Fragwürdige Werbeaktion gegen neues Netware

Microsoft-Müsli stößt Novell sauer auf

12.10.2001
FRAMINGHAM (IDC) - Im ewigen Streit zwischen Microsoft und Novell wird ein neues Kapitel geschrieben. Im jüngsten Fall hat Novell Klage gegen den Rivalen eingereicht, weil Microsoft angeblich mit unlauteren Mitteln gegen das Netz-Betriebssystem "Netware 6" wirbt.

Corpus Delicti des aktuellen Konflikts ist eine als Müsli-Schachtel aufgemachte Werbesendung mit der Aufschrift "Microsoft Server Crunch", deren Inhalt Novell sauer aufstößt. Die Box enthält unter anderem eine Broschüre mit dem Titel "Microsoft Services for Netware", die aus Sicht von Novell drei diskriminierende Formulierungen bezüglich der Netware-Software birgt.

Erster Kritikpunkt ist eine Frage nach dem "Verfallsdatum der Netware-Plattform". Zweiter ist die Behauptung, Novell lege nach dem Zusammenschluss mit Cambridge Technology seinen Schwerpunkt nicht mehr auf Softwareentwicklung, sondern auf das Beratungsgeschäft. Dritter Stein des Anstoßes ist schließlich die Aussage, Netware-Anwender würden in Zukunft keinen Support mehr von Novell bekommen.

"Microsoft versucht, ein baldiges Ende von Netware herbeizureden, unter Novell-Anwendern Angst zu schüren und potenzielle Kunden davon abzuhalten, mit Novell Geschäfte zu machen", verurteilte Executive Vice President und COO Stewart Nelson die Werbeaktion. Nelson wies alle drei Thesen von Microsoft nicht nur als falsch zurück, sondern sieht darin einen klaren Verstoß gegen gültiges US-Wettbewerbsrecht.

Der Unternehmensjustiziar Joe LaSala hat deshalb beim Bezirksgericht in Salt Lake City eine Klage gegen Microsoft angestrengt. Novell will per gerichtliche Verfügung nicht nur die weitere Verbreitung dieser Werbung verhindern, sondern fordert darüber hinaus eine Rückholaktion aller verschickten "Boxen", eine Richtigstellung des Textes seitens Microsofts sowie Schadenersatz in noch unbekannter Höhe.

Bei Microsoft ist man indes bemüht, die Angelegenheit herunterzuspielen und eine außergerichtliche Lösung zu erreichen. Ein Sprecher sagte, das Unternehmen bedauere, wenn Kunden durch diese Werbemaßnahmen Unannehmlichkeiten entstanden seien. Außerdem habe man die Aussendung der "Müsli-Schachtel" bereits gestoppt und an die Adressaten klärende Schreiben verschickt. Leider, so der Sprecher, gebe sich Novell damit aber nicht zufrieden.

Für den Hersteller des kürzlich vorgestellten Netware 6 (siehe CW 38/01, Seite 16: "Netware 6: Favorit der Praktiker") ist der Fall damit in der Tat nicht ausgestanden. Weder habe Microsoft öffentlich eingestanden, falsche Statements zu Netware 6 gestreut zu haben, noch erklärt, sie künftig nicht mehr zu wiederholen, begründet Novell-Sprecher Kevan Barney das Festhalten an einer Klage. Justiziar LaSala wittert hinter der Microsoft-Aktion sogar Methode. Vergangenes Jahr hatte die Gates-Company bereits nicht korrekte Angaben über die Novell Directory Services verbreitet. Gleiches war in diesem Frühjahr nach dem Merger mit Cambridge Technology geschehen. In diesem Fall wurde, wie auch jetzt wieder, behauptet, Novell wechsle ins Consulting-Lager. Glaubt man internen Novell-Zahlen, ist diese Mutmaßung definitiv falsch. Derzeit generiert das Unternehmen aus Provo lediglich 30 Prozent seines Umsatzes mit Beratungsdiensten. 60 Prozent werden hingegen mit Softwarelizenzen und zehn mit Schulungen erwirtschaftet.