Microsoft kämpft gegen Lizenzhändler

21.02.2006
Nach der einstweiligen Verfügung gegen den Secondhand-Händler Usedsoft stellen Softwarehersteller den Lizenzhandel grundsätzlich in Frage.

Nach dem Urteil des Münchner Landgerichts vom 19. Januar dieses Jahres (Aktenzeichen: 7 O 23237/05) darf die Firma Usedsoft keine gebrauchten Oracle-Lizenzen mehr verkaufen. Der Lizenzhändler wollte nur die Nutzungsrechte weiterveräußern und hatte potenzielle Kunden aufgefordert, sich die entsprechende Software aus dem Netz herunterzuladen. Nach Einschätzung der Richter verletzt dieses Vorgehen jedoch das allein dem Softwarehersteller zustehende Vervielfältigungsrecht. Oracle räumt in seinen Lizenzbestimmungen den Kunden nur einfache, nicht weiter abtretbare Nutzungsrechte ein. Diese Beschränkung sei den Richtern zufolge zulässig. Der Käufer dürfe daher diese Nutzungsrechte nicht an Dritte übertragen, heißt es in einer Erklärung des Gerichts. Daran ändere auch der Erschöpfungsgrundsatz nichts, wonach ein einmal in Umlauf gebrachtes Produkt ohne Zustimmung des Rechteinhabers weiterverkauft werden darf.

Mehr zum Thema

www.computerwoche.de/go/

572014: Oracle geht gegen Lizenzhändler vor;

561276: Usedsoft bietet Softwarelizenzen aus zweiter Hand;

548741: Billigalternative Gebrauchtsoftware.

Hier lesen Sie …

• warum das Urteil des Münchner Landgerichts die Lizenzhändler unter Druck setzt;

• wie andere Softwarehersteller dem Handel mit Gebrauchtsoftware Einhalt gebieten wollen;

• welche Rechte der Nutzer an seiner Softwarelizenz hat.

Durch dieses Urteil ermuntert, hoffen nun auch die Microsoft-Verantwortlichen, dem schwunghaften Handel mit Secondhand-Lizenzen Einhalt gebieten zu können. Der Konzern hatte im Juli 2000 eine empfindliche Niederlage im Kampf gegen die Softwarehändler einstecken müssen. Damals entschied der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen: I ZR 244/97), dass sich die Rechte des Herstellers an einer Software in dem Moment erschöpfen, in dem das Produkt verkauft wird. Diese Entscheidung begründe jedoch keineswegs eine generelle Übertragbarkeit von Softwarelizenzen, kontert Microsoft nun. Gerade mit Volumenlizenzen aus Konzern-, Select- und Open-Verträgen erhielten die Kunden im Rahmen ihres Lizenzvertrages zwar ein Vervielfältigungsrecht, um beispielsweise ein auf einer CD geliefertes Programm auf mehreren Rechnern zu installieren. Dies beinhalte aber nicht automatisch das Recht zur weiteren Verbreitung. Während sich ein Verbreitungsrecht erschöpfen könne, lasse sich das Recht zur Vervielfältigung nicht weiterverkaufen, argumentiert Microsoft.

Will ein Kunde dennoch Lizenzen aus Volumenverträgen verkaufen, muss Microsoft zuerst zustimmen, heißt es in einer Erklärung des Konzerns. Zudem dürfe die Software nur zusammen mit dem Computersystem übertragen werden, auf dem sie zuerst installiert war. Darüber hinaus gebe es noch weitere vertragliche Beschränkungen, macht Microsoft klar, ohne weiter ins Detail zu gehen. Werde gegen diese Vertragsbestimmungen verstoßen, könne der Lizenzverkäufer sowohl vom Rechteinhaber, also dem Softwarehersteller, wie auch vom Käufer haftbar gemacht werden, droht das Unternehmen. Haftbar sei auch der neue Nutzer von gebrauchten Lizenzen, selbst wenn er von der Unwirksamkeit des Verkaufs nichts gewusst habe. Die Käufer könnten also nicht auf gutgläubigen Erwerb plädieren.

"Microsoft versucht auf diesem Wege lediglich, die Kunden zu verunsichern und eine unliebsame Konkurrenz vom Markt zu drängen", widerspricht Usedsoft-Geschäftsführer Peter Schneider und beruft sich auf das Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs. Jedes Unternehmen dürfe einmal gekaufte Software weiterveräußern. Dabei sei es unerheblich, ob die Software per CD, Volumenlizenzvertrag oder online vertrieben wurde. Entscheidend sei, dass sich am Ende eine legal installierte Version des Programms auf einem Computer befindet. Zudem betreffe die einstweilige Verfügung ausschließlich online übertragene Oracle-Lizenzen, stellt Schneider klar. Mit dem Vertrieb anderer Lizenzen habe sich das Gericht gar nicht befasst.

Auf der Grundlage dieser Entscheidung könnten auch andere Hersteller gegen den Handel mit Gebrauchtlizenzen vorgehen, meinen indes die Oracle-Verantwortlichen. Den Vorwurf, Oracle versuche das Urteil des Bundesgerichtshofs auszuhebeln, weisen die Verantwortlichen entschieden zurück. Allerdings beziehe sich das BGH-Urteil nur auf den Handel mit originalen Datenträgern. Die Weitergabe von beschränkten Nutzungsrechten sei dagegen unzulässig, wie auch das Aufspalten von Lizenzpaketen.

Oracle: Lizenzhandel nur in Ausnahmefällen zulässig

Usedsofts Behauptung, der Handel mit Gebrauchtlizenzen sei grundsätzlich rechtlich zulässig, sei irreführend, argumentiert Oracles Senior Director Legal Matthias Petzold. Die Erschöpfung der Rechte sei eine Ausnahme vom Grundsatz, wonach dem Urheber das Verbreitungsrecht zustehe. "Der Handel mit gebrauchten Computerprogrammen ist grundsätzlich rechtlich unzulässig und nur ausnahmsweise rechtlich zulässig, wenn die Voraussetzungen der Erschöpfung vorliegen." (Stellungnahmen der beiden Parteien lesen Sie auf Seite 54.) (ba)