FTC stellt wettbewerbswidriges Verhalten fest

Microsoft muss an drei Fronten Angriffe von Gegnern abwehren

15.01.1993

Nach einem Bericht des US-Magazins "Business Week" vom 28. Dezember 1992 kamen die mit der Microsoft-Angelegenheit befassten FTC-Anwaelte in ihrem 250 Seiten starken Report an die letztendlich entscheidungsbefugten FTC-Commissioners zu klaren Schuldzuweisungen: Danach steht fuer die Rechtspfleger nach 30 Monaten Recherche fest, dass Microsofts Geschaeftsgebaren wettbewerbswidrig ist. Die Anwaelte glauben ferner, dass Gates sich ungebuehrlich aggressiver Lizenzierungsmethoden bediente, um sich im Segment der Intel-PCs 95 Prozent Marktanteil bei der Betriebssystem-Software zu sichern.

Darueber hinaus befinden die Anwaelte die Redmonder Softwareschmiede fuer schuldig, diese Monopolstellung dazu benutzt zu haben, sich eine starke Wettbewerbsstellung auch bei Anwendungssoftware wie Tabellenkalkulationen oder Textverarbeitungen zu erringen.

Besonderen Argwohn erweckte bei den Wettbewerbshuetern die Art und Weise, in der Gates DOS in den Markt drueckte: Microsoft gewaehrte allen PC-Herstellern Rabatte auf Betriebssystem-Kopien von bis zu 60 Prozent - wobei es egal war, ob DOS tatsaechlich auf den ausgelieferten PCs vorinstalliert war oder nicht. Waehrend verschiedene PC-Fabrikanten diese von Microsoft als "Pro- Prozessor-Lizenz" bezeichnete Praxis wegen der extrem guenstigen Konditionen gerne aufnehmen, sehen die FTC-Juristen dies als Versuch, andere Betriebssystem-Anbieter aus dem Wettbewerb zu draengen.

Unterhaus befasst

sich auch mit Microsoft

Unterhaus befaßt sich auch mit Microsoft

Offensichtlich scheint der unter Wettbewerbern alles andere als beliebte Softwaregigant von den drohenden Konsequenzen einer Empfehlungen der FTC-Anwaelte an die Commissioners aber unbeeindruckt: Diese zeichnen ein Szenario, in dem sowohl die Aufsplittung der Microsoft-Company in eine Betriebssystem- und eine Applikationssoftware-Firma denkbar ist, als auch die Errichtung einer sogenannten Chinesischen Mauer zwischen den beiden Redmonder Divisionen erwogen wird.

Trotzdem kursiert das Geruecht, Microsoft wolle in Zukunft den "Pro-Prozessor"-Lizenzierungsgedanken dahingehend auslegen, dass PC-Hersteller nicht nur pro Rechner Gebuehren an Gates abfuehren, sondern auch gezwungen werden sollen, DOS tatsaechlich zu installieren. Microsoft selbst bestreitet, diesbezuegliche Knebelungsmassnahmen zu planen.

Genau diese Winkelzuege haben im Dezember 1992 nun aber auch die britische Labour Party auf den Plan gerufen. Deren Sprecher Nigel Griffith bereitete ein Dossier ueber die Wettbewerbsaktivitaeten von Microsoft in England vor. Die Erkenntnisse stellte er dem OFT zur Verfuegung, das nun aehnliche Untersuchungen in Angriff nimmt wie die FTC.

Griffith hatte bereits frueher zwei schriftliche Anfragen an das Unterhaus formuliert mit der Forderung, die Praktiken hinsichtlich des Vertriebs und der Lizenzierungsgebaren der britischen Microsoft-Gesellschaft zu untersuchen.

In Grossbritannien sahen sich naemlich mehr als 400 Unternehmen im Dezember mit dem sogenannten Microsoft-Easy-Distribution-Plan (MED) konfrontiert: Dieser sieht analog zu der Per-Prozessor- Lizenzierung vor, dass grundsaetzlich alle ausgelieferten Intel-PCs einschliesslich der zukuenftig mit dem Pentium-Chip ausgeruesteten Rechner mit DOS-Gebuehren belegt werden, auch wenn DOS nicht installiert ist. Wer sich dem MED-Plan nicht anschliesst, muss unter anderem auch deshalb erheblich hoehere Lizenzabgaben an Microsoft abfuehren, weil dann in Dollar statt in britischen Pfund abgerechnet wuerde.

Fuer den Fall, dass sich die FTC-Behoerde von Gates zu einem wachsweichen Deal ueberreden laesst, scheinen zudem vier Unternehmen gewillt zu sein, gemeinsame Sache gegen Microsoft zu machen: Die vier Softwaremusketiere Novell, Lotus, Wordperfect und Borland tragen sich laut "Business Week" mit der Absicht, die Gerichtskosten fuer einen Gerichtsgang gegen Gates zu teilen. Bislang befinden sich diesbezuegliche Gespraeche jedoch noch in einem "informellen" Stadium.