Patente

Microsoft schlachtet Novell aus

23.11.2010
Der schwächelnde Software-Hersteller Novell - ein Stück Technologiegeschichte - wird von Finanzinvestoren übernommen.

Im Hintergrund hat aber der Windows-Riese Microsoft kräftig mitgemischt und sich hunderte Patente gesichert.

Richard Seibt, Ex-Suse-Linux und nun Open Source Business Foundation (OSBF)
Richard Seibt, Ex-Suse-Linux und nun Open Source Business Foundation (OSBF)

In den 80er Jahren waren Microsoft und Novell noch ebenbürtige Gegner. Novell hatte damals quasi ein Monopol für die Technologie, Computer in einem Unternehmen miteinander zu vernetzen. Doch während Microsoft sich in den 90er Jahren mit Produkten wie Windows und Office zu einem Megakonzern entwickelte, verpasste Novell den Anschluss in die erste Liga der Software- Hersteller.

Mit dem Verkauf des Software-Unternehmens aus dem US- Bundesstaat Utah an die Investorengruppe Attachmate für 2,2 Milliarden Dollar schnappt sich nun Microsoft indirekt ein Filetstück des Konkurrenten. Im Rahmen des Deals gingen nämlich 882 Patente von Novell für 450 Millionen Dollar an das bislang unbekannte Konsortium CPTN Holdings LLC, das von Microsoft organisiert wurde.

Zu den Juwelen von Novell gehört nicht nur das Netzbetriebssystem Netware, das im Wettbewerb mit den Windows-Serversystemen von Microsoft steht. "Interessant sind vor allem die Unix-Patente von Novell", sagt Richard Seibt, Vorstandsvorsitzender der Open Source Business Foundation. Novell hatte zwar die Marke Unix 1995 an die SCO Group verkauft, aber wesentliche Teile des Copyrights an dem Server-Betriebssystem behalten. Diese Ansprüche wurden später im Streit mit SCO in einem langen Gerichtsverfahren weitgehend durchgesetzt.

Nun fragen sich die Beobachter, warum Microsoft so viel Geld für die Technologie eines Wettbewerbers ausgibt, der sich bereits auf dem absteigenden Ast befand. In diesem Zusammenhang rückt der deutsche Linux-Spezialist Suse ins Blickfeld. Novell hatte im November 2003 die Nürnberger Suse AG übernommen. Suse bietet nicht nur Dienstleistungen rund um das freie Betriebssystem Linux an, sondern war mit etlichen Spezialisten an der Entwicklung von Linux beteiligt.

Um einen Dauerstreit um Patentrechte um Linux und Windows aus dem Weg zu räumen, hatten Microsoft und Novell im Jahr 2006 eine Vereinbarung geschlossen, mit der Novell-Kunden vor rechtlichen Schritten wegen einer möglichen Verletzung von Microsoft-Patenten in Schutz genommen wurden.

Seibt, früher Chef der Suse AG, geht davon aus, dass das spezielle Linux-Know-how von Suse nun nicht in Hände vor Microsoft fällt. "Sonst hätte der Novell-Käufer Attachmate bei der Übernahme den eigenständigen Wert von Suse nicht so sehr betont." Da aber bislang nur spärlich Informationen veröffentlicht worden seien, bleibe viel Raum für Spekulationen.

Aufmerksam werden auch etliche Programmierer in der Region Nürnberg die weitere Entwicklung verfolgen, die für die Suse-Abteilung von Novell arbeiten. Attachmate hatte angekündigt, künftig Suse und das alte Novell-Kerngeschäft als unabhängige Geschäftseinheiten weiterzuführen. Suse könnte von dieser Aufspaltung profitieren. Zum einen hatten sich Mitarbeiter in der Region Nürnberg über fragwürdige technische Vorgaben aus der Konzernzentrale beklagt. Außerdem hatten die Suse-Experten immer das Gefühl, dass der Vertrieb von Novell mit ihren Dienstleistungen nicht viel anfangen konnte. (dpa/tc)