Microsoft nimmt Linux-Desktops als Rivalen ernst

15.06.2005
Von 
Ludger Schmitz war freiberuflicher IT-Journalist in Kelheim. Er ist spezialisiert auf Open Source und neue Open-Initiativen.

So hat Gartner laut Microsoft-Manager Alfons Stärk in einer (noch nicht öffentlichen) Nachfolgestudie über "Linux-Mythen" unter anderem festgestellt, dass quelloffene Desktop-Umgebungen keineswegs kostenlos seien, sondern Migrationsaufwand mit sich brächten und auf teure Spezialapplikationen nicht verzichten könnten. Diese Programme seien für Linux oft nicht vorhanden. Auch befreie Linux nicht vom Upgrade-Zwang, dieser gehe vielmehr von den Hardware-Ansprüchen der Anwendungen aus. Im Betrieb verursache ein Linux-Desktop - anders als bei Servern - gleich hohe Aufwendungen und Kosten wie eine Microsoft-Umgebung.

Auch in der Sicherheitsfrage sieht Microsoft Windows im Vorteil und zieht als Beleg die Forrester-Research-Studie "Is Linux More Secure Than Windows?" (Computerwoche.de berichtete) heran. Die argumentiert mit einer Zeitskala für Sicherheitsprobleme. Sie reicht von der Veröffentlichung eines Programms über die Entdeckung einer Sicherheitslücke, deren Bekanntwerden, der Verfügbarkeit eines Bugfixes, seiner Verbreitung bis zur fehlerfrei überarbeiteten neuen Anwendung.

Die sicherheitskritische Zeit reiche vom Bekanntwerden einer Schwäche bis zur Verbreitung eines Bugfixes. Die "days of risk" betrügen bei Microsoft 25 Tage, bei Red Hat und Debian 57 und bei Suse 74 Tage. Doch die Forrester-Zählerei hat einen entscheidenden Haken: Microsoft sagt üblicherweise monatelang nichts über entdeckte Schwachstellen, sondern bekennt sich erst in dem Moment dazu, wenn Fixes verfügbar sind. Die Risikophase ist also denkbar kurz. In der Open-Source-Welt sind hingegen gefährliche Lücken sofort allgemein bekannt; die Risikotage beginnen eher. Und ein Bugfix wird nicht irgendwann verbreitet, sondern sobald er vorliegt. Dafür gibt es bei den Linux-Distributoren Push-Verfahren, das bekannteste ist das Red Hat Network. Mithin ist der Risikozeitraum bei Linux ein ganz anderer als bei Microsoft. Forrester hat Äpfel und Birnen verglichen.