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Microsoft hat im EU-Kartellstreit kaum Chancen auf einen Kompromiss

17.11.2003

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Trotz deutlicher Bemühungen von Seiten Microsofts schätzen Beobachter, dass die EU-Kommission auch nach der Anhörung keinen Kompromiss eingehen wird.

In einer Stellungnahme während der dreitägigen nichtöffentlichen Anhörung stellte Brad Smith, Chefjustiziar der Gates-Company, noch einmal klar, dass sein Client grundsätzlich zum Einlenken bereit sei: "Wir sind nicht nur nach Brüssel gekommen, um über die Vorwürfe zu diskutieren, sondern um die Angelegenheit ins Reine zu bringen. Um die Bedenken zu zerstreuen, werden wir in den nächsten Wochen alle Energie und Kreativität dazu verwenden, jeden möglichen Weg zu testen."

EU-Kommissar Mario Monti wirft Microsoft vor, es nutze seine dominierende Marktposition bei PC-Betriebssystemen, um auch auf anderen Geschäftsfeldern zu reüssieren. So habe das Unternehmen sein Betriebssystem Windows so geschrieben, dass es sich besser mit eigenen Netzwerklösungen versteht als mit Konkurrenzprodukten. Zudem habe Microsoft mit der Integration des "Media Players" in das Betriebssystem andere Hersteller von Medienabspielsoftware verdrängt.

Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Sanktionen gegen den Machtmissbrauch stellen für Microsoft aber eine allzu bittere Medizin dar. Die Wettbewerbshüter überlegen als ein "Heilmittel", dass der Softwarekonzern den Media Player getrennt von Windows vertreibt oder zusätzlich noch Konkurrenzprodukte wie Reals "Real One" oder Apples "Quicktime" mit aufnimmt. Außerdem soll Microsoft der Konkurrenz im PC-Server-Geschäft mehr Informationen darüber geben, wie diese ihre Produkte besser in Windows integrieren können.

Die EU-Kommission mache es Microsoft damit so einfach wie möglich, einen Vorschlag abzugeben, heißt es in EU-Kreisen. Bereits im August habe man zwei klare Signale an Microsoft gesendet: Die EU-Kommission suche erstens nach einer Lösung, die die Interessen der Anwender schützt. Zweitens werde ein Urteil negativ für das Unternehmen ausfallen sowie hieb- und stichfest sein. Nach den neuen Statements zu folgern, scheint Microsoft letztendlich begriffen zu haben, dass es die Behörde ernst meint.

Nach Abschluss der Untersuchungen wird die EU-Kommission ein Papier mit Empfehlungen ausarbeiten und den Regulierungsbehörden der 15 Mitgliedsstaaten vorlegen. (mb)