Kolumne

"Microsoft - Krösus für die Ewigkeit?"

30.07.2004

Das vierte Quartal und das Jahresergebnis von Microsoft boten das Übliche: ein, gemessen an der Marktentwicklung, überdurchschnittliches Umsatzwachstum bei einer Nettomarge zwischen 25 und 30 Prozent. Office-, Desktop- und Server-Geschäft stiegen um Werte von 16 bis 23 Prozent. Nur die Segmente Business-Software, Mobile und Entertainment befinden sich noch in den roten Zahlen. Allerdings wachsen die Umsätze auch in diesen Bereichen, und die Verluste wurden zum Teil ebenfalls reduziert.

Über die Ursachen des Microsoft-Phänomens muss nicht lange gegrübelt werden. Die einzigartigen Monopole im Bereich Desktop-Betriebssysteme und Office-Software bescheren dem Unternehmen sowohl die hohen Zuwachsraten als auch die satten Gewinne. Letztere lassen sich einsetzen, um andere, weniger erfolgreiche Aktivitäten querzusubventionieren oder um bestehende Produkte kostenfrei mit zusätzlichen Funktionen auszustatten, für die andere Hersteller Geld nehmen müssen, weil sie nicht über die tiefen Taschen der Redmonder verfügen.

Die Chefstrategen von Microsoft, Bill Gates, Steve Ballmer und nicht zuletzt Finanzchef John Connors, sind sich offenbar sicher, dass der Softwarekonzern weder Markt noch Wettbewerb zu fürchten hat. Das gilt umso mehr, als die meisten rechtlichen Auseinandersetzungen im letzten halben Jahr im Eilverfahren und mit vielen Software-Dollars beigelegt worden sind. Als Ausdruck dieses enormen Selbstbewusstseins ist die Ankündigung zu werten, die Kriegskasse von über 60 Milliarden Dollar zu plündern und für Dividendenausschüttungen und Aktienrückkäufe im großen Stil zu nutzen. Damit erteilt Microsoft großen Übernahmen - wie der mit der SAP diskutierten - und Kooperationen eine Absage. "Ist nicht nötig, das können wir auch allein", drücken diese Aktionen überdeutlich aus.

Solange Microsofts Monopole halten, kann der Softwarekrösus in der Tat kaum etwas falsch machen. Deshalb hören Branchenbeobachter und Finanzanalysten jedes Mal genau zu, wenn Gates & Co. etwas über den nächsten großen Generationswechsel ihres Betriebssystems sagen. Von Longhorn hängen praktisch alle anderen Produkte ab. Sie sind so tief miteinander verwoben, dass es gewichtige Fortschritte immer nur zusammen mit einer neuen Betriebssystem-Generation gibt.

Diese enge Verzahnung stellt zwar Microsofts größte Stärke dar - weil alles am besten in einer homogenen Microsoft-Welt funktioniert -, gleichzeitig ist sie aber auch Microsofts größte Schwäche. Neuentwicklungen sind dadurch extrem komplex, teuer, langwierig und wegen der tiefen Integration auch störungsanfällig. Je größer Microsoft wird, desto langsamer und schwerfälliger wird der Konzern - die schleppenden Fortschritte im Rechenzentrums-Umfeld (siehe Seite 12) mögen als Beispiel dienen. Trotz dieses gravierenden Defizits ist kein Konkurrent in Sicht, der dem Unternehmen das Leben schwer machen könnte - das kann der Softwarekrösus wohl nur selbst.