antrag auf Ablehnung der Kartellklage

14.08.1998

Richter Thomas Jackson hat ein Machtwort gesprochen. Wie vom US-Justizministerium ursprünglich verlangt, muß der Microsoft-Chef Bill Gates an zwei Tagen Rede und Antwort stehen. Zudem haben alle 16 Topmanager zu formellen Befragungen im Vorfeld der Hauptverhandlung zu erscheinen. Auch den Sourcecode seiner Betriebssysteme Windows 95 und Windows 98 muß das Unternehmen offenlegen. Microsoft hatte sich gegen diese Forderung bislang heftig gewehrt (siehe CW 32/98, Seite 6).

Zeugenstrategie von Bedeutung

Doch die Gates-Company hat bereits zum Gegenschlag ausgeholt: Sie unterbreitete dem Gericht ein 88seitiges Dokument, mit dem sie in einem wesentlichen Teilbereich der Klage ein Sammelurteil zu erwirken hofft. Eine solche Entscheidung von Richter Jackson könnte im günstigsten Fall zu einer Ablehnung der gesamten Klage führen. Microsofts Argumentation richtet sich gegen den Vorwurf, mit der Integration der Browser-Software "Internet Explorer" in das Betriebssystem habe der Hersteller sich seiner Konkurrenz entledigen wollen.

Das Unternehmen verweist in dem Antrag auf eine frühere Entscheidung eines amerikanischen Gerichtes, derzufolge das Betriebssystem und der Browser zwar nicht als völlig getrennte, aber als integrierte Technologien anzusehen seien. Eine solche Integration sei nicht wettbewerbsschädigend, wenn sie zum Nutzen des Verbrauchers geschehe. Diese Entscheidung, so die Microsoft-Anwälte, entkräfte die meisten der Monopolvorwürfe des US-Justizministeriums und der 20 US-Bundesstaaten.

Eigenen Aussagen zufolge erhofft sich Microsoft von dem Antrag zumindest eine Beschleunigung des Verfahrens, sollte ein Teilbereich der Monopolklage fallengelassen werden. Beobachter sehen für den Niederschlagungsantrag jedoch wenig Chancen auf Erfolg. Bezirksrichter Jackson hat sich diesbezüglich ähnlich geäußert: Seiner Meinung nach habe die Klage Bestand und solle verhandelt werden.

Kommt es zu einer Verhandlung, werden nach Meinung von Beobachtern die Zeugenstrategien der beiden Parteien wesentlich zum Ausgang des Verfahrens beitragen. Sowohl Microsoft als auch das US-Justizministerium dürfen zwölf Personen in den Zeugenstand rufen. Eine offizielle Liste wird am 3. September veröffentlicht.

Die Argumentation von Microsoft wird sich im wesentlichen darauf stützen, daß Gates Pläne zur Entwicklung einer eigenen Browser-Technologie bereits im April 1994 auf einem internen Treffen geäußert habe - zwei Tage nach Gründung des Rivalen Netscape. Adam Sohn, ein Sprecher der Gates-Company, betont, daß dieser Entschluß aufgrund einer Microsoft-eigenen Idee zustande gekommen sei und es sich dabei nicht bloß um eine Reaktion auf die Gründung von Netscape handle. Diese Behauptung will das Unternehmen durch die Vorlage weiterer interner Dokumente untermauern.