Deutschland-Zentrale eröffnet

Microsoft führt in München den Work Life Flow ein

12.10.2016
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Einen seiner ersten Artikel schrieb René Schmöl, Jahrgang 1982, mit 16 Jahren für die Tageszeitung Freies Wort. Es war ein Interview mit Hape Kerkeling. Dieser Erfolg motivierte ihn, weiterzumachen. Nach sieben Jahren im Lokaljournalismus und einer Ausbildung zum Verlagskaufmann folgte ein Volontariat bei der Verlagsgruppe Handelsblatt. Seit 2007 ist René Schmöl in unterschiedlichen Positionen für Foundry tätig. Momentan als Chef vom Dienst online für cio.de.

In Kleingruppen sprechen Kollegen über ihr aktuelles Projekt, die Atmosphäre ist freundlich-entspannt und wirkt ähnlich wie auf einem Hochschul-Campus. Viele tragen Jeans und Sweatshirt oder Pullover, wie auch Bendiek selbst, die sich mit dem Vornamen ansprechen lässt.

Meetingraum mit digitalem Türschild
Meetingraum mit digitalem Türschild
Foto: Rene Schmöl

All die Lockerheit kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch hier intensiv und erfolgsorientiert gearbeitet wird - wann und wo mag ja noch egal sein, aber feste Ziele gibt es trotzdem für die Beschäftigten. Werden die nicht erreicht, wird nachjustiert. Als Leistungsdruck will Bendiek das aber nicht verstanden wissen. "Das Schöne ist ja, dass der Mensch per se durch Erfolg sehr motiviert wird", sagt Bendiek.

Mehr Flexibilität erfordert eine hohe Selbstdisziplin

Das flexible Arbeiten ohne feste Zeiten, Orte und Überstundenerfassung verlange allerdings auch viel Disziplin, räumt sie ein. So müssen die Mitarbeiter nach arbeitsintensiven Phasen selbst für ihren Freizeitausgleich sorgen. Und wenn Bendiek etwa am Wochenende Mails verschickt, die nicht brandeilig sind, schreibt sie möglichst gleich in den Betreff, dass sie erst am Montag dazu eine Rückmeldung braucht. Um die Mitarbeiter wiederum davor zu schützen, sich selbst zu überfordern, biete man spezielle Schulungen an und sensibilisiere auch die Führungskräfte, sagt Microsoft-Manager Markus Köhler.

Analoge Kommunikation an den Postfächern der Mitarbeiter.
Analoge Kommunikation an den Postfächern der Mitarbeiter.
Foto: Rene Schmöl

Bei den Gewerkschaften allerdings hält man die große Flexibilität für trügerisch, wenn zugleich die Zielvorgaben die Beschäftigten unter permanenten Druck setzen. Den Führungskräften komme dabei eine hohe Verantwortung zu - der sie allerdings längst nicht immer gerecht würden, sagt Hilde Wagner, Ressortleiterin Tarifpolitik beim IG-Metall-Vorstand. "Allzu oft sind sie mehr an der Einhaltung ehrgeiziger Projektziele und Kostenvorgaben interessiert als an der Gesundheit ihrer Mitarbeiter", so die Gewerkschafterin.

Die Beschäftigten stünden unter dem Druck ständiger Bewährung, ohne dass sie einen Einfluss auf die Rahmenbedingungen der Arbeit wie etwa personelle Kapazitäten hätten. "Mehr Druck durch mehr Freiheit" beschreibe diese paradoxe Situation am treffendsten, meint Wagner. Entscheidend sei, dass Arbeitszeiten erfasst und dokumentiert würden. "Und zwar unabhängig davon, wo sie stattfinden."

Außenansicht der neuen Microsoft Deutschland Unternehmenszentrale in der Münchner Parkstadt Schwabing
Außenansicht der neuen Microsoft Deutschland Unternehmenszentrale in der Münchner Parkstadt Schwabing
Foto: Microsoft Deutschland

Aufhalten lassen wird sich der Trend zu flexiblen Arbeitsmodellen, Projektarbeit und mehr selbstständigem Arbeiten derweil nicht, glaubt Werner Eichhorst vom Institut zur Zukunft der Arbeit. Mit betrieblichen Vereinbarungen könne es aber gelingen, die Interessen der Unternehmen und Beschäftigten auszutarieren, sagt der Experte. "Die Freiheit darf nicht nur in eine Erhöhung der Arbeitsintensität münden. Denn wenn man nur die Anforderungen erhöht, kann das auch zu gesundheitlichen Problemen bei den Beschäftigten führen."

Mit Material von dpa