Einige Unternehmen müssen bis zu 100 Prozent mehr zahlen

Microsoft dreht weiter an der Preisschraube

18.05.2001
MÜNCHEN (CW) - Mit der Änderung seiner Unternehmenslizenzverträge zum 1. Oktober dieses Jahres verursacht Microsoft höhere Kosten für viele Firmen. Nur wer regelmäßig die jeweils aktuellen Softwareversionen einsetzt, kommt günstiger weg.

Einfacher sollen die Lizenzvereinbarungen für die Kunden werden. So begründet Microsoft die geplanten Änderungen an den Unternehmenslizenzverträgen Open, Select und Enterprise Agreement (EA). "Sie verwechseln Vereinfachen mit dem Eliminieren von Optionen", kritisiert dagegen Neil MacDonald, Analyst bei der Gartner Group. Nach Berechnungen des Marktforschungsunternehmens müssen zum Beispiel Unternehmen, die alle vier Jahre auf die jeweils aktuelle Version von "Office" wechseln, zwischen 68 und 107 Prozent mehr zahlen als unter den aktuellen Regelungen. Selbst bei einem dreijährigen Upgrade-Zyklus sind noch zwischen 35 und 77 Prozent draufzuzahlen.

Für 80 Prozent der Volumenlizenzkunden ergebe sich keine Änderung der Lizenzkosten, behauptet Microsoft. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Das Marktforschungsunternehmen Meta Group stellt nämlich klar, dass dies nur für Unternehmen gilt, die immer sofort bei Erscheinen auf die jeweils aktuelle Version einer Software wechseln. Wer dagegen einzelne Releases überspringt, muss mit deutlich höheren Kosten rechnen.

"Die Botschaft lautet: Wenn du ein guter Microsoft-Kunde bist, wirst du belohnt, aber jeder, der Upgrades verschiebt, muss mehr zahlen", stellt Chris LeTocq, Analyst beim Marktforschungsunternehmen Guernsey Research, klar. Er erwartet daher, das sich für 40 Prozent der Microsoft-Kunden die Kosten erhöhen, Gartner geht sogar von 60 Prozent aus.

Ursächlich für die Kostenexplosion ist vor allem die Abschaffung des Version Upgrade. Im Rahmen dieser Vereinbarung konnten Unternehmen zu typischerweise 50 bis 70 Prozent der normalen Lizenzkosten auf eine aktuelle Softwareversion umsteigen - unabhängig von der im Einsatz befindlichen Version (also zum Beispiel von Office 97 auf Office XP). Diese Möglichkeit gibt es ab dem 1. Oktober nicht mehr. Das heißt, Unternehmen zahlen den vollen Upgrade-Lizenzpreis. "Sie haben die bei mittelständischen Unternehmen beliebteste Methode des Upgrades beseitigt", kritisiert MacDonald.

Alternativ dazu können die Firmen einen Wartungsvertrag abschließen, der sämtliche bisherigen Upgrade-Verträge wie Version Upgrade und Product Upgrade ersetzt. Für dieses "Software Assurance" (SA) genannte Programm, das dem bisherigen Upgrade Advantage entspricht, werden 25 Prozent der Lizenzkosten für Server-Produkte beziehungsweise 29 Prozent für Desktop-Produkte fällig. Solche Verträge lohnen sich für Unternehmen, die spätestens alle vier beziehungsweise dreieinhalb Jahre aufrüsten.

Microsofts Premier Support wird, beginnend im Jahr 2003, nämlich SA voraussetzen. Daher glauben die Analysten, dass die Unternehmen nicht umhinkommen, einen SA-Vertrag abzuschließen. Microsoft-Sprecher Tomas Jensen bestreitet das allerdings. Über die zukünftige Gestaltung des Premier Support sei noch nicht entschieden.

Microsoft drängt Firmen zu WartungsverträgenBei den normalen Select-, Open- und EA-Verträgen handelt es sich um klassische Kauf- und Supportangebote. Das heißt, ein Unternehmen erwirbt eine unbegrenzt gültige Lizenz für die Nutzung eines spezifischen Software-Release. Mit SA kann dann die Option für regelmäßige Upgrades erworben werden. Parallel zu diesem Modell bietet Microsoft künftig außerdem ein Mietmodell an. Bei "Enterprise Agreement Subscription" zahlen die Unternehmen eine Nutzungsgebühr pro Anwender, die etwa 15 Prozent geringer ausfällt als die jetzige Pro-Kopf-Gebühr bei EA. Allerdings verlieren die Unternehmen damit das Recht, die Software über die Laufzeit des Vertrages hinaus einzusetzen. Am Ende, in der Regel nach drei Jahren, muss die Software entweder entfernt und an Microsoft zurückgegeben oder für das Anderthalbfache der Nutzungsgebühren im dritten Jahr erworben werden. "Das ist wie das Leasen eines Autos", vergleicht Gartner-Analyst MacDonald. Solch ein Vertrag lohnt sich nach Ansicht von Microsoft vor allem dann, wenn mit größeren Veränderungen in der Mitarbeiterzahl zu rechnen ist.

Neben den preislichen Neuerungen führt der Softwarehersteller noch kleinere Änderungen ein. So wird die Laufzeit von Select von zwei auf drei Jahre verlängert, um dieses Volumenlizenzprogramm an EA anzupassen. Außerdem wird ein Direktvertrieb für Großkunden eingeführt. Die bisherigen Vertriebspartner sollen als Enterprise Software Advisor beim Lizenz-Management helfen und werden für diese Dienstleistung von Microsoft bezahlt.

Sämtliche Neuerungen sind Teil der Version 6 der Unternehmenslizenzprogramme. Sie tritt zum 1. Oktober dieses Jahres in Kraft. Die Meta Group empfiehlt, die neuen Bedingungen zu akzeptieren. Nur Unternehmen, die eine aggressive Portalstrategie verfolgen, haben nach ihrer Ansicht die Alternative, sich SA/EA bei Office zu verweigern.