Kolumne

Microsoft ist besiegbar geworden

27.09.2005

Wer nicht professionell Basketball spielt (und nicht Dirk Nowitzky heißt), den kann die eigene Größe schon mal behindern. Vor allem, wenn Beweglichkeit und Schnelligkeit gefragt sind, haben es die Großen oft schwerer als die flinken Kleinen. Für Unternehmen gehört es zu den schwierigsten Übungen überhaupt, die so wichtige Agilität auch aufrechtzuerhalten, wenn eine gewisse Größe überschritten ist. Wie schwierig, sieht man an Microsoft. Obwohl Steve Ballmer seine Mitarbeiter weiterhin aggressiv nach vorn peitscht, scheint das Softwarehaus den Drive zu verlieren: Zum einen wird der Abstand zwischen den großen Releases wichtiger Produkte immer größer. Zum anderen hat Microsoft wenig Erfolge im Segment der Business-Software vorzuweisen, das sie eigentlich im Sturm erobern wollte.

Auch gegen wichtige Gegner wie die Open-Source-Gemeinde und Google findet Microsoft keine überzeugenden Mittel. Selbst das alte Patentrezept "embrace and extend" - auf Deutsch "übernehmen und weiterentwickeln" - das den Browserkonkurrenten Netscape noch in den Ruin trieb, scheint gegen Google wirkungslos. Alle bisherigen Versuche, die Produkte des Search-Anbieters nachzuahmen, scheiterten kläglich.

Google wird unter anderem auch deshalb so hoch gehandelt, weil es in unglaublicher Geschwindigkeit neue Produkte auf den Markt wirft. Microsoft muss dagegen enorme Mittel in die evolutionäre Weiterentwicklung seiner Goldesel Windows und Office stecken. Im Blog Mini-Microsoft (http://minimsft.blogspot.com), der von einem anonymen Microsoft-Angestellten betrieben wird, beklagen inzwischen selbst Mitarbeiter die zu starke Beschäftigung mit den Hauptprodukten die zunehmende Unbeweglichkeit des Konzerns.

Um nicht noch mehr Geschwindigkeit und Innovationsfähigkeit zu verlieren, hat sich Microsoft eine neue Struktur gegeben (siehe Seite 6). Die bisher sieben Geschäftsfelder sollen zu drei großen zusammengefasst werden. Ballmer und Gates hoffen darauf, dass die größeren Einheiten einen weiteren Horizont entwickeln als bisher und unabhängiger von den beiden Übervätern des Konzerns agieren. Wie durch diese neue Aufteilung allerdings wieder mehr Innovationen ins Unternehmen gelangen sollen, bleibt unklar. Auch die neuen Einheiten werden die Haupteinnahmequellen stützen müssen.

Statt über größere Einheiten sollte Microsoft deshalb vielleicht über eine Aufteilung in zwei Firmen nachdenken - eine für Applikationen und eine für Plattformen. Dann bräuchte keine mehr auf die andere zu warten. Dann ließe sich vielleicht auch wieder der Nimbus der Unbesiegbarkeit herstellen, den Microsoft dank Google eingebüßt hat.

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