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Microsoft hat sich kräftig verspekuliert

28.05.2003

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Mit seinem Investment in die britische TV-Kabelgesellschaft Telewest Communications hat sich der Softwarekonzern Microsoft mächtig in die Nesseln gesetzt: Wie aus einer Mitteilung an die US-Börsenaufsicht SEC hervorgeht, hat die Gates-Company ihre 23-prozentige Beteiligung an dem hochverschuldeten Unternehmen für fünf Millionen Dollar an den US-Telco IDT verkauft. Vor drei Jahren hatte der Softwareriese in einem Tauschgeschäft mit AT&T noch 2,6 Milliarden Dollar für die Telewest-Aktien ausgegeben.

In den 90er Jahren investierte Microsoft insgesamt rund zehn Milliarden Dollar in das Breitbandgeschäft. Ziel der Redmonder war es, durch sanften Druck die Verbreitung von TV-Set-Top-Boxen mit einem Windows-Betriebssystem zu forcieren und damit einen neuen Markt zu erschließen. Der Plan scheiterte jedoch aus mehreren Gründen: So gestattete es die EU-Kommission dem Unternehmen nicht, zusammen mit Liberty Media die Kontrolle über Telewest zu übernehmen. Nach weiteren Untersuchungen der Kartellbehörde bei den Breitband-Kabelbetreibern UPC und NTL musste der Softwarekonzern sich dann bereit erklären, bei seinen Beteiligungen keinen Einfluss mehr auf die technische Ausstattung auszuüben. Probleme bereiteten außerdem die hohen Verluste der Kabelfirmen, da sich die Anlaufkosten summierten, während die erwartete Nachfrage ausblieb. Damit nicht genug: Zudem soll sich Microsofts Betriebssystem schlichtweg als zu klobig und zu teuer für die Verwendung in den

Set-Top-Boxen erwiesen haben.

Als Resultat der fehlgeschlagenen Bemühungen hat das Unternehmen seit 2001 Investitionsverluste von zirka sieben Milliarden Dollar abgeschrieben und seine anderen Kabelbeteiligungen abgestoßen oder drastisch reduziert. Im vergangenen Jahr versuchte die Gates-Company, ihre Telewest-Anteile an Liberty Media zu verkaufen. Bei einem Preis von 336,8 Millionen Euro pokerte Microsoft damals aber offensichtlich deutlich zu hoch. (mb)