Finanzchef John Connors räumt Sicherheits- und Organisationsprobleme ein

Microsoft: Kunden lehnen Firmenlizenzen ab

31.10.2003
MÜNCHEN (CW) - Microsoft ist es auch im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres 2004 gelungen, Umsatz und Gewinn zu steigern. Schwächere Geschäfte mit langfristigen Lizenzverträgen trüben jedoch die ansonsten nahezu makellose Bilanz.

Unter dem Posten "unearned revenue" verrechnen die Finanzverantwortlichen Microsofts Softwareeinnahmen aus langfristigen Firmenverträgen. Diese Umsätze tauchen nicht einmalig in den Berichten auf, sondern werden verteilt über die gesamte Laufzeit der Verträge verbucht. Für die Monate Juli bis September 2003 weist Microsoft an dieser Stelle einen Betrag in Höhe von knapp 8,25 Milliarden Dollar aus. Im Vergleich zum vorangegangenen Quartal bedeutet dies einen Rückgang um rund 768 Millionen Dollar. Das Unternehmen selbst hatte hier im Vorfeld lediglich mit einem Minus von 200 bis 300 Millionen Dollar gerechnet.

Lethargie der Bestandskunden macht Microsoft zu schaffen

John Connors, Finanzchef von Microsoft, macht Organisationsschwächen und Sicherheitsbedenken der Kunden für dieses Resultat verantwortlich. So habe es nach der Übernahme von Navision länger als erwartet gedauert, eine schlagkräftige Vertriebsabteilung auf die Beine zu stellen. Außerdem schadeten die andauernden Security-Probleme dem Firmengeschäft. Vor allem wegen der Auswirkungen des "Blaster"-Wurms hätten einige Kunden Vertragsabschlüsse aufgeschoben. Der Finanzchef geht auch für die kommenden Quartale von rückläufigen Umsätzen mit langfristigen Firmenverträgen aus. "Ich würde im Moment aber nicht sagen, dass wir eine Krise haben", beschwichtigte Connors.

Finanzanalysten sprechen jedoch von einem Alarmsignal für den Softwarekonzern aus Redmond. Microsoft stehe vor dem Problem, seine Firmenkunden von den Vorteilen des "Software-Assurance"-Programms überzeugen zu müssen, erläutert Jason Maynard, Direktor von Merrill Lynch. Viele Anwender hätten daran kein Interesse und planten langfristig mit den aktuell eingesetzten Software-Releases. Da für die nächste Zeit keine umwälzenden Neuerungen zu erwarten seien, bestehe auch kein Anlass, einen längerfristigen Vertrag mit Microsoft abzuschließen. Die größte Herausforderung für den Softwarekonzern seien somit nicht Linux oder die rückläufigen IT-Budgets, sondern "die Lethargie der eigenen installierten Basis", warnt Maynard.

Abgesehen von den schleppenden Geschäften mit langfristigen Lizenzverträgen haben Microsofts Buchhalter allerdings keinen Anlass zur Klage. So wuchs der Umsatz des ersten Quartals 2004 im Jahresvergleich um 6,1 Prozent auf 8,22 Milliarden Dollar. Der Nettogewinn des Ende September abgelaufenen Berichtszeitraums betrug 2,61 Milliarden Dollar, 28 Prozent mehr als im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2003.

Vor allem der wieder steigenden PC-Nachfrage sei das gute Ergebnis zu verdanken, erläutert Connors. So sei es gelungen, die Umsätze in den beiden wichtigsten Sparten "Client" mit dem Windows-Betriebssystem und "Information Worker" mit den Office-Programmen mit rund 2,8 und 2,3 Milliarden Dollar etwa auf Vorjahresniveau zu halten.

Zulegen konnte die Gates-Company im Bereich "Server and Tools". Hier wuchs der Umsatz im Vergleich zum Vorjahresquartal um 15 Prozent auf 1,87 Milliarden Dollar. Auch das Online-Segment MSN expandierte um 15 Prozent auf 491 Millionen Dollar und schrieb unter dem Strich erstmals schwarze Zahlen. Das scheint für den Bereich "Home and Entertainment" noch Zukunftsmusik. Zwar kletterten auch hier die Einnahmen im Vergleich zum ersten Geschäftsquartal 2003 um knapp 100 auf 581 Millionen Dollar. Allerdings schreibt die Sparte wegen des nach wie vor verlustträchtigen Geschäfts mit der Spielekonsole "Xbox" weiter rote Zahlen. Auch die Bereiche "Microsoft Business Solutions" und "Mobile and Embedded Devices" verzeichneten mit Einnahmen von 128 beziehungsweise 53 Millionen Dollar Umsatzzuwächse.

Umsatzprognose für das laufende Geschäftsjahr nachgebessert

Angesichts dieser Zahlen haben die Microsoft-Verantwortlichen die Erwartungen für 2004 ein weiteres Mal angehoben. Nachdem der Softwarekonzern bereits zu Beginn des Geschäftsjahres seine Umsatzprognose auf knapp 34,2 bis 34,9 Milliarden Dollar erhöht hatte, gehen die Verantwortlichen jetzt von Einnahmen zwischen 34,8 und 35,3 Milliarden Dollar aus. Unklar bleibt, was Microsoft mit seinem wachsenden Bargeldbestand anfangen will. Nach rund 49 Milliarden Dollar Ende Juni 2003 verfügt der Konzern mittlerweile über ein Vermögen in Höhe von 51,6 Milliarden Dollar. Jeden Monat fließt nach Schätzungen von Experten eine weitere Milliarde Dollar in die Kasse. Finanzchef Connors will seinen Hort zunächst wohl weiter hüten. Bereits zu Beginn des Geschäftsjahres hatte er vor den Auswirkungen der anstehenden Gerichtsverfahren gewarnt. Deren finanzielle Folgen seien bislang nicht absehbar. (ba)

Partner kritisieren Preise

Microsofts IT-Partner beklagen sich zunehmend über die Preispolitik des Softwarekonzerns. So seien beispielsweise die Lizenzkosten für die Windows XP Tablet PC Edition zu hoch, kritisiert Wang Chen-Tang, President des taiwanischen PC-Herstellers Acer. Das schlage sich auch in rückläufigen Absatzzahlen von Tablet PCs nieder.

Die Geräte kosteten rund 200 Dollar mehr als vergleichbare Notebooks. Dabei liege der Mehraufwand für die Hardware bei lediglich 30 bis 60 Dollar. Den Löwenanteil mache die Lizenz für das Betriebssystem aus. Man habe bereits mehrfach vergeblich versucht, mit Microsoft zu verhandeln, berichtet Chen-Tang. Microsoft weist diese Kritik zurück. So seien die höheren Kosten durch den Mehrwert der Geräte durchaus gerechtfertigt.

Insgesamt sei man mit der Geschäftsentwicklung im Bereich Tablet PCs durchaus zufrieden. Nicht zufrieden sind dagegen die Acer-Verantwortlichen. Von dem Ziel, 20 Prozent der Notebook-Absätze mit Tablet PCs zu erreichen, sei man weit entfernt, stellt der President fest.