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Microsoft muss eine Million Dollar an Bristol zahlen

04.09.2000
Herbe Schlappe im "kleinen" Kartellprozess

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Eine US-Bundesrichterin aus Connecticut hat Microsoft Ende vergangener Woche zur Zahlung von einer Million Dollar Schadenersatz an das kleine Softwarehaus Bristol Technology verdonnert. Ein Microsoft-Sprecher kündigte allerdings umgehend an, man werde Berufung gegen die Entscheidung einlegen. Bristol hatte das Redmonder Imperium 1996 auf Geschäftsschädigung verklagt. Konkret lautete der Vorwurf, die Gates-Company habe dem ISV (Independent Software Vendor) den Zugang zu wichtigen Bestandteilen des Quellcodes von Windows NT verwehrt und damit die Weiterentwicklung strategischer Produkte - Bristol ist unter anderem auf die Portierung von Windows-Programmen nach Unix und OS/390 spezialisiert - verhindert.

In ihrer 103-seitigen Urteilsbegründung stellt Richterin Janet Hall unter anderem fest, Microsofts Geschäftsgebaren sei "rücksichtslos, mutwillig und schädigend" gewesen. Mit einer "Lockvogeltaktik" habe der Konzern versucht, das Gesetz des Bundesstaates zu umgehen. Microsofts Schutzbehauptung, man habe sich lediglich "hochgradig wettbewerblich" verhalten, wies Hall zurück. Sie bezeichnete ferner das gesamte Lizenzierungsprogramm Windows Interface Source Environment als "mutwillige Irreführung" zum Schaden von Bristol und anderer Software-Anbieter.

Darüber hinaus bezichtigte die Richterin den damaligen Chief Executive Officer (CEO) und heutigen Chief Software Architect von Microsoft, Bill Gates, der willentlichen Falschaussage. Gates hatte 1996 vor Softwarepartnern und Kunden erklärt, sein Unternehmen werde auch künftig stets seine aktuellen Produkte zur Anpassung an Unix-Betriebssysteme zur Verfügung stellen.

Die eine Million Dollar sind die bislang höchste Geldstrafe, die nach dem Kartellrecht von Connecticut verhängt wurde, und gleichzeitig Microsofts zweiter herber juristischer Rückschlag in der vergangenen Woche. Am vorigen Dienstag hatte ein kalifornischer Richter grünes Licht für 27 private Sammelklagen wegen überhöhter Preise für das Betriebssystem Windows 95/98 gegeben (Computerwoche.de berichtete).