Mainframe-Emulation

Microsoft investiert in TurboHercules

02.12.2010
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Microsoft hat eine Investition in unbekannter Höhe in die Firma TurboHercules getätigt.

TurboHercules mit Sitz in Paris und Redmond bietet kommerziellen Support für den Mainframehardware-Emulator "Hercules" an, den Roger Bowler vor rund zehn Jahren in C und Assembler geschrieben hatte. Der unterliegende Code ist Open Source (unter der Q Public License). Hercules kann System/360, System/370, ESA/390 sowie die z-Architekturen von IBM emulieren und läuft auf den Intel-Architekturen x86, x64 sowie Itanium. Ältere Großrechnerbetriebssysteme der IBM befinden sich mittlerweile in der Public Domain und lassen sich legal auf dem Emulator einsetzen.

Bekannt geworden ist die Anfang 2009 gegründete Firma TurboHercules bislang allerdings hauptsächlich durch Kartellbeschwerden beim US-Justizministerium und bei der EU-Kommission. Beide Kartellbehörden haben deswegen Untersuchungen von IBMs Mainframe-Business eingeleitet - Big Blue seinerseits hat verständlicherweise keinerlei Interesse daran, seine aktuellen Betriebsysteme z/OS, z/VSE und z/VM für irgendwelche Emulatoren zu lizenzieren (TurboHercules vermarktet seine Lösung aber zumindest als Disaster-Recovery-Option, was IBMs Lizenz wohl gestattet).

Einem Bericht von "The Register" zufolge hat jedenfalls nun Microsoft vergangene Woche in TurboHercules investiert. 2007 hatte der Windows-Konzern bereits den Mainframe-Kloner Platform Computing mitfinanziert, der die IBM ebenfalls verklagt hatte, sich dann mit "Big Blue" verglich und anschließend von selbigem vom Markt gekauft wurde.

Die aktuelle Begründung für das Investment in TurboHercules dürfte die gleiche sein wie damals bei Platform. "Microsoft teilt die Ansicht von TurboHercules, dass Kunden im Mainframe-Markt mehr Offenheit und Wahlmöglichkeiten brauchen", zitiert der "Register" einen Konzernsprecher. "Kunden sagen uns, dass sie mehr Interoperabilität zwischen dem Mainframe und anderen Plattformen wünschen, darunter Systeme auf denen Windows Server läuft. Aus diesem Grund investieren wir in Firmen wie TurboHercules, um neue Lösungen für unsere gemeinsamen Kunden zu enwickeln."

Laut "El Reg" dürfte aber ein Teil des Geldes aber wohl auch in die europäischen Anwaltskosten von TurboHercules fließen. Und hier gibt es durchaus Parallelen zur neuen EU-Ermittlung gegen Google - auch hier kommen die Beschwerden in Brüssel von der mittlerweile Microsoft-Tochter Ciao sowie der ansonsten unbekannten britischen Suchmaschine Foundem, die als Mitglied von ICOMP ebenfalls von Microsoft mitfinanziert wird.