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Microsoft legt einmal mehr zu

24.10.2003
Im ersten Fiskalquartal konnte Microsoft Gewinn und Umsatz erneut kräftig steigern. Die zurückgestellten Erträge jedoch fielen unerwartet stark - unter anderem durch "Blaster" und Navision-Integrationsprobleme.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Microsoft hat in seinem Ende September abgeschlossenen ersten Fiskalquartal Gewinn und Umsatz wieder einmal gesteigert und dabei von der steigenden Consumer-Nachfrage profitiert, die den anhaltend schwachen Unternehmensmarkt teilweise wettmachen konnte. Die zurückgestellten Erträge fielen allerdings geringer aus als gedacht, was auf unerwartet wenige Abschlüsse hindeutet. Finanzchef John Connors nannte in einem Interview unter anderem die Auswirkungen des "Blaster"-Wurms und einige Probleme bei der Integration von Navision in die Business-Solutions-Sparte als Gründe.

Für das abgeschlossene Quartal wies Microsoft einen um 28 Prozent höheren Nettogewinn von 2,61 Milliarden Dollar oder 24 Cent pro Aktie aus (darin enthalten sechs Cent Belastung für ein Aktienbeteiligungsprogramm). Im Berichtszeitraum des Vorjahres hatte das im Seattler Vorort Redmond ansässige Unternehmen 2,04 Milliarden Dollar oder 19 Cent je Anteilschein verdient. Den Quartalsumsatz steigerte Microsoft im Jahresvergleich von 7,75 Milliarden Dollar um 6,1 Prozent auf 8,22 Milliarden Dollar. Das Ergebnis lag leicht über den Erwartungen der Wall Street. Die von Thomson First Call befragten Analysten hatten im Mittel einen Pro-forma-Gewinn von 29 Cent pro Aktie sowie Einnahmen von 8,08 Milliarden Dollar prognostiziert.

Die für Server-Software zuständige Sparte legte beim Umsatz gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozent auf 1,87 Milliarden Dollar zu. Ein Großteil dieser Einnahmen stammte aus Abschlüssen aus früheren Quartalen. Wachstum im Server-Bereich ist für Microsoft besonders wichtig, weil der PC-Software-Markt zunehmend reifer wird. Mit PC-Software setzte der Konzern annähernd gleich viel um wie ein Jahr zuvor - 2,8 Milliarden Dollar mit Windows und 2,29 Milliarden Dollar mit Office. Die für die Konsole "Xbox" zuständige Home and Entertainment Division legte beim Umsatz von 485 auf 581 Millionen Dollar zu und schreibt weiterhin rote Zahlen.

Nachdem Microsofts Aktie vor Bekanntgabe der Zahlen zum Fixing an der NYSE zwei Cent fester bei 28,91 Dollar notiert hatte, gab der Kurs im nachbörslichen Handel um knapp fünf Prozent auf 27,54 Dollar nach.

Hauptgrund dafür dürfte der unerwartet starke Rückgang beim Deferred Revenue sein, der gegenüber dem vorhergehenden Vierteljahr um 768 Millionen Dollar auf 8,24 Milliarden Dollar sank. Zuvor hatte Microsoft hier ein Minus von 200 bis 300 Millionen Dollar avisiert. Das Unternehmen verbucht wie viele andere Softwarehäuser neue Lizenzabschlüsse schrittweise über die Laufzeit der Verträge. Im vergangenen Jahr stiegen die dadurch anfallenden künftigen Umsätze aufgrund des neuen "Licensing 6.0" deutlich.

Dieser einmalige Anstieg flaut nun wieder ab, auch wenn neue Abschlüsse dazukommen. Der aktuelle Einbruch bedeutet laut CFO (Chief Financial Officer) Connors "dass wir weniger Umsatz verbucht und in die Bilanz geschrieben haben als wir angesichts der Gewinne aus den Verträgen des vergangenen Jahres erwartet hatten". Vor allem bei großen Kunden seien durch die Auswirkungen des Blaster-Wurms Abschlüsse verloren gegangen, weil die Vertriebsleute "auf Sicherheitsprobleme antworteten", so Connors. Es habe nach der Übernahme von Navision außerdem unerwartet lange gedauert, eine speziell auf kleine und mittlere Unternehmen fokussierte Sales-Abteilung zu etablieren.

Für den Rest des Jahres sei der Vertrieb aber optimistisch, erklärte Connors. Microsoft erhöhte seine Umsatzprognose für das Gesamtgeschäftsjahr 2003/04 auf zwischen 34,8 und 35,3 Milliarden Dollar (zuletzt 34,2 bis 34,9 Milliarden Dollar). Der Gewinn pro Aktie soll zwischen 86 und 88 Cent liegen, Kosten von 24 Cent für die Aktienbeteiligung der Mitarbeiter bereits mitgerechnet.

Microsofts Bargeldbestände wuchsen von 49,05 Milliarden Dollar zu Ende Juni auf 51,6 Milliarden Dollar Ende des abgeschlossenen Berichtszeitraums. Das Unternehmen schüttet in diesem Jahr erstmals eine Dividende an seine Aktionäre aus. Diese wurde im Frühjahr zunächst auf acht Cent je Anteilschein festgesetzt und im September dann auf 16 Cent verdoppelt. Analysten erwarten vorerst keine konkreteren Aussagen dazu, was der Softwareriese mit seiner jeden Monat um rund eine Milliarde Dollar pralleren Geldbörse anzufangen gedenkt.

Nun richten sich alle Augen auf eine technische Konferenz des Herstellers, die am kommenden Montag in Los Angeles beginnt. Hier will Microsoft versuchen, seine Entwickler bereits auf die nächste Windows-Generation "Longhorn" einzuschwören. Diese soll das signifkanteste Update des Betriebssystems seit langem werden. Auf den Markt kommen dürfte Longhorn allerdings erst 2005 oder 2006. (tc)