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Microsoft korrigiert seine ERP-Strategie

07.03.2005
Von Eberhard Heins
Statt erst 2010 mit dem nebulösen "Project Green" will Microsoft seine Anwendungen für Unternehmen nun bereits ab diesem Jahr sukzessive um .NET-Funktionen erweitern.

SAN DIEGO (COMPUTERWOCHE) - Bislang plante Microsoft, seine bestehenden ERP-Produktlinien frühestens 2010 durch ein komplett neues, .NET-basierendes Softwarepaket ("Project Green") abzulösen. Diesen Plan hat der Softwarekonzern ad acta gelegt. Auf der Anwender- und Partnerkonferenz Convergence in San Diego erklärte das Unternehmen, es plane nun einen weichen Übergang und wolle bereits von diesem Jahr an .NET-Funktionen in seine Unternehmensanwendungen einbauen.

"Wir integrieren Green in die bestehenden ERP-Produktlinien", sagte Satya Nadella, oberster Entwicklungschef der Geschäftseinheit Microsoft Business Solutions (MBS). Die Produkte würden so sukzessive an eine Service-orientierte Architektur (SOA) herangeführt. In einer ersten Welle von 2005 bis 2007 sollen die ERP-Pakete Axapta, Navision, Great Plains und Solomon angepasst werden. In diesem Zeitabschnitt wird der Softwareriese die neuen Releases mit rollenbasierenden Clients, beispielsweise für den Vertrieb oder das Controlling, ausstatten.

Portal und Workflow-Funktionen wie Dashboards und E-Mail-Anbindung sollen mit Hilfe des Sharepoint-Portal-Server strukturierte und unstrukturierte Daten verbinden. Über den SQL-Server stellen die Redmonder erweiterte Business-Intelligence-Funktionalität zur Verfügung, und Web-Services sollen die Verbindung von Geschäftsprozessen und deren Integration erleichtern. Den zweiten Schritt will Microsoft ab 2008 vollziehen. Dann soll eine "modulare Prozesskonfiguration" der Unternehmens-Software möglich sein. Entwicklern steht dann den Plänen zufolge ein erweitertes Visual Studio als .NET-Entwicklungswerkzeug zur Verfügung. In einer so genannten "Best of Library" will Microsoft zudem optimierte Geschäftsprozesse aus allen Produktlinien in einer Software-Bibliothek zusammenfassen.

Bisher hatte Microsoft geplant, seine Client-Server-basierenden ERP-Produkte in einem harten Schnitt durch ein neues ERP-Produkt auf Basis der .NET-Architektur abzulösen. Der deutsche Produkt-Chef Frank Hassler ging noch vor wenigen Wochen im Gespräch mit der CW von einer Freigabe frühestens im Jahr 2010 aus. Die jetzt geänderte Strategie wird sich bereits auf das nächste Release 4.0 von Axapta auswirken, das im ersten Halbjahr 2006 auf den Markt kommen soll, und auch das für das zweite Halbjahr 2006 avisierte Navision 5.0 wird um die genannten Funktionen erweitert.

Zu den angekündigten Veränderungen in ihrer ERP.NET-Roadmap hat Microsoft in San Diego eine Initiative für Softwarepartner (Independent Software Vendors = ISVs) bekannt gegeben. Innerhalb der nächsten drei Monate plant die Gates-Company, 14 von Partnern entwickelte vertikale Lösungen in Axapta zu integrieren, die dann von Value Added Resellern (VARs) weiter an die jeweilige Branche angepasst werden. Dieses Modell ähnelt stark dem von SAP: Die Walldorfer sind mit "All-in-one", dem ERP-Produkt für den gehobenen Mittelstand, in vertikalen Märkten unterwegs. (hv)

*Eberhard Heins ist freier Journalist in München.