EU-Spitzenbeamter wechselt zur Gates-Company

Microsoft: Der Prozess geht weiter

06.12.2002
MÜNCHEN (CW) - Der US-Bundesstaat Massachusetts hat gegen die außergerichtliche Einigung im Fall Microsoft Berufung eingelegt. In Europa sorgt derweil die Anstellung eines hochrangigen EU-Beamten bei dem Softwarekonzern für Aufregung. Er soll unter anderem an den kartellrechtlichen Untersuchungen gegen die Gates-Company beteiligt gewesen sein.

Der seit mehr als vier Jahren laufende Monopolprozess gegen Microsoft geht möglicherweise schon bald in eine neue Runde. Der US-Bundesstaat Massachusetts fordert härtere Sanktionen gegen das Unternehmen und hat gegen den vor wenigen Wochen bestätigten außergerichtlichen Vergleich Berufung eingelegt.

"Microsoft ist ein Monopolist, der seine Macht missbraucht, seine Konkurrenten vernichtet und unserer Wirtschaft geschadet hat", erklärte der Justizminister von Massachusetts, Thomas Reilly. Die Einigung sei voller Schlupflöcher und ändere nichts an dem Geschäftsgebaren des Konzerns. Um die Verbraucher zu schützen, bedürfe es einer Berufung.

Neben Massachusetts überlegt auch der US-Bundesstaat West Virginia, gegen den Vergleich zu klagen. Experten geben einem Berufungsverfahren indes wenig Chancen. Von den einstmals neun Bundesstaaten, die von Anfang an eine härtere Bestrafung Microsofts gefordert hatten, wollen sieben dem Vergleich zustimmen.

Unterdessen bahnt sich auch in Europa neuer Ärger für den Desktop-Monopolisten an. Dabei geht es um den EU-Spitzenbeamten Detlef Eckert, der seit 2. Dezember für Microsoft arbeitet. Eckert leitete seit 1996 die Grundsatzabteilung in der Generaldirektion "Informationsgesellschaft" bei der EU-Kommission. In dieser Funktion soll er unter anderem an den Untersuchungen im Kartellverfahren der EU gegen den Softwarehersteller beteiligt gewesen sein.

Ein Kommissionssprecher versuchte eilig, entsprechende Medienberichte zu relativieren. Der Beamte habe nur einmal im Jahr 2001 ein Papier einsehen können und habe auch nur einmal an einem Microsoft-bezogenen Treffen teilgenommen. Im Übrigen sei Eckert verpflichtet, seine Kenntnisse vertraulich zu behandeln.

Problematisch ist der Wechsel Eckerts auch, weil er womöglich vertrauliche Informationen über Microsofts Konkurrenten erlangt hat. Auch zum Microsoft-kritischen Industrieverband Computer & Communications Industry Association (CIIA), dem unter anderem Sun Microsystems angehört, soll er Kontakte gepflegt haben. Dessen Vorsitzender Edward Black erklärte, er habe mit Eckert über das Vorgehen des Verbands gegen den Redmonder Konzern gesprochen. Nun sei ein Interessenkonflikt zu befürchten.

Nicht nur in Brüssel werden nun Parallelen zum Ausscheiden von Martin Bangemann im Jahr 1999 gezogen. Er hatte sein Amt als EU-Kommissar für Telekommunikation niedergelegt und war zum spanischen Telecom-Anbieter Telefónica gewechselt. Eckert soll sich bei Microsoft vornehmlich um die Sicherheitsinitiative Trustworthy Computing kümmern. Lobbyarbeit sei ihm untersagt worden, erklärte die EU-Kommission. (wh)